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Expeditionen ins Tierreich, ein „Auftragsmord“ und „Merkel/Seehofer“ im Rintelner Rat

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Den größten Zündstoff in der Ratssitzung am Donnerstag lieferte der Brückentorkomplex. Nach dem Ausstieg des Investors aus den Plänen zur Sanierung ist das Thema noch lange nicht vom Tisch. Probleme mit der Elektrik im Saal, Probleme mit dem Rauchabzug und der Lüftung sowie Schadstoffuntersuchungen – um den Sanierungsbedarf festzustellen, müssen Fachleute ran. Bis zu 100.000 Euro sollen laut Beschlussvorschlag allein diese Kosten betragen. Saniert ist damit noch nichts, allenfalls ein „Stapel Papier geschrieben“, wie es WGS-Fraktionsvorsitzender Dr. Gert-Armin Neuhäuser umschrieb.

Für diese Summe, die in etwa dem dreifachen durchschnittlichen Jahreseinkommen eines Arbeitnehmers entspräche, müsse man rund vier Jahre lang die Kita-Gebühren erhöhen. Er bezeichnete das Investieren dieser Summe als „Stück aus dem Tollhaus“. Weiterhin glaube er nicht, dass man am Ende zu „validen Zahlen“ kommen werde und prophezeite, dass man hinterher weinen werde und zu dem Schluss käme, dass man das Brückentor ohnehin neu bauen müsse. „Das ist aus meiner Sicht ein Auftragsmord am Brückentor!“, so Neuhäuser. Eine „hässliche Anlage“ am Brückentor würde durch eine „moderne und hässliche Anlage“ ausgetauscht, legte er nach.

Noch plakativer nutzte Astrid Teigeler-Tegtmeier (SPD) die Chance zur Generalabrechnung mit der CDU/WGS/FDP-Gruppe: Diese 100.000 Euro seien die einzige Möglichkeit, „die Kuh namens Brückentor“ vom Eis zu bekommen. Diese Kuh sei ebenfalls mit den Namen Steding, Neuhäuser und Rauch verknüpft, so Teigeler-Tegtmeier weiter. Schließlich hätte ersterer nach der Bauausschuss-Sitzung für Schlagzeilen wie „So vergrault man Investoren“ gesorgt, während letztere noch nachsetzten. Letztlich hätten „riesige Elefanten das Geschirr zerdeppert“. Ein Scheitern, so die Fraktionsvorsitzende der SPD, wäre letztlich immer mit diesen drei Namen verbunden.

Merhfach mahnende Worte von Bürgermeister Thomas Priemer, in dieser Debatte sei kein Raum für Schuldzuweisungen und dass es darum gehe, diese Mittel in die mittelfristige Haushaltsplanung einzubringen, verhallten scheinbar ungehört im Ratskellersaal.

Rauch: „Rintelner Bürger sollen mitbestimmen“

Veit Rauch (CDU) vertrat den Standpunkt, dies sei der Einstieg „uns weiszumachen, dass es sich am Ende des Tages nicht lohnt, den Saal zu sanieren, da es einen immensen Investitionsstau gibt“. Die Bandbreite der möglichen Kosten bezifferte Rauch von möglicherweise einer Million (Sanierung) über 5-10 Millionen für den Neubau einer Stadthalle bis hin zu 15 Millionen Euro im teuersten Fall (Ankauf des kompletten Komplexes und Sanierung in Eigenregie). Angesichts des aktuellen Schuldenstandes der Stadt Rinteln von aktuell rund 18 Millionen Euro würde die wohl beliebteste Variante, und das sei eine neue Halle, eine Erhöhung der Verschuldung um rund 50 Prozent bedeuten. Rauch schlug vor, angesichts der Tragweite solle man „als Rat den Hintern in der Hose haben“ und die Rintelner per Bürgerentscheid mitbestimmen lassen.

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Veit Rauch übergibt den Antrag für einen Bürgerentscheid an Bürgermeister Thomas Priemer (rechts).

