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„Die Stadt wird kein neues Happy Night bauen“: Neujahrsempfang der Stadt Rinteln mit Rückblick und Vorschau auf 2020

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(Rinteln) Angesichts des prall gefüllten Programms beim Neujahrsempfang der Stadt Rinteln fällt es schwer, die optimale Schlagzeile für die Überschrift auszuwählen. Sie hätte ebenso lauten können: „Bürgermeister aus Slawno gibt Rintelner Verwaltungschef Tipps in Sachen EU-Fördermittel“. Oder „Bürgermeister bekräftigt Investitionen in Lebensqualität und Zukunft“. Nun aber das Happy Night. Es war Bestandteil von Bürgermeister Thomas Priemers Rück- und Ausblick, den im Rahmen eines zweiteiligen Interviews mit Moderator Frank Rasche am Samstagabend vor rund 200 geladenen Gästen im Ratskellersaal gab.

Bürgermeister Thomas Priemer (li.) und Hannover-96-Stadionsprecher Frank Rasche beim Interview.

Für die musikalische Begleitung sorgte das Symphonische Blasorchester der Stadt Rinteln. Martin Herrmann, Dozent an der Musikschule Lübbecke und Lehrer für Schlagzeug, Percussion und Klavier, spielte mehrere Musikeinlagen auf einem Vibraphon. Für humorvolle „Verzauberung“ unter Einbeziehung des Publikums sorgte Entertainer und Tausendsasssa Bernhard Luksch, alias „BeLu“.

Brückentorsaal

Priemer gab zu, er sei nicht „scharf“ auf den Bürgerentscheid gewesen, zumal dieser rund sieben Monate Zeit gekostet habe. Auch sei in Sachen Brückentorsaal angesichts der gegensätzlichen Meinungen so etwas wie ein „Bruch in der Gesellschaft“ passiert. Dennoch sei er stolz, dass es in Rinteln Bürger gegeben habe, die dieses basisdemokratische Mittel genutzt und dafür vor allem ihre Freizeit investiert hätten. Nach dem Scheitern des Bürgerentscheids habe sich jetzt wieder die Beschlusslage aus dem Rat eingestellt, den gesamten Komplex zu verkaufen. Bei Projektentwicklungsgesellschaften bestehe Interesse, so Priemer. Nahezu alle Veranstaltungen hätten nach dem Wegfall des Saals an anderen Stellen durchgeführt werden können. Derzeit finde noch eine Überprüfung von Mehrzweckhallen und Dorfgemeinschaftshäusern auf ihre Eignung als Ausweichmöglichkeit statt. Ebenso stehe die mögliche Nutzung der Aula des Gymnasiums nach deren Umbau durch den Landkreis weiter im Raum. In einem Jahr sei hoffentlich etwas „Dampf vom Kessel“, so Priemer.

Martin Herrmann (li.) und Frank Rasche am Vibraphon.

Ortsteile und Schulen

Bis zum Sommer 2020 sei der von Fraktionen geforderte Schulentwicklungsplan auf dem Tisch, erklärte Priemer. Alle Ratsfraktionen hätten bekräftigt, die Grundschulstandorte auf den Dörfern erhalten zu wollen. In die Grundschulen werde seit Jahren investiert, an der Umsetzung der Inklusion werde kontinuierlich gearbeitet. Auch an der Platzsituation, denn es seien zu wenig Räume vorhanden. Allerdings sei ein hundertprozentiges Umsetzen der geforderten pädagogischen Konzepte nicht möglich, dämpfte Priemer die Erwartungen, dazu müsse man „fünf bis sieben neue Schulen bauen“. Man werde aber herausholen, was an den Standorten möglich sei. In den Ortsteilen werde weiter investiert. Feuerwehren, Flutlichtanlagen für Sportplätze und Dorfgemeinschaftshäuser in Strücken und Krankenhagen waren dabei nur einige der Stichpunkte. 500 Kilometer Straßennetz gäbe es in Rinteln zu unterhalten. Ein Gruß ging auch an Krzysztof Frankenstein, der mit einer Delegation aus Rintelns polnischer Partnerstadt Slawno zu Gast war. Dabei bescheinigte Priemer mit einem Augenzwinkern den Freunden der Stadtverwaltung in Slawno durchaus einen gewissen Einfallsreichtum, wenn es um das Beantragen von Fördermitteln der EU gehe: „Wir telefonieren häufig und lassen uns beraten.“

Das Symphonische Blasorchester der Stadt Rinteln sorgte für den musikalischen Rahmen.

