Ausgerechnet die Niedersächsische Landesschulbehörde brachte Reinhold Lüthen auf die Idee, seinen Ruhestand zu beantragen. Der Schulleiter des Gymnasiums Ernestinum in Rinteln berichtete bei einem feierlichen Empfang anlässlich seiner Verabschiedung in den Ruhestand von einem Seminarbesuch, den die Behörde organisiert hatte. Dabei sollten die Teilnehmer ein Zentimeter-Maßband nehmen und ihre erhoffte Lebenserwartung abschneiden. Dann, so Lüthen, den nächsten Schnitt bei ihrem jetzigen Alter machen. Übrig blieb ein kurzes Stück von knapp 20 Zentimetern. Da war der Entschluss gefasst, aufzuhören.

Anlässlich einer kleinen Feierstunde in der vollbesetzten Aula des Ernestinums nahmen zahlreiche geladene Gäste aus Politik, Wirtschaft, Kollegium, Elternschaft und Vertreter öffentlicher Institutionen an der offiziellen Verabschiedung Lüthens in den Ruhestand teil. Seine Nachfolge tritt ab dem 1. Februar der bisherige Stellvertreter André Sawade an.

1953 in Schleswig geboren, absolvierte Lüthen sein Studium in Kiel und wechselte in den Schulbetrieb nach Hessen, von wo er nach Stationen am Gymnasium in Walsrode unter stetiger Fort- und Weiterbildung in den Neunziger Jahren ans Ratsgymnasium Stadthagen wechselte. 2001 wurde er Schulleiter am Ernestinum, begleitete und initiierte zahllose Projekte sowie Veränderungen. 2001 – die erste LAN-Party, 2002 und 2003 die ersten Schüleraustausch-Aktionen mit Kendal und Rom, 2004 nach der Schulreform die erstmalige Einschulung des Jahrgangs 5 nach Wegfall der Orientierungsstufen, 2006 der Kampf gegen die Abschiebung einer Familie, 2009 die Gründung der Schülerfirma, Aufzeichnung der ersten BigBand-CD und das Ernestinum als „Umweltschule“, 2013 die Inbetriebnahme der „iServ“-Computerplattform für Schüler und Lehrer, 2015/16 die USA- Schulpartnerschaft und nicht zuletzt 2017 die einwöchige Feier zum 200-jährigen Schuljubiläum. „Gelassen“, so war den zahlreichen Gastrednern an diesem Nachmittag zu entnehmen, manövrierte Lüthen das Ernestinum durch so manche Schulreform und passend dazu flankierte Sawade mit dem Satz, der prägend für die Amtszeit des Schulleiters stand: „Wir können den Wind nicht ändern, aber wir können die Segel anders setzen.“

Passend dazu überreichte Sawade seinem Vorgänger in spe ein „Abschiedsgeschenk unterhalb der Bestechungsgrenze“, einen Kugelschreiber mit Ernestinum-Gravur und ein Etui, aus dem roten Teppich gefertigt, der zum 200-jährigen Jubiläum vor dem Schulgebäude ausgerollt war. Grußworte überbrachten Andreas Stein vom Niedersächsischen Kultusministerium, Roswitha Strickstrack-Garcia von der Niedersächsischen Landesschulbehörde, Landrat Jörg Farr, sowie Elternvertreter, Mitglieder des Kollegiums und Schüler. Wilfried Korte, Polizeichef und Mitglied des Präventionsrates, überreichte einen Abdruck von Udo Lindenbergs Kunstwerk „Nazifreies Rinteln“, natürlich mit Genehmigung des Künstlers, als Erinnerung an die gute Zusammenarbeit zwischen Schule und Präventionsrat.
Die Ernestinum BigBand unter der Leitung von Daniel Ellermann begleitet die Zeremonie mit musikalischen Darbietungen. Das akustische Geschenk an den scheidenden Schulleiter: „My Way“ von Frank Sinatra. Sichtlich gerührt von so vielen Glückwünschen gab Lüthen zum Abschied noch eine Anekdote zum Besten: Als die Nachricht vom zukünftigen Ruheständler auf Lüthens Lieblingsinsel Föhr die Runde machte und Nachbarn seine Frau fragten, was ihr Gatte denn mit all der gewonnenen Zeit anfangen werde, antwortete diese im Scherz, es werde ein Nachhilfe-Zentrum eröffnet: „Lüthens Lütte auf Föhr“.