Christoph Ochs (Grüne) forschte nach dem „Warum“. Nach einer Sanierung, die möglicherweise eine Million Euro kosten würde, hätte man „einen schicken Saal in einem maroden Haus“. Der Investor sei bereit gewesen, der Stadt den Saal abzukaufen doch er wurde von Teilen der Mehrheitsgruppe vergrault. Als Alternative schlug er vor, mit örtlichen Investoren das Gespräch zu suchen, bevor man 100.000 Euro Planungskosten „wegschmeißen“ würde. Dieter Horn (SPD) argumentierte, am besten sei es, das komplette Gebäude zu verkaufen und eine neue Halle neu zu bauen. Sparkasse und Volksbank hätten deutlich gemacht, aufgrund des hohen Risikos kein Interesse an einem Investment zu haben, sagte er. Man könne den Saal für viel Geld sanieren, das Gebäude bliebe marode. Es gäbe zum Beispiel keine Zeichnungen für Versorgungsleitungen im Gebäude. Und dann die Ungewissheit: Wenn es beispielsweise bei Woolworth durchs Dach regne, könne es in den neu sanierten Saal hineintropfen.

Die Kritik der SPD perlte an Kay Steding (CDU) regelrecht ab: Man habe keinen Investor vergrault, sondern Schaden in Millionenhöhe von der Stadt Rinteln abgewendet, argumentierte er. Der Saal sei andernfalls inklusive Restaurant fast für deutlich unter eine Million Euro „verschenkt“ und dann über Jahre für Millionen zurückgemietet worden, das sei keine seriöse Politik.

Sasse: „Angemessen ist das nicht“

Ungewohnt harsche Kritik an Neuhäusers Rede kam vom WGS-Kollegen Sasse, wodurch sich CDU-Fraktionsvorsitzender Rauch zu einem Vergleich mit Angela Merkel und Horst Seehofer inspiriert sah. Die Bezeichnung „Auftragsmord“ sei für Schlagzeilen geeignet, rügte Sasse, „angemessen ist das aber nicht“. Er nannte Neuhäusers Argumentation die „inhaltloseste Stellungnahme seit langem“ und erklärte, laut Kaufvertrag von 1987 besitze die Stadt Rinteln mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile (genau: 5.354 von 10.000). Laut vorliegender Teilungserklärung sei die Stadt somit für sämtliche anfallenden Lasten und Kosten im gemeinschaftlichen Eigentum mitverantwortlich. (Sasse senior, Sasse junior und Jens Maack hatten dies in einer Antragsbegründung im Vorfeld bereits mitgeteilt).

„Ich weiß nur nicht, wer von den beiden Merkel ist“: CDU-Fraktionsvorsitzender Veit Rauch sah sich durch die Kritik Sasses (links, stehend) an Neuhäusers Ausführungen (rechts neben Sasse) zum Vergleich mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesinnenminister Horst Seehofer inspiriert.

Heiner Bartling (SPD), der sich eigenen Angaben zufolge angesichts der Debatten immer entschieden hat, sich im Zweifelsfall mit Worten zurückzuhalten, schaltete in den Angriffsmodus und ging die CDU/WGS/FDP-Gruppe scharf an. Seit der Kommunalwahl 2016 sei man stetig mit der „neuen Mehrheit“ konfrontiert und den Äußerungen das „rot-grüne Chaos“ sei endlich weg. Wenn man das Ergebnis betrachte, seien zwei Ergebnisse vorzuweisen – die Verzögerung des IGS-Neubaus und beim Brückentorsaal sei der Investor – und 6 Millionen Euro Investition – weg. „Ich weiß zwar nicht, was ich will, aber das mit aller Kraft“, kommentierte er das Verhalten der Mehrheitsgruppe.

Die Rednerliste wurde immer länger, ein Ende der Debatte, die schon längst vom Thema abgerückt war. rückte in weite Ferne. Letztlich hatte Uwe Vogt (CDU) ein Einsehen und stellte einen Geschäftsordnungsantrag, damit die Diskussion nicht noch stundenlang weitergehen würde. Nachdem auch die letzten Redner zu Wort gekommen waren, forderte Christoph Ochs, den Beschlussvorschlag abzusetzen („wenn Sie sowieso neu bauen wollen, geben Sie bitte nicht erst 100.000 Euro für die Ermittlung von Sanierungskosten aus“). Damit kam er nicht durch. Bei der Abstimmung über die Beschlussvorlage der Verwaltung gab es acht Gegenstimmen und eine Enthaltung. Der Rest stimmte dafür und machte den Weg frei zur Ermittlung des Sanierungsbedarfs im Brückentorsaal.

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