Für 92 junge Schülerinnen und Schüler am Gymnasium Ernestinum Rinteln beginnt jetzt ein neuer Lebensabschnitt. Sie nahmen am Freitagabend im Rahmen eines großen Festprogramms ihre Abiturzeugnisse entgegen und wurden feierlich verabschiedet. Die Veranstaltung war der zweite Akt der Feierlichkeits-Trilogie, die gestern mit dem Abi-Umzug gestartet ist und ihren krönenden Abschluss am Samstag beim Abi-Ball in der Rattenfängerhalle Hameln findet.
Ein bißchen Statistik vorweg: Von den 92 Schülern stammen 21 aus dem Auetal. Der Notendurchschnitt beträgt 2,4. 18 mal steht bei den Schülern eine Eins vor dem Komma. Jahrgangsbeste ist Vanessa Wienzek mit der Note 1,2.
Neben musikalischen Beiträgen von Schülern, dem Abi-Chor und der Antwort darauf (dem Lehrer-Chor) spielte die Ernestinum BigBand Einleitung („Thriller“) und Abschluss („My way“). Bürgermeister Thomas Priemer stimmte die Abiturienten mit seinen Grußworten im Stil des Abikulturball-Mottos „CABIsino Royale“ auf die Zukunft ein. Die Würfel seien gefallen, man habe um jeden Punkt gepokert und konzentriert und diszipliniert auf das Ziel hingearbeitet: „Der Jackpot ist geknackt.“ Jetzt habe es, wie im Geheimagenten-Film „Casino Royale“, ein gutes Ende genommen. Mit einem Unterschied: Bei einem verlorenen Pokerspiel sei der Einsatz weg, das Wissen jedoch könne den Schülern niemand mehr nehmen. Dabei ließ Priemer es sich nicht nehmen, den Abiturienten auch die Stadt Rinteln und die Region als möglicher neuer Arbeitgeber schmackhaft zu machen. Die Stadt befinde sich im Wandel, es gebe viele gute Ausbildungsangebote und Studienmöglichkeiten an der Academia, Unternehmen suchen Schulabgänger und Abiturienten und viele, die es in die weite Welt hinaus ziehe, kämen zurück, wenn der Blickwinkel sich ändere.
Der Bürgermeister der Gemeinde Auetal, Heinz Kraschewski, prophezeite den jungen Menschen eine große Zukunft. Es müsse allerdings nicht unbedingt der soeben frei gewordene Posten im Vorstand des Automobilkonzerns Audi sein, scherzte er im Hinblick auf die Untersuchungshaft des Audi-Vorstandsvorsitzenden Rupert Stadler wegen des Diesel-Betrugs. Markus Struck vom Schulelternrat erinnerte an über 10.000 Stunden, die alle Schüler in den vergangenen Jahren im Ernestinum verbracht hätten. Bei der engagierten Elternarbeit, in deren Mittelpunkt die Schüler stünden, kämen ebenfalls 640 Stunden zusammen.
Zu Gast waren auch zehn ehemalige Schüler des Gymnasiums, deren Abitur nun schon 55 Jahre zurückliegt. Einer von den damals 53 Absolventen lebt noch in Rinteln. Humorvoll verabschiedete sich Schulleiter André Sawade mit einigen Anekdoten und amüsanten Vergleichen von seinen Schülern. So laute ein oft von den Kindern genutzter, aber innerhalb der Lehrerschaft unbeliebter Satz „Das interessiert mich nicht, das brauche ich doch nie wieder“. Sawade erklärte dem Publikum anhand eines „Reiseführers fürs Leben“, den Eltern und Lehrer dem Nachwuchs am Liebsten mitgeben würden, dass nur Dinge wahrgenommen werden könnten, von denen man auch weiß. Auch wenn man sie nicht so interessant findet.
Ergreifend und emotional nahmen stellvertretend für die Schülerschaft Hannah Frick, Meike Vonjahr und Marius Spohr Abschied von der Schule. Sie bedankten sich bei allen, die mit der Zeit von Klassenkameraden zu Freunden und besten Kumpels wurden, erinnerten sich an die zahllosen Nahrungsbeschaffungs-Märsche zum WEZ-Markt und erinnerten sich mit Wehmut daran, was sie alles verloren hätten: Den Schulleiter Herrn Lüthen, den Hausmeister Karl-Heinz, das Happy Night – jetzt sei es an der Zeit, zu gehen. Gefühlte 100.000 geschmierte Pausenbrote später reift rückblickend die Erkenntis: „Als wir klein waren und aus der Grundschule kamen, war das einzige, was wir hatten, der Freundeszettel. Inzwischen haben wir viele Freunde fürs Leben gefunden und sind durch Sieg und Niederlagen zusammengeschweißt.“ Mit Sternenstaub, so die philosophische Botschaft der Schüler, hat alles angefangen. Und mit Sternenstaub endet es. Jetzt gilt die Devise „Rien ne va plus“. Das Ernestinum Casino schließt seine Pforten, die Mitgliedschaft ist gekündigt. Das Leben wartet mit all seinen Herausforderungen.