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„Gott hat mich aus dem Gefängnis geführt“: Johannes Kneifel im Ernestinum

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Bei der Autorenlesung im Ernestinum passte das Wetter perfekt zum Einstieg in Johannes Kneifels Werk. Draussen prasselten die Regentropfen an die Fensterscheiben der Mensa und auch in Kneifels Erzählung aus seinem Leben prasselten die Eindrücke auf die Zuhörer nieder.

So wie im Gefangenentransport, der ihn nach der Tat in die Haftanstalt brachte. Ein Tag, an dem es regnete. Kneifel berichtete von dem Scherbenhaufen, vor dem er stand. Er hatte einen Menschen so brutal zusammengeschlagen, dass dieser an den Folgen seiner Verletzung gestorben war. „Körperverletzung mit Todesfolge“ heißt so etwas im Juristendeutsch.

Im Alter von 13 Jahren war Kneifel in Kontakt mit der rechtsradikalen Szene gekommen, er glaubte, zum ersten Mal so etwas wie einen Wert zugesprochen zu fühlen. Seine Eltern waren körperlich schwerbehindert, es fehlte an Geld, an allem. Kneifel schämte sich, glitt ab. Die „neuen Kontakte“ in der Neonazi-Szene empfand er als spannend. Er suchte Anschluss, „wie alle sozialen Wesen“. Dabei merkte er gar nicht, dass er in den Jahren in der Szene immer weiter an seinem Ziel, etwas zu verändern, vorbeiläuft.

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Johannes Kneifel ist heute als Pastor tätig.

Die Tat brachte ihm fünf Jahre Gefängnis in der Jugendhaftanstalt in Hameln ein. Dort saß er mit Leuten zusammen, die er normalerweise verachtet hatte: Menschen anderer Religion, Hautfarbe und Herkunft. „Doch im Knast fängt jeder bei Null an“, sagte Kneifel. Gerade die Menschen, die er so hasste, gaben ihm eine zweite Chance. Das ging freilich nicht von heute auf morgen vonstatten. Nach vier Jahren schien der Auftrag der Resozialisierung für den Häftling Kneifel zunächst fehlgeschlagen. Es sah so aus, als würde er noch viel länger im Knast bleiben müssen als ursprünglich vorgesehen. Doch dann fand er zum Glauben, hