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90 Jahre Warten sind genug: Bürgerinitiative "BIOS" versammelt Bürger und Politik im Prinzenhof

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Ob es nun 100, 120 oder 150 Steinberger Bürger waren, mag keiner so genau zu sagen. Die Bürgerinitiative Ortsumgehungen Steinbergen, kurz „BIOS“, sorgte mit ihrer Informationsveranstaltung im „Prinzenhof“ auf jeden Fall für volle Räumlichkeiten.

Der Andrang überraschte selbst die Veranstalter, zeigt aber das große Interesse am Thema. Es gab reichlich Redebedarf, so viel, dass zwischendurch sogar das schnurlose Mikrofon aussetzte. Unterstützung auf breiter Front ist da: Stadt und Landkreis sind auf der Seite der Steinberger, Bürgermeister Thomas Priemer hat bereits einen Brief an den niedersächsischen Verkehrsminister Olaf Lies geschrieben. „Prima, Herr Priemer“, sagte Manfred Hobein von der Initiative, „Ihr Name ist Programm.“

Anlass für die Gründung der rund acht Wochen alten Bürgerinitiative war ein Zeitungsartikel über die Pläne, die Steinberger Kreuzung (B83 und B238) baulich unter anderem um eine zusätzliche Linksabbiegespur in Richtung Autobahn zu erweitern. Danach ging es schnell: Eine konstituierende Sitzung wurde einberufen, die Bürgerinitiative gegründet, ein Info-Flyer erstellt und verteilt, eine Internet-Seite auf die Beine gestellt. Aus dem Arbeitskreis von anfangs fünf Mitgliedern ist ein inzwischen zehnköpfiges Team entstanden. Jens Wienecke, Manfred Hobein, Walter Peters, Ingrid Rinne, Helga Gruhler, Ludwig Schröder, Udo Schobeß, Markus Witt, Matthias Peters und Bernd Kiesow appelieren an möglichst alle 1.521 wahlberechtigte Steinberger Bürger, bis März die Unterschriftenliste zu unterzeichnen und ihre Zustimmung zu „BIOS“ zu geben.

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Jens Wienecke von der „BIOS“ zeigte die Ergebnisse der Verkehrszählung und führte durch die Präsentation.

Ein langer Weg, so Hobein bei seiner Begrüßungsrede, stehe allen noch bevor. Nur mit Hartknäckigkeit und Ausdauer könne man zum Ziel kommen. Der Bundesverkehrswegeplan, um den sich letztendlich alles dreht, werde von „BIOS“ genau verfolgt und es werde darüber berichtet. Auch zu öffentlichkeitswirksamen, speziellen Aktionen sei man bereit.

Teamsprecher Jens Wienecke zeigte in einer ausführlichen Präsentation den Stand der Dinge. Der Bundesverkehrswegeplan (BVWP), der für rund zehn Jahre im Voraus aufgestellt wird, beinhaltet den Neubau von Bundesstraßen, Verlegungen und Ortsumgehungen. Um in diesen Plan aufgenommen zu werden, muss anhand von Verkehrszählungen ein bestimmtes Verkehrsaufkommen nachgewiesen werden. Die letzte Zählung hat ergeben, dass 23.367 Fahrzeuge pro Tag Steinbergen passieren, davon entfallen rund 14% auf den Schwerlastverkehr. Dabei handelt es sich um die durchschnittliche tägliche Verkehrsmenge im Mittel aller Tage eines Jahres (DTV). An Werktagen, Wochenenden, Sonn- und Feiertagen schwankt die Fahrzeugmenge, die tatsächlichen Höchstbelastungen zu Spitzenzeiten und Staus auf der Autobahn und dem daraus resultierenden Umleitungsverkehr können erheblich höher liegen. 23.367 pro Tag ergibt die stolze Zahl von über 8,5 Millionen Fahrzeugen, die in einem Jahr im Schnitt durch Steinbergen rauschen.

Trotz steigenden Verkehrsaufkommens wurde Steinbergen im BVWP weiterhin nur auf „weiterer Bedarf“ zur Errichtung einer Ortsumgehung eingestuft. Das heißt übersetzt so viel wie „erstmal nicht“. Dabei wäre der BIOS der Status „vordringlicher Bedarf“ enorm wichtig, zumal Orte mit weitaus geringerer Verkehrsbelastung diesen Status bereits erhalten haben, der Landesschnitt liegt bei etwa 14.000 Fahrzeugen täglich.

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) verlangt für die Aufnahme in den Plan unter anderem eine detailierte Projektbegründung, einen technischen Plan mit Verlauf einer möglichen Trasse samt Kostenaufstellung sowie Informationen zu Umweltbeeinträchtigung und eventuellen Konflikten. Vier dieser Projekte (Die Umgehung der B238, B83, sowie die Ortsumgehungen Möllenbeck und Deckbergen) sind bereits gemeldet und mit „PRINS“, einem Projektinformationssystem des BMVI wurde bereits im Juni 2012 ein Konzept zur Beteiligung der Öffentlichkeit bei solchen Plänen vorgestellt. Dazu wurde im März 2014 eigens ein „Handbuch für eine gute Bürgerbeteiligung“ herausgegeben, denn wie selbst das Ministerium zugibt, betritt die Bundesregierung beim Verkehrswegeplan teilweise Neuland.

