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Keine Billiglösung für Rinteln: Rat geschlossen gegen die Güterstrecke

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Am Ende ging es um Details, doch in der Summe waren sich im Rat parteiübergreifend alle Mitglieder einig: Der Planfall 33 muss verhindert werden. Der Gütertransport durch den Naturpark Weserbergland mit den damit verbundenen katastrophalen Nachteilen für die Bewohner der betroffenen Kommunen ist ein Szenario, mit dem sich keiner der anwesenden im Saal des Ratskellers anfreunden konnte.

Das öffentliche Interesse ist zwar groß (rund 80 Bürger waren zur öffentlichen Sitzung gekommen), die Bevölkerung soll aber bei einer Ende Januar 2015 stattfindenden Informationsveranstaltung nochmal auf das bevorstehende Horror-Szenario aufmerksam gemacht werden.

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Dietmar Seemann von der Bürgerinitiative Transit Weserbergland informiert kompakt über die markanten Details.

Diethard Seemann, Gastredner und Vorsitzender der Bürgerinitiative „BI Transit Weserbergland e.V.“, skizzierte in einem leider zu kurzen Zeitfenster („15 Minuten Redezeit sind nicht viel“- O-Ton Seemann) die Situation.

Dabei wurde klar: Die Gütertrasse bedeutet keinerlei Verbesserung für die Region. Vorrangig geht es der EU darum, eine Verbindung zwischen Rotterdam und Warschau zu schaffen, also eine Art „A2“ auf Schienen. Der Frachtweg mit Containerschiffen sei aber die umweltfreundlichere Alternative. „Der Bahner wünscht sich eine vierspurige Strecke“, so Seemann. 1990 sei die Entscheidung zum Ausbau der Nordroute gefallen, die jetzt wieder ausgegrabene Südroute war zurückgestuft worden, wurde größtenteils einspurig für den Personennahverkehr betrieben. Das Problem dabei: Entscheidet man sich für die Nordroute, werden Gleisneubauten fällig. Damit haben die Anwohner jener Strecke Anspruch auf entsprechende bauliche Maßnahmen entlang der Strecke, beispielsweise eine Untertunnelung, Lärmschutzwände, etc. „Planfall 33“ wäre für die Bahn bequemer – und billiger, wie Heinrich Sasse (WGS) eindrucksvoll schilderte: „Es steht 0:4 gegen uns!“ Zum einen sei kein langes Neuplanungsverfahren nötig, die Nordroute Minden – Haste berge größere Planungsschwierigkeiten, die Kosten-Nutzen Analyse im Landtag habe ergeben, dass die Nordroute aufgrund der nötigen Lärmschutzmaßnahmen 600 Millionen Euro teurer sei als die Alternative Löhne – Elze. Die Facebook-Gruppe, die er zusammen mit Jens Maack ins Leben gerufen hat, diene dazu, um den Bürgern zu zeigen dass die Gefahr sehr viel größer sei, als man sich vorstellen könne (Die besagte Facebook-Gruppe ist unter folgendem Link erreichbar: KLICK – Anm. d. C.Red.).

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Beim Ausbau der Nordroute müssten 600 Millionen Euro mehr investiert werden, u.a. bestünde Anspruch auf Lärmschutzmaßnahmen.

Seemann machte deutlich, dass Investitionen in wirtschaftsstarke Regionen Deutschlands getätigt werden. So würden 8,5 Milliarden Euro in die Region Stuttgart „gepumpt“ um „Stuttgart 21“ realisieren zu können. 4 Milliarden Euro koste die Überdachung der A7 (der sogenannte Hamburgdeckel). „Warum investiert man dann nicht auch in die Region Hannover?“, so der Vorsitzende der Bürgerinitiative.

Da der Bundesverkehrswegeplan per Gesetz beschlossen wird, ist auch keine Bürgerbeteiligung vorgesehen. Im fernen Berlin (und noch ferneren Brüssel) kümmert man sich herzlich wenig um das Schicksal von Anrainerkommunen im Weserbergland. Deshalb will man seitens der Stadt Rinteln jetzt einen Schulterschluss mit anderen betroffenen Kommunen suchen und gemeinsam gegen die Pläne vorgehen. Bis zum 15. Februar werde versucht, die Kräfte zu bündeln. Dann macht Rinteln notfalls im Alleingang mit einem Gutachten zur Ermittlung des Gefährdungspotenzials weiter. Die Bearbeitungszeit dafür liegt bei etwa drei Monaten, schon ab heute will man sich seitens der Stadtverwaltung mit den Inhalten beschäftigen und entsprechende Vorgespräche mit einem Gutachterbüro führen, um keine wertvolle Zeit zu verlieren.

