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„Campana urinatoria“: Taucherglocke für physikalische Experimente neu in der Eulenburg

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(Rinteln) Ein besonders schöner Neuzugang bereichert seit kurzem die Sammlungen des Museums. Es handelt sich um eine kleine gläserne Taucherglocke für physikalische Versuche. Das nur 14 Zentimeter hohe Modell hat in den Physik-Sammlungen des Gymnasiums Ernestinum die Zeiten überdauert und dürfte noch aus der Vorgängerinstitution der Schule, der Universität Rinteln, stammen.

Taucherglocken waren schon in der Antike bekannt. Im Mittelalter geriet die Erfindung wieder in Vergessenheit und wurde im 17. Jahrhundert gewissermaßen wiederentdeckt. Experimente mit Luftdruck wurden nun überhaupt regelrecht Mode. Die Rintelner Universität schaffte sich 1698 eine große Vakuumluftpumpe an und der berühmte Kasseler Ingenieur Denis Papin führte auch bereits eine durch Blasebälge luftversorgte Taucherglocke vor.

Tatsächlich ist das Modell einer Taucherglocke, lateinisch als „Campana urinatoria“ in den Beständen des Physikalischen Kabinetts der Universität nachweisbar. Physik-Professor Johann Matthäus Hassencamp erwähnte sie in einem ausführlichen Inventar von 1780. Darin befinde sich, so die Notiz, ein kleines „Männequin“ aus Blei.

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Tatsächlich hat auch das neue Museumsexponat ein solches Männchen. Es ist eine etwa 10 cm hohe Figur mit schulterlangem, glattem Haar unter einer schlichten Mütze, gekleidet in einen kurzen, gegürteten Kittel und einfachen Kniebundhosen, so wie sie von Bauern oder Handwerker im 18. Jahrhundert getragen wurden. Einst hielt sie etwas in der rechten Hand, vermutlich ein Fähnchen. Nach dem Hinablassen in ein mit Wasser gefülltes Glas war dann gut erkennbar, dass der Oberkörper des Taucher und seine Fahne in der Luftblase trocken blieben.

Experimente mit einer Taucherglocke (Kupferstich von 1715).

Was uns heute simpel erscheint, war damals ungewöhnlich und faszinierend. Ganz besonders auch, weil hier eine Anwendung der Physik für nützliche Zwecke erkennbar wurde. Tatsächlich begann man im 17. Jahrhundert mit Taucherglocken wertvolle Fracht aus gesunkenen Schiffen zu bergen, so geschehen 1665 mit einer Gold- und Silberladung in der Mündung des Rio de la Plata. Die kleine Taucherglocke machte also aktuelle Technik und Forschung anschaulich ist damit das erste Exponat in den Sammlungen des Museums, das dem alten physikalischen Kabinett der Rintelner Hochschule mit einiger Gewissheit zugeordnet werden. Es hilft nun mit, dabei die lange Zeit unterschätzte naturwissenschaftliche Forschung und Lehre der alten „Academia Ernestina“ wieder ein Stück mehr lebendig werden zu lassen. (Dr. Stefan Meyer/Fotos: Museum)

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