Die Stiftung für Rinteln lud am vergangenen Freitag zum Stiftungsempfang in die Flüchtlingsunterkunft im Kerschensteinerweg und die Resonanz war groß. Im Vorfeld war von den Bewohnern eifrig gekocht und Essen zubereitet worden, denn Kommunikation und Integration geht auch durch den Magen.
So sprach Bürgermeister und Stiftungsvorsitzender Thomas Priemer bei der Eröffnungsrede über die Begegnung mit Menschen und Nachbarn, um die es hier gehe, und über die die Wichtigkeit von Spenden und ehrenamtlichen Helfern, ohne die es bei der „Stiftung für Rinteln“ nicht gehen würde. Neben Unterstützung für die Flüchtlingsarbeit, so Priemer, helfe die Stiftung auch vielen Rintelnern.
Heinz-Gerhard Schöttelndreier, der Kreisverbandsvorsitzende der AWO, betonte dass die AWO weder eine staatliche noch eine kommunale Einrichtung sei. Zuständig für Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen sind der Bund, das Land und die Kommunen sowie die Staaten der europäischen Union. Die AWO helfe mit ehrenamtlichen Mitgliedern, sowie hauptberufliche Sozialarbeiter und Sozialpädagogen, die seit jeher der Aufgabe verpflichtet sind, Familien, Frauen, Jugendlichen, Kindern und Migranten zu helfen. Aufgrund dieser jahrelangen Erfahrung habe der Landkreis die Aufgabe der Flüchtlingssozialarbeit auf die AWO übertragen. Gemeinsam, so Schöttelndreier, sollen die bis Jahresende voraussichtlich 2.000 Flüchtlinge dezentral (in der Nachbarschaft zu Einheimischen) untergebracht werden. Solange dies nicht gelinge, werden die Neuankommenden vorübergehend in größeren Gebäuden wie in der ehemaligen Pestalozzischule untergebracht: „Wir sind froh, dass wir noch nicht auf Zelte oder Container als Provisorien ausweichen müssen.
„Sozialarbeit wirkt nach außen – gegenüber den Flüchtlingen. Sie wirkt auch nach Innen – gegenüber den Einheimischen“, sagte Schöttelndreier. Ohne die vielen Ehrenämtler, 50 davon in Rinteln, hunderte kreisweit, sei all dies nicht zu schaffen.
Kritik gab es vom Kreisverbandsvorsitzenden an dem „egoistischen Handeln“ einzelner Länder Europas, das zum Chaos führe. So bedeute „Europäische Solidarität“ nicht nur die Verteilung von Milliarden von Geldern. Er mahnte, die europäische Wertegemeinschaft würde zerbrechen, wenn die europäischen Staaten bei der humanitären Hilfe und Unterbringung von Flüchtlingen nicht gemeinsam und solidarisch handelten. Er sei überzeugt, dass aus den Flüchtlingen Zuwanderer würden – und aus den Zuwanderern würden Nachbarn. Doch sei Integration weder Einbahnstraße noch Parallelgesellschaft: „Das wird ein langer Kraftakt.“ Schöttelndreier forderte auch mehr Entscheider bei Bund und Land um die Asylverfahren zu beschleunigen. Wem der Anspruch auf Asyl und Bleiberecht verneint würde, müsse zügig in sichere Länder zurückgeführt werden; dies sei heute nicht zu verschweigen oder schönzureden.
Durch die hohe Zahl der Flüchtlinge brauchte man weiterhin mehr Personal auf vielen Ebenen: „Zum Gelingen der Integration gehören Erziehung, Bildung und Qualifizierung.“ Hierzu würden schon jetzt mehr Erzieher und Lehrer benötigt, mehr Sozialarbeiter, mehr Berater in der Arbeitsvermittlung, mehr Geld für den sozialen Wohnungsbau. Dabei, so Schöttelndreier, müssten auch die jetzt vorhandenen Langzeitarbeitslosen und einheimischen Wohnungssuchenden mit einbezogen werden.
Einer der Gastredner und selbst Bewohner der Flüchtlingsunterkunft, Ilyas Sabri Ali, Jeside aus dem Irak, erzählte von Verfolgungen seiner Glaubensgruppe in seiner Heimat. Er lobte, dass in Deutschland das Gesetz für alle gelte, nicht nur für den der es sich kaufen könne. Wäre Frieden in seinem Land, und Freiheit, würde niemand es verlassen. Ein weiterer Redner, Mohammad Ahmad, kommt aus Syrien. In seiner Heimat war er Geschäftsinhaber. In einem Boot flüchtete er mit seiner Frau und seinen zwei Kindern über das Mittelmeer von Ägypten nach Italien. Insgesamt saßen 74 Menschen in dem von Schleppern organisierten Boot ohne Essen und Trinken. Dejan Mucic kommt aus Albanien und ist schon seit über drei Jahren in Deutschland. Im Moment macht er an den Berufsbildenden Schulen in Rinteln einen Abschluss in Metallverarbeitung. Drei Schicksale von vielen.
Auch seitens des Familienpatenprojekts des Kinderschutzbundes berichteten die Paten Susanne Knecht, Maria Gawinski und Frank Mottulla von ihrer Arbeit mit einer aus dem Kosovo stammenden Familie mit vier Kindern. Für Musik sorgte der Chor „Joyful Voices“. Zum Abschluss widmeten sich die Gäste der Beschäftigung, die alle Länder und Kulturen gemeinsam an einen Tisch bringt: Essen. Das reichhaltige Buffet lud ein zur Nahrungsaufnahme, aber auch zu Kommunikation und Austausch. Integration, und da mochte wohl niemand widersprechen, geht eben auch durch den Magen.