Sie heißt Boshra, ist erst sechs Tage alt und schläft tief und fest in ihre Decke eingewickelt. Ihre Mutter gab sie kurz in die Hände von DRK-Mitarbeiterin Ute Hornbostel, um die Windel des Sohnes wechseln zu können.
Zusammen mit 52 anderen Flüchtlingen war die in Berlin geborene Boshra auf dem Weg von der Flüchtlings-Erstaufnahmestelle in Braunschweig zu einer Einrichtung in Bad Iburg. Heute morgen um 8:00 Uhr starteten sie mit dem Bus auf die Autobahn. Doch Schnee und Eisglätte gestalteten die Fahrt problematisch. Staus, Sperrungen, stockender Verkehr – wer heute auf der A 2 unterwegs war, hatte es schwer. Ute Hornbostel kann das bestätigen. Vier Stunden brauchte sie heute aus Hannover bis zur Flüchtlingsunterkunft in der Prince Rupert School. Die Heimfahrt spart sie sich, sie übernachtet lieber in Rinteln.
Am späten Nachmittag dann die Entscheidung: Die Weiterfahrt des Busses macht unter den Witterungsbedingungen keinen Sinn mehr. Also wurde umgeplant. Der Busfahrer fuhr in Rehren von der Autobahn ab und steuerte gegen 18:00 Uhr die DRK-Einrichtung im Wilhelm-Busch-Weg in Rinteln an. Der Leiter der Flüchtlingsunterkunft, Eckhard Ilsemann, ließ kurzfristig die Kapazitäten hochfahren um die 53 Syrer, Kurden, Iraker, Iraner, Serben, Algerier und Eritreer aufzunehmen. Das war kein Problem, denn die Einrichtung ist auf 600 Menschen ausgelegt, war über die Feiertage mit rund 450 Flüchtlingen also gar nicht voll ausgelastet.
Schnell organisierten die DRK-Helfer Nahrungsmittel und Getränke für die hungrigen und durstigen Menschen, die jetzt zunächst einmal in Räumen der ehemaligen Prince-Rupert-School bleiben. Sehr beliebt und im Nu aufgegessen waren Orangen und Brötchen – bei den Kindern standen Süßigkeiten hoch im Kurs. Einige der Flüchtlinge hatten Elektrogeräte dabei. Aus Brandschutzgründen besteht aber eine seitens der Polizeidirektion Göttingen festgelegte Obergrenze von 250 Watt für elektrische Geräte in der Unterkunft, berichtet Ilsemann. Haartrockner oder Wasserkocher sowie alles, was oberhalb dieser Leistungsgrenze liegt, muss daher abgegeben werden. Die Geräte werden mit Namen versehen und bei Weiterreise oder Auszug aus der Einrichtung wieder ausgehändigt.
Zwischenzeitlich spricht der Vater der kleinen Boshra über seine Reise. Die Familie aus Algerien habe in Berlin einen Asylantrag gestellt, sei daraufhin ins Aufnahmezentrum nach Braunschweig geschickt worden. Dort haben sie eine Nacht verbracht und sind dann in den Bus gestiegen, der sie jetzt nach Rinteln brachte. DRK-Mitarbeiter Wissem Ben Larbi kümmert sich derweil um die Verteilung der Flüchtlinge auf die Zimmer, muss dabei ethnische Gesichtspunkte beachten und passt auf, dass Konfliktpotenzial im Vorfeld vermieden wird. Heute abend machen die Helfer „Überstunden“ in der ehemaligen Prince-Rupert-School, bis alle neu angekommen Flüchtlinge ihre Zimmer zugewiesen bekommen. Wichtig sei laut Ilsemann, dass man mit dem Herzen bei der Sache sei. Gute Vorbereitungen würden zu einem guten Funktionieren der Einrichtung beitragen, so der Leiter.
Nach einiger Zeit lichtet sich der Raum, in dem eben noch 53 Flüchtlinge gegessen und getrunken und ihre Handys geladen haben. Neben den Grundbedürfnissen wie Nahrung und Getränken, schmunzelt Ilsemann, war Strom für die Mobiltelefone nämlich mindestens genauso stark gefragt.