Wer aufmerksam über den Kirchplatz spaziert, wird es vielleicht schon bemerkt haben: In der „Lindenallee“ auf der Südseite, entlang der Fachwerkfassade, klafft ein Loch. Ein Baum fehlt. Doch wo ist die Linde hin? Uta Fahrenkamp (Grüne) sprach das Thema in der gestrigen Bauausschuss-Sitzung an und berichtete, wie eine Linde in den Mittagsstunden des 12. April umgefallen war. Zuvor, sagte sie, habe ein Anwohner des Kirchplatzes den städtischen Bauhof informiert und darauf hingeweisen, dass der Baum schief stehen würde und instabil wäre, sogar mit der Hand bewegt werden konnte. Passiert sei zwar nichts, allerdings um Haaresbreite, wie die „Buch und Wein“-Inhabern auf Nachfrage erklärt. Wenige Stunden zuvor habe sie etwas an der Hausfassade ihres Ladengeschäfts angebracht, und kurz vorher sei ein Passant daran vorbeigegangen. Ein späterer Anruf bei der Baumsachverständigen Antje Wiskow habe schließlich ergeben, dass der Baum von einem starken Pilzbefall betroffen gewesen sei.
Das bestätigt auch Bauhof-Leiter Klaus-Ulrich Hartmann: „Hier handelt es sich um den sogenannten Brandkrustenpilz. Das ist ein Schädling, der beispielsweise über Verletzungen an Wurzeln in den Baum eindringt und sich ausbreitet. Das Schlimme daran ist, man sieht dem Baum den Pilzbefall von außen nicht an. Die äußere Hülle ist intakt und vital, nichts deutet auf eine Krankheit hin. Und im Inneren ist der Baum total morsch und faul.“ So faul, dass er durch sein eigenes Gewicht umfällt. Und der Schiefstand? „Wir haben vor einigen Wochen einen Anruf eines Anwohners bekommen, dass ein Baum auf dem Kirchplatz schief stehen würde“, so Hartmann, „darauf haben wir jemanden vom Team losgeschickt um das zu überprüfen, jedoch konnte bei keinem der Bäume ein eklatanter Schiefstand festgestellt werden.“
Wie sich im Nachhinein herausstellte, kam der Baum offenbar bei starkem Wind in Schräglage – und richtete sich womöglich durch den Wind selbst wieder auf. Äußerlich deutete jedenfalls nichts auf den Pilzbefall hin. Beim abgesägten Baumstumpf, der beim Bauhof lagert, wird deutlich: Der Pilz hat sich unterirdisch an der Linde zu schaffen gemacht. Das Holz hat seine feste Struktur verloren, ist in einen schwammigen und gummiartigen Zustand übergegangen. Das Schadensbild sieht verkohltem Holz ähnlich, daher auch der Name.
Als Folge, so Hartmann, habe man Antje Wiskow damit beauftragt, auch die übrigen Linden am Kirchplatz zu untersuchen. Das Pflanzloch wird jetzt aus Sicherheitsgründen mit Schotter verfüllt. Eine Neupflanzung im Herbst, nach einer eventuellen Hitzeperiode liegt nahe: „Doch bei einem verpilzten Standort muss auch das Erdreich großflächig ausgetauscht werden.“ Und so groß wie die umgefallene Linde wird die neue Pflanze nicht. Das Alter der Linden schätzt Hartmann auf etwa 30 bis 35 Jahre, die Bäume sind im Zuge der Altstadtsanierung dort gepflanzt worden. Stadtbäume haben es ohnehin schwer. Der Klimawandel macht ihnen zu schaffen, die Dürre im Sommer, versiegelte Oberflächen und dazu das Streusalz im Winter. Ob noch mehr Bäume von Pilzbefall betroffen sind, wird erst die Untersuchung zeigen.