(Rinteln) Es ist ein Skandal: Der Arzt eines Kurbads stellt fest, dass die heilenden Quellen verseucht sind. Zunächst als Retter der Stadt vor der Katastrophe gerühmt, fällt der Mediziner jedoch allmählich in allen Bevölkerungsgruppen in Ungnade. In einer großen Volksversammlung möchte er die Anwesenden von der Notwendigkeit einer Badsanierung überzeugen.
Das spannende Bühnenstück „Ein Volksfeind“ von Henrik Ibsen feierte am Donnerstag Premiere in der Aula des Ernestinums („ernA“). Die Theater-AG II des Gymnasium Ernestinum, TimE II, bestehend aus Schauspielern des 11. Und 12. Jahrgangs, stellte unter der Leitung von Maija Groth und Paul Wrosch, zwei ehemaligen Schülern des Ernestinums, die konfliktreiche Handlung vor.
Zwei Stunden lang wurden die Zuschauer in die Auseinandersetzungen innerhalb der Dorfgemeinschaft mitgenommen. Im Mittelpunkt steht der Badearzt Doktor Thomas Stockmann. Er muss sich nicht nur gegen den Vorsitzenden des Hausbesitzervereins, den Buchdrucker Aslaksen (Mia Marx überzeugte hier als Vertreter des Mittelstandes), behaupten sondern auch gegen die örtliche Presse. Anfangs unterstützen Hovstad (Vivien Drobigs Minenspiel des leitenden Redakteurs allein lohnt den Besuch der Aufführung) und Billing (Johanna Wienecke verkörpert gekonnt die kämpferische Seite der Dorfgemeinschaft) den Badearzt.
Sie wittern eine Revolution gegen „die da oben“, erwägen sogar eine Festveranstaltung zu Ehren des „Dorfretters“ und erwarten damit eine hochschnellende Auflagenzahl ihrer Zeitung. Unterstützt wird Thomas durch seine Frau Katrina (Elisabeth Budenz geht ganz in ihrer Rolle der liebenden Gattin auf) und seine Tochter Petra (Lea Kokotz stellt gelungen die aufbrausende Junglehrerin dar).
So weit scheint für Thomas Stockmann der Weg zum „Volksfreund“ vorbereitet zu sein. Wäre da nicht der Bürgermeister, Peter Stockmann. Ausgerechnet der Bruder des Badearztes stellt als Vorsitzender der Badeverwaltung und damit als Thomas‘ Chef dessen größten Widersacher dar. Die verbalen Auseinandersetzungen der Brüder sind das Kernelement des textreichen und dialogstarken Dramas.
Vom ersten Aufeinandertreffen der beiden Protagonisten im Wohnzimmer der Arztfamilie spürt das Publikum die Brisanz der Beziehung. Was Lea Wolter, als Thomas, und Lisanne Rischer, als Peter Stockmann, auf die Bretter der ernA stellen, ist wahrlich große Theaterkunst: Artikulation und Gestik, Testsicherheit und Mimik sind so ausgeprägt, dass man nicht das Gefühl hat, hier stehen Teilnehmerinnen einer Theater-AG auf der Bühne. Vielmehr gehen die Schauspielerinnen so in der Darstellung, den verfeindeten Bruder bis zum Untergang zu bekämpfen, auf, dass man als Zuschauer Angst haben muss, die beiden werden tatsächlich gleich handgreiflich.
Der langanhaltende Applaus zum Ende jeden Aktes bestätigt die schauspielerische Leistung des gesamten Ensembles.
Das von Paul Wrosch bestechend konzipierte und – als gelernter Schreiner – selbst gebaute Bühnenbild, das im Kern aus fünf drehbaren Türen besteht, fügt sich unauffällig in die Handlung ein und ermöglich einen schnellen Wechsel des Handlungsortes.
Wie immer rundet die Bühnenbeleuchtung durch die hauseigene Technik-AG das Theatererlebnis ab. Das Theaterstück wird noch am Samstag, 10. Mai, um 19.00 Uhr in der ernA aufgeführt. Karten gibt es für 8 Euro (ermäßigt 6 Euro) in der Kreisergänzungsbücherei im Gebäude des Ernestinums, in der Geschäftsstelle der Schaumburger Zeitung und an der Abendkasse.
(pr/Fotos: pr)
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