Gert Armin Neuhäuser (WGS) warf ein paar Fakten und Statistiken mit in die Waagschale: Der Güterverkehr werde bis 2050 auf rund 5,5 Milliarden Tonnen pro Jahr zunehmen, ein guter Teil davon entfalle auf die Ost-West-Ebene quer durch Europa. Das bayrische Landesamt für Umwelt geht einer Studie zufolge davon aus, dass ein mindestens 40 Meter breiter Korridor abseits solcher Güterstrecken von Wohnbebauung frei bleiben muss. Statistisch ermittelt fällt verliert jedes Gebäude in einer Umgebung, in der Lautstärken über 50 dB(A) herrschen, mit jedem Dezibel ab der 50er-Grenze 1,5 Prozent an Wert. Was das bedeute, so Neuhäuser, wenn die Züge mit bis zu 100 dB(A) vorbeirauschten, kann sich jeder selbst ausrechnen: 75 % Wertminderung oder „kalte Enteignung“. Noch dazu bringe die Lärmbelastung gesundheitliche Probleme für Anwohner mit sich. Die Lernfähigkeit bei Kindern nimmt ab, die Schlafqualität wird gemindert, psychischer Stress und soziale Auswirkungen sind die Folge. Hinzu komme die Abwanderung der Kaufkraft, wenn viele Rinteln aufgrund der dauerhaften Verkehrssituation als Einkaufsziel meiden.

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Warum investiert man nicht auch in die Region Hannover, wo dies in anderen Regionen ebenso möglich ist?

Ursula Helmhold (Grüne) widersprach zunächst den Ausführungen von Diethard Seemann. „Güter gehören auf die Schiene, besser als auf den Schiffweg – doch wir wollen uns nicht streiten“, sagte sie. Es wäre nachzudenken ob der Automatismus des steigenden Güterverkehrs überhaupt sein müsse: „Oft sind wir Täter und Opfer gleichzeitig.“ So könnte sich jeder, der nicht Extaler Wasser sondern Mineralwasser aus Italien trinkt, fragen ob das so richtig sei. Die Klimaziele seinen ohne Schienentransport nicht erreichbar, da der Transport via Zug eine um 25 Prozent bessere CO2-Bilanz habe als mit dem LKW. Wichtig sei jedoch, dass die Trassenführung ökologisch und sozial verträglich gestaltet wird, bei Planfall 33 sei dies nicht der Fall. „Wir sind ein Erholungsgebiet. Das passt nicht zusammen, besonders wenn es keinen Lärmschutz gibt. Alle neun Minuten ein Zug, dazu die Schließzeiten, da geht es nur um die zusätzliche Belastung“, so Helmhold.

Auch Astrid Teigeler-Tegtmeier (SPD) schloss sich ihren Vorrednern an. Lärmverschmutzung mache krank und eine Gütertrasse durch eine Tourismusregion sei ein „No Go“. „Es ist gut, dass Rinteln Mitglied der Bürgerinitiative ist. Wir müssen mobilisieren und kreative Maßnahmen treffen, damit diese Trasse verhindert wird und auch andere betroffene Anrainerkommunen an der Analyse beteiligen, sonst machen wir es eben selber“, sagte sie.

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Veit Rauch (CDU) bestätigte, das allermeiste sei bereits gesagt worden, sprach sich allerdings zunächst dafür aus, die 20.000 Euro für das Gutachten gleich zur Verfügung zu stellen und nicht erst zu warten.

Am Ende war es beschlossene Sache: Sollte bis zum 15.2.2015 keine gemeinsame Einigung mit den anderen Kommunen erzielt werden, wie man zusammen gegen die Gütertrasse vorgehen will, macht Rinteln den Alleingang. Allerdings ist die Signalwirkung naturgemäß besser, je mehr Städte und Gemeinden geschlossen Druck gegen den Verkehrswegeplan 2015 ausüben.

Bei der anschließenden Einwohnerfragestunde gab es Einwände von Bürgern, es hätte schon längst gehandelt werden müssen und dass das Thema schon seit Jahren existiere, aber nicht darüber informiert wurde und ob die zur Verfügung stehende Zeit überhaupt ausreichend sei.

Der Bundesverkehrswegeplan 2015 ist unter folgendem Link öffentlich einsehbar: KLICK

Zur Online-Petition der Bürgerinitiative Transit Weserbergland geht es hier: KLICK

 

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