(Rinteln) Das langjährig diskutierte Fahrradkonzept wird nun in Salami-Taktik umgesetzt. Die Scheibchen werden jedoch immer dünner. Jetzt wurde im Ortsrat die Einrichtung der sogenannten „Fahrradzone westliche Altstadt“ diskutiert. Dieses Mal unter Anwesenheit der Feuerwehr. Nachdem in der vergangenen Sitzung Gesprächsbedarf mit den ehrenamtlichen Brandbekämpfern geäußert worden war, bekam Ortsbrandmeister Sebastian Westphal die Gelegenheit, sich zu den Plänen zu äußern.
„In letzter Zeit wird viel über uns geredet, aber wenig mit uns“, wurde Westphal deutlich. Der Haupt-Kritikpunkt der Feuerwehr richtete sich nicht gegen das Konzept selbst, sondern um die befürchteten, verlängerten Anfahrzeiten der Ehrenamtlichen mit ihren Privatwagen zum Feuerwehrhaus, sollte man tatsächlich mit dem zunehmenden Radverkehr umgehen müssen. Die Bedenken habe man der Verwaltung 2023 schriftlich mitgeteilt, seitdem sei nichts passiert, so der Ortsbrandmeister. Die Punkte seien legitim, in Bad Nenndorf habe man aufgrund dessen sogar eine Fahrradzone gar nicht erst eingerichtet. Für Rinteln schlug Westphal vor, den Verlauf der Zone zu ändern.
Zur Erinnerung: Vorgeschlagen war, das komplette Quartier von der West-Contrescarpe bis über die Drift hin zur Graf-Adolf-Straße in eine große Fahrradzone zu verwandeln. Radfahrer hätten dort Vorrang gegenüber Autos, dürften nebeneinander fahren und Durchgangsverkehr wäre nicht erlaubt. Doch genau die Drift und die Dauestraße seien nach Errichtung der Fußgängerzone die letzte schnelle Nord-Süd-Verbindung, mahnte Westphal. Man könne die Beschwerden der Anwohner über den gestiegenen Ausweichverkehr verstehen, doch dürften Konzepte nicht zu Lasten der Sicherheit gehen, indem sich die Ausrückfristen dadurch erhöhen, dass Feuerwehrmitglieder länger bräuchten, um zum Hauptquartier in der Seetorstraße zu gelangen.
Ortsbrandmeister Sebastian Westphal: „Konflikte sind vorprogrammiert. Die Drift und die Dauestraße sind die letzte verbliebene, schnelle Nord-Süd-Verbindung seit Errichtung der Fußgängerzone“
Westphal bedankte sich auch für die rund 60 „Probefahrten“, in denen ehrenamtliche Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft FahrRadKonzept die Fahrzeiten ermittelt hätten, „die Fahren führen wir allerdings schon seit 27 Jahren durch“, schilderte Westphal. Bei Errichtung der Fahrradzone nach den geschilderten Plänen würden sich wohl viele Kameraden Ausweichrouten suchen müssen. Würde man ausschließlich die West-Umgehung nutzen, bedeute dies bei den bekannten Einsatzzahlen rund 1.300 Kilometer zusätzlich für jedes Mitglied, die aus eigener Tasche zu bezahlen wären – vom ökologischen Aspekt ganz zu schweigen. Letztlich müsse man beurteilen, ob sich das Feuerwehrhaus an der Seetorstraße überhaupt noch an der richtigen Stelle befinde, wurde Westphal deutlich.
Zuschauer und die anwesenden Mitglieder der Arbeitsgruppe wurden Zeugen eines zähen Ringens um einen Kompromiss. Ortsbürgermeister Joachim Spohr (SPD) schlug vor, die Fahrradzone erst einmal zu beschließen, sich nach sechs Monaten erneut zusammenzusetzen und über die Erfahrungen zu sprechen: „Wir müssen doch mal etwas probieren“. Einen anderen „Vorschlag zur Güte“ äußerte Matthias Wehrung (CDU): „Die Drift und die Dauestraße aus der Fahrradzone herausnehmen“ und so die Interessen der Feuerwehr berücksichtigen.
Er finde es „betrüblich“, dass das Fahrradkonzept seit 2019 Thema sei, zeigte sich Stephan Jacob (Grüne) genervt, und erst jetzt sei es „zur Feuerwehr durchgesickert“. Ortsbrandmeister Westphal konterte, er fände es ebenfalls „betrüblich“, erst so spät von der Verwaltung damit konfrontiert worden zu sein. Als sein Stellvertreter Marco Behrens am 6. Juni diesen Jahres zu einer Arbeitskreissitzung geladen wurde, hatte dieser den Eindruck, dass „der Drops in Sachen Fahrradzone schon gelutscht sei“. Auf wiederholte Nachfrage von Kilian Weers (SPD) gab Ordnungsamtsleiterin Ute Grieger bekannt, dass es im Vorfeld tatsächlich keine weitere Einladung für die Feuerwehr bei der Erstellung des Konzepts gegeben habe. Kay Steding und Gunnar Dubiel (CDU) berichteten ergänzend von ihren Berechnungen, nach denen es unter Einhaltung der Straßenverkehrsordnung mit dem vorgeschriebenen Abstand und den geltenden Höchstgeschwindigkeiten gar nicht möglich sei, einen Fahrradfahrer, der mit 20 km/h in der Fahrradzone unterwegs ist, legal zu überholen.
Letztendlich kippte nach rund einstündiger Diskussion das Konzept einer Fahrradzone, wie sie die Verwaltung vorgeschlagen hat. Der Ortsrat stimmte für den CDU-Vorschlag: Die „Drift“ und die „Dauestraße“ bleiben damit ganz normale Verkehrsstraßen.
(vu)
Anfahrt vom Pferdemarkt bis zum Feuerwehrhaus Seetorstraße
Diese Zeiten hat die Ortsfeuerwehr Rinteln ermittelt:
Durch die „Drift“ und die „Dauestraße“: 2:42 Minuten und 1,7 Kilometer.
Über die Westumgehung: 5:13 Minuten und 4,4 Kilometer.Über die Westumgehung/Burgfeldsweide/Friedrich-Wilhelm-Ande-Straße: 4:44 Minuten und 3,6 Kilometer.