Um 59 Baumstämme zu transportieren, kann man sie entweder auf vier LKW laden und von A nach B fahren, oder man baut ein Floß daraus und nutzt einen Fluss als Straße. Diese traditionelle Art des Warenverkehrs ließen jetzt Weserflößer aus Reinhardshagen wieder aufleben.
Die Fichtenstämme mit einem Durchmesser von 30 bis 45 cm und jeweils zur Hälfte vom Hessenforst und den Landesforsten Niedersachsen stammend sind allesamt von ihrer Rinde befreit und in dreitätiger Arbeit in Vaake zu einem 40 Meter langen und sieben Meter breiten Floß zusammengebaut worden. Vom 1. bis 3. September entstand das Floß nach alter und traditioneller Baukunst in Handarbeit. Es folgte die Abnahme durch einen anerkannten Schiffsbau-Ingenieur, eine Art „Schiffs-TÜV“. Einfach so ein paar Bäume fällen, zusammenbinden und zu Wasser lassen – das geht nämlich nicht, bestätigen uns Dietrich von Blomberg (selbst Kapitän motorisierter Frachter und Yachten und hier mal als Passagier mit an Bord) und Schiffsführer Thomas Hiddersen (mit dem erforderlichen B-Patent ausgestattet), der die Kontrolle über das rund 100 Tonnen schwere Floß behalten muss.
Doch ein Mann alleine kann das Gefährt nicht steuern. Es gilt, Bugruder und Heckruder zu bedienen. Hinzu kommt: Der Wasserstand der Weser ist niedrig. In der Nacht zu Donnerstag legten die Weserflößer nahe der Weserfähre Großenwieden an. Der Pegel fiel um einige Zentimeter, das Floß lag am Ufer auf den Steinen und musste mit viel Muskel- und Maschinenkraft wieder in Richtung Fahrrinne der Weser gezogen werden. Flussabwärts hat das Floß nämlich einen Tiefgang von etwa 80 Zentimetern, hinten sind es bis zu 30. Somit „rutscht“ es sozusagen über die Wasseroberfläche. 80 Zentimeter Tiefgang bedeuten aber auch, dass stellenweise gerade einmal 20 Zentimeter Wasser zwischen dem Flussgrund und der tiefsten Stelle des Floßes bleiben. Das ist ein DIN A4-Blatt, quer gehalten.
Das Floß hat heute Nachmittag in Rinteln auf Höhe des Bodega Beach Clubs angelegt. Dort wurden sie von Dr. Joachim Steinbeck als Vertreter der Stadt Rinteln begrüßt und „überredeten“ den Nachtwächter mit erfrischenden Hopfengetränken als Wegezoll, an Land gehen zu dürfen. Und überall, wo die Weserflößer andocken, bildet sich schnell eine Traube aus Schaulustigen, die sich das bunte und gesellige Treiben mal aus der Nähe ansehen wollen.
Die 20 Flößer werden im Waldkater übernachten, ehe sie ihre Fahrt in Richtung Minden fortsetzen. Dort wird das Floß aus dem Wasser geholt, zerlegt und mit einem LKW ins Sägewerk Bulthaup nach Melle weiter transportiert. Eckard Meyer vom Verein Weserflößer zeigt sich angesichts der Medienresonanz und des Interesses in der Bevölkerung beeindruckt. Es ist die dritte Tour der Weserflößer, und wenn alles gut läuft, soll es nicht die letzte bleiben.
Allerdings sind die Kosten und der Aufwand nicht zu unterschätzen. Während der reine Holzwert ungefähr 9.000 Euro (plus Mehrwertsteuer) beträgt, sind für die technische Abnahme des Floßes nochmal rund 1.500 Euro fällig. Die Arbeitszeit der Flößer ist noch gar nicht mit eingerechnet. Daher benötigt solch ein Projekt auch Sponsoren und Unterstützer. Eine umfangreiche Broschüre mit vielen Hintergrundinformationen ist gegen eine kleine Spende bei den Weserflößern erhältlich. Weitere Informationen gibt es auch unter www.weserfloesser.de.