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Prinzenhof prall gefüllt: Über 100 Steinberger waren zum Informationsabend der Bürgerinitiative erschienen.

Steinbergen, als Nadelöhr zwischen den Regionen nördlich und südlich der A2, leide laut „BIOS“ unter dem Ausbau der Wirtschaftsregionen Lippe und Hameln-Pyrmont, der Maut und neuer Gewerbeparks und Firmenerweiterungen mitsamt bisheriger Ausbaumaßnahmen wie dem Ausbau von Ortsumgehungen (Langenholzhausen, Lemgo, etc). Zudem ist die B252 durch das Extertal, Blomberg und Brakel eine beliebte Abkürzungsstrecke um von der A2 auf die A7 zu gelangen. Ein LKW, der die A2, A33 und A44 nimmt, legt laut Kartenberechnung ca. 40 Kilometer mehr Strecke zurück (und spart dafür theoretisch nur zehn Minuten).

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Auch die Lärmbelastung steige bei einem Ausbau der Kreuzung, da diese aus Gründen der Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Schwerlastverkehr aus Beton anstatt Asphalt gefertigt werden solle. Die Grenzwerte laut Verkehrslärmschutzverordnung beim Neubau oder wesentlichen Ausbau von Straßen liegen derzeit in Wohngebieten bei 59 Dezibel (A) tagsüber und bei 49 dB(A) nachts. Eine Messung in Steinbergen hat gegenwärtig einen Lärmpegel von 71,4 dB(A) ergeben. Auf Beton steigt dieser Wert um nochmals 2 Punkte. Das, erklärte Wienecke, bedeute beinahe eine Verdoppelung der Lautstärke.

Die hohe Verkehrsbelastung, der Verlust des Status „Luftkurort“, der Lärm und nicht zuletzt die Feinstaubbelastung – Argumente die auf der Hand liegen. „Ich wohne an der Haupstraße“, äußerte sich ein Anwohner zu Wort, „wenn ich mein Fenster aufmache, ist die Gardine nach zwei Tagen schwarz vor Staub. Es ist nicht Fünf vor Zwölf, es ist Zwei nach Zwölf.“

Ortsbürgermeister Heiner Bartling lobte den Schwung der Initiative: „Es muss alles daran gesetzt werden, in den vordringlichen Bedarf zu gelangen.“ Er gab aber zu bedenken, dass der Verkehrswegeplan momentan zur Bewertung im Bundesverkehrsministerium liege. Erst wenn er zurück an das Land gegeben werde, könne man ihn einsehen, dann sei es möglicherweise aber schon zu spät, da die Möglichkeiten zur Veränderung begrenzt seien. „Man muss sich die Bundespolitiker greifen und herbringen“, so Bartling.

Jörg Schröder bekräftigte die Bemühungen der Stadt Rinteln, den verknoteten Verkehr entzerren zu wollen. Eine Machbarkeitsstudie wurde bereits mit Hinblick auf das Jahr 2015 durchgeführt, die Alternative zu einem eventuellen Tunnel (die sogenannte Trog-Lösung an der Hirschkuppe) sei diskutiert worden. Bei dieser Variante würde die B238 bei der „Grafensteiner Höhe“ einen Linksknick machen, an Steinbergen vorbei gehen und zwischen Autobahnbrücke und B83 wieder herauskommen.
„In Berlin wird zum Schluss stumpf gerechnet“, sagte Schröder im Hinblick zur Tunnel-Alternative, „wenn sie da ein Projekt von 50 Millionen Euro für knapp zwei Kilometer haben, wird es schwierig.“
Das Ziel muss sein, in den vordringlichen Bedarf aufgenommen zu werden, so Schröder, ist man da erst einmal drin, ist nichts in Stein gegossen. Über die Ausgestaltung und Varianten könne dann immer noch gesprochen werden, denn: „auch wenn wir aufgenommen werden, steht nicht nächstes Jahr der Bagger vor der Tür“.

Schröder berichtete von seinem Ausflug in Stadtarchiv und den staubigen Akten aus den 70er Jahren. Eine damals vorgeschlagene Trassenlösung des Landes am Messingberg zur Umgehung der B83 wurde damals durchgehend abgelehnt. Aus diesem Grund, so vermutete Schröder, hat man das Thema seitdem auch nicht mehr vorangetrieben, wie man das bei der B238 gemacht hat.

Uta Weiner-Kohl von der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr gab Auskunft, dass beide Bundesstraßen mit einer geänderten Linienführung, aber als getrennte Maßnahme betrachtet würden und äußerte auf Anfrage von Jens Wienecke, dass die Ideen zur Linienführung der Steinberger Bürgerinitiative dargestellt werden können.

Die „BIOS“-Unterschriftenlisten liegen an folgenden Orten in Steinbergen aus: Ingrid Rinne Fußpflege, Dorfgemeinschaftshaus, Fahrschule Bormann, Kirchengemeinde Steinbergen und Feuerwehrbedarf Hildebrandt.

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