(Rinteln) Das neue Urkundenbuch der Stadt Rinteln wurde jetzt im Rathaus vorgestellt. Ein „nicht alltägliches Ereignis“, wie Dr. Joachim von Meien, Leiter des Amtes für Bildung, Kultur und Sport, anmerkte. Im Stadtarchiv schlummern Dokumente, die vom Mittelalter bis in die Gegenwart reichen. Darunter auch zahlreiche Urkunden, die nahezu jeden Bereich des gesellschaftlichen Lebens in damaliger Zeit regelten. Meist ging es um Kapitalgeschäfte, Kredite, Leihgaben. Die Urkunden und ihre Abschriften wanderten nach Vertragsabschluss oft in einen Schrein und lagerten dort, bis sie im Streitfall als Beweismittel gebraucht wurden.
Die geschichtliche Aufarbeitung von Schriftstücken ist in Rinteln nicht neu. In den 70er und 80er Jahren befassten sich Walter Maack und Horst-Rüdiger Jarck mit der Historie der Weserstadt. Nach den Rintelner Statuten des 14. bis 17. Jahrhunderts, der Fortsetzung des Kämmereiregisters aus dem 15. Jahrhundert und dem Urkundenbuch des Klosters Rinteln, erschienen 1982, kam die Aufarbeitung mittelalterlicher Quellen zunächst zum Stillstand.
Urkunden stammen aus dem Zeitraum von 1235 bis 1500
Stadtarchivar Dr. Stefan Meyer schob die Arbeit an dem nun erschienenen Urkundenbuch an, als er den Direktor des ehemaligen Staatsarchivs in Bückeburg, Dr. Hubert Höing, um eine Zusammenarbeit und dessen fachliche Expertise bat. Dieser erkannte nach einer Beurteilung der Vorarbeiten, die durch Prof. Hiram Kümper und Studenten von der Universität Mannheim geleistet wurden, den Bedarf für eine Überarbeitung. Er machte sich daraufhin ans Werk und kontrollierte die fast Urkunden auf Vollständigkeit und Übersetzungsfehler.
Herausgekommen ist eine auf 170 Urkunden ergänzte und erweiterte Sammlung von Dokumenten des spätmittelalterlichen Rintelns und der beanspruchten Nutzungsrechte, sowie Privilegien. Anfangs wurden die Schriftstücke auf Pergament verfasst, später nutzte man Papier als „Datenträger“. Die Urkunden stammen aus dem Zeitraum von 1235 bis 1500 und sind im Original zunächst in lateinischer, später in mittelniederdeutscher Sprache gehalten. Aufwendige Siegel aus Wachs bürgten für die Echtheit der Vereinbarungen und Abschriften, die Einblicke in das damalige Leben von einflussreichen Familien, sowie Fischerei-, Markt- und Zollrechten geben. Ebenfalls überliefert ist ein „Fehdebrief“ aus dem Jahr 1448, der im Rahmen einer größeren kriegerischen Auseinandersetzung von Rinteln gegen die Stadt Herford ausgestellt wurde.
Im Rahmen seiner mehrjährigen Tätigkeit am „Repertorium Germanicum,“ einem historischen Verzeichnis des Deutschen Historischen Instituts in Rom, ist Dr. Höing auch auf Urkunden mit Rinteln-Bezug, die im Vatikan lagerten, gestoßen und hat diese ins neue Buch einfließen lassen.
Neben dem wissenschaftlichen Anspruch bietet das neue Urkundenbuch auch interessierten Laien jede Menge Hintergrundinformationen. Es ist im örtlichen Buchhandel, sowie im Museum Eulenburg zum Preis von 35 Euro erhältlich oder kann auf Wunsch bestellt werden. Möglich gemacht wurde die Arbeit und Drucklegung durch finanzielle Förderung der Stadt Rinteln, der Schaumburger Landschaft und der Stiftung Sparkasse Schaumburg. Letztere profitiere übrigens in besonderer Form von den steigenden Zinsen auf dem Kapitalmarkt, erklärte Sparkassen-Unternehmenssprecher Jörg Nitsche. So sei es durch die Zinsentwicklung wieder möglich, deutlich mehr Projekte der Historie und Wissenschaft zu fördern; 13 allein in diesem Jahr. (vu)