(Rinteln) Zurzeit wird vor der ehemaligen Direktorenvilla des Gymnasiums, die heute den Kinderschutzbund Rinteln beherbergt, ein großes Spielgerät installiert.
Bei den erforderlichen Baggerarbeiten auf diesem zwischen Eulenburg und reformiertem Pfarramt gelegenen Grundstück trat ein interessanter Fund zu Tage.
Nur rund 30 Zentimeter unter der bisherigen Pflasterung zeichnete sich bei den Bauarbeiten der Umriss einer großen Brunnenfassung ab. Sechs sorgfältig behauene Randsteine aus Obernkirchener Sandstein rahmten einen großen 130 Zentimeter Radius messenden, gemauerten Brunnenschacht.
Diese sechs großen Abdecksteine wurden abgenommen und vorläufig gesichert. Die Fundsituation wurde durch die Kommunalarchäologie in Bückeburg dokumentiert.
Ein Blick auf die Rintelner Katasterkarte von 1747 und einen Grundrissplan von 1761 schafft Klarheit über den historischen Zusammenhang. Hier ist der Brunnen exakt an der entsprechenden Stelle im Botanischen Garten südlich des Gärtnerhauses mit Gewächsstube eingezeichnet. Östlich davon stand eine Gartenlaube, die für die Freilicht-Seminare der Medizinstudenten diente, die hier botanischen und pharmazeutischen Unterricht erhielten.
Die behauenen Randsteine dürften nach Ihrer Bearbeitung zu schließen aus dem 17. oder 18. Jahrhundert stammen, der Brunnenschacht selbst könnte noch deutlich älter sein und in die Zeit des mittelalterlichen Klostergartens zurückreichen. Dieser Obst- und Gemüsegarten war der Vorgänger des Botanischen Gartens der Universitätszeit.
„Unser Modell der Universität, das der leider vor wenigen Tagen verstorbene Modellbauer Andreas Döring mit meisterlicher Genauigkeit erstellt hat, zeigt die historische Situation des Gärtnerhauses und der Gartenlaube. Der bislang undokumentierte Brunnen befand sich etwa an der Stelle des dargestellten großen Pflanztopfes.“ (Museumsleiter Dr. Stefan Meyer)
Nach der Schließung der Hochschule und des Botanischen Gartens im Jahr 1810 dürfte der Brunnen seine Funktion verloren haben. Ein genauer Lageplan von 1873 zeigt ihn schon nicht mehr. Auf eine Zuschüttung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verweisen auch zwei zeitgenössische Pfeifenköpfe, die in der obersten Schicht der Brunnenverfüllung lagen.
Der große Rest der Verfüllung wird auch für die nächsten Jahrzehnte oder Jahrhunderte als Bodendenkmal unberührt bleiben. Der neue Spielplatz entsteht darüber. Die geborgenen Decksteine dagegen können hoffentlich an anderer Stelle wieder Verwendung finden. Vielleicht bietet die mittelfristig vorgesehene Neugestaltung des Kollegienplatzes dafür eine passende Gelegenheit, die Steine in ansprechender Form zu platzieren und ihre Geschichte erzählen zu lassen.
(Quelle & Fotos: Dr. Stefan Meyer)