Bahntrasse durchs Weserbergland

Fest stehe, so Priemer, dass die Bahntrasse Hamm-Hannover ausgebaut werde um den Deutschland-Takt einhalten zu können. Um Züge mit 300 Stundenkilometern fahren zu lassen, müsse man allerdings auch die Topographie des Weserberglands berücksichtigen. Diese Geschwindigkeiten seien nur auf geraden Strecken mit Steigungen von höchstens 1,25 Promille möglich. Dazu gehörten Kombinationen aus Tunneln und Brücken. Priemer bedauerte es, dass im Moment „Horrorszenarien“ von möglichen Verlusten der Grundstücke in Todenmann aufgebaut würden, obwohl der geplante Streckenverlauf noch gar nicht feststehe. Bereits 2015 habe man erfolgreich einen Ausbau der Bahntrasse Löhne-Elze verhindern können, damals seien 30.000 Unterschriften zusammengetragen und dem Bundesverkehrsministerium übergeben worden. Daher seien die Interessengemeinschaften so wichtig, da sie die Bevölkerung sensibilisieren. „Kritisch hinterfragen, am Ball bleiben, nicht überreagieren“, so das Fazit.

„BeLu“ verzauberte das Publikum (hier: Thomas Knolle vom DRK) mit Tricks und sorgte für etliche Lacher.

Städtische Finanzen

Priemer fasste zusammen: „Die Stadtkasse ist liquide. Der Stadtkämmerer ist zufrieden. Wir brauchen Kredite.“ Diese sind angesichts getätigter und geplanter Investitionen erforderlich, allerdings bei dem gegenwärtigen Zinsniveau auch sehr günstig zu haben.

>> HIER geht es zum Artikel über die Ehrungen beim diesjährigen Neujahrsempfang der Stadt Rinteln <<

Innenstadtentwicklung

Man habe die Dialysestation in der Weserstadt halten können, so Priemer, „warum auch nicht?“. Rinteln könne es sich nicht leisten, nach dem Weggang des Krankenhauses eine weitere, medizinische Einrichtung zu verlieren, fasste Priemer den Neubau eines Gebäudekomplexes mit Dialysestation in der Klosterstraße/Kahlergasse zusammen. Gerade in den sozialen Netzwerken sei zu diesem Thema „viel Mist“ geschrieben worden. Ein „Ein-Euro-Laden“ sei in dem jetzigen, ehrwürdigen Gebäude „nicht der Brüller“ in Sachen Kaufkraft und darüber hinaus lasse der Bebauungsplan so ein Projekt an diesem Standort zu. Durch den zusätzlichen Wohnraum werde für zusätzliche Kaufkraft im Einzelhandel sorgen, mit dieser Planung bringe man die Innenstadtentwicklung voran. Deren Erfolg hänge wiederum auch mit den Leistungen des Stadtmarketings zusammen, sagte Priemer und begrüßte die neue Pro-Rinteln-Stadtmanagerin Ricarda Mohr an dieser Stelle mit einem Blumenstrauß.

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Bürgermeister Thomas Priemer (re.) begrüßte die neue Stadtmanagerin Ricarda Mohr.

Nachnutzung des Kollegienplatzes

Angesichts des für 2021 angepeilten Umzugs der IGS in den Neubau an der Burgfeldsweide müsse die Nachnutzung der Schulgebäude weiter diskutiert werden, erläuterte Priemer. Ein „1.800-Quadratmeter-Einkaufscenter“ sei allerdings vom Tisch. Vielmehr wurden Schlagworte wie „soziale Begegnungsstätte“, „Bildungsangebote“, „Mehrgenerationenhaus“ und „Academia“ genannt. Auch ein „klassisches Café“ könnte der Bürgermeister sich an dem Standort gut vorstellen.

Radwegeverkehrskonzept

Fahrradfahren sei in Rinteln „nicht immer ganz leicht“, gab Priemer unumwunden zu, in Sachen Radwegenetz sei man allerdings gar nicht so schlecht aufgestellt. Zuerst seien Radwege entlang der Straßen gebaut worden, nun habe die Gesetzgebung entschieden, Fahrradfahrer dürften trotzdem auch die Straßen benutzen. Es werde an vielen Stellen etwas gebaut, scheitere letztlich aber an Lücken und undurchsichtigen Stellen der Verkehrsführung. Das „rauf und runter“ diskutierte Radwegeverkehrskonzept, durch Fachleute erstellt, soll nun in diesem Jahr Klarheit schaffen. Im Übrigen seien inzwischen auch vier Elektrofahrräder für die Stadtverwaltung günstig angeschafft worden, um damit im Außendienst tätig sein zu können.

Im Rahmen des Neujahrsempfangs gab es auch Ehrungen von Ehrenamtlichen.

Wohnraumversorgungskonzept

Das Konzept werde benötigt, um Fördermittel für den Wohnungsbau erhalten zu können, erklärte Priemer. Die Auswertung der groß angelegten Umfrage im vergangenen Jahr werde man in die Planung zur Nachnutzung der für 1,4 Millionen Euro gekauften Grundstücke auf den Sportplätzen der ehemaligen Prince-Rupert-School einfließen lassen. In Rinteln werde attraktiver und finanzierbarer Wohnraum benötigt, dafür müsse man „wissen, wo der Schuh drückt“, so Priemer.

Jugend

Eine unangenehme Frage hob sich Moderator Frank Rasche zum Schluss der dreistündigen Veranstaltung auf: „Was macht Rinteln ohne das Happy Night?“ Priemer stellte klar: „Das Happy Night wurde nicht wegen Reichtum geschlossen.“ Der Eigentümer des Gebäudes habe auch aufgrund seines Alters kein Interesse mehr an einem Discobetrieb gehabt. Allerdings sei auch das Freizeitverhalten junger Menschen aufgrund der vielen Möglichkeiten, die sich böten, nur „wenig planbar“. Die Stadt unterstütze die Jugendlichen bei Veranstaltungen wie beispielsweise der Wesertekk-Party im Freibad, die bis zu vier Mal im Jahr stattfinden könne. Fürs Jahr 2020 habe man den Fokus auf die Jugend gesetzt, so Priemer, die Impulse müssten allerdings von den Jugendlichen ausgehen. Man werde „kein neues Happy Night bauen“.

Zum Abschluss schenkte Bürgermeister Thomas Priemer Moderator Frank Rasche seine Rinteln-Anstecknadel.

Umgang im Netz

Angesichts der immer stärker ausufernden Verrohung der Sprache und Sitten im Internet sprach Moderator Frank Rasche auch Bürgermeister Thomas Priemer auf das Thema an. Nach den Medienberichten über Bedrohungen von Mandatsträgern wollte Rasche wissen, ob auch Priemer einmal persönlich angefeindet worden sei. Er hatte, so der Bürgermeister, während seiner Zeit im Auetal einmal vier platte Reifen am Auto erleben müssen. Die sozialen Netzwerke nutze er nicht ständig. Allerdings gebe es schon Dinge, die man hinnehmen müsse, die aber „wehtun“. Allerdings empfinde er die Verrohung der Sprache als empörend. Auch mache es ihn betroffen, wenn Polizeibeamte bedroht würden. Was teilweise in den sozialen Medien ablaufen würde, sei „unanständig“.

Rasche revanchierte sich mit einem „Schalke“-Bier für den Dortmund-Fan Priemer.

Für das neue Jahr wünschte sich Priemer mehr Gelassenheit und nahm sich ein umweltbewussteres Verhalten vor. Eine Überraschung zum Abschluss gab es von Frank Rasche, der als Stadionsprecher für den Bundesligaverein Hannover 96 tätig ist, für Bürgermeister Priemer: Eine Flasche „Veltins“-Pilsener. Borussia-Dortmund-Fan Priemer nahm den Seitenhieb sportlich und prostete Rasche mit dem „Schalke-Bier“ zu. Dieser hatte für sich nicht etwa die „96-Hausmarke“ Gilde entschieden, sondern kramte eine „Feldschlößchen“-Dose hervor. Prost 2020!

Spaß muss sein: Am Ende wurde auf ein gesundes neues Jahr angestoßen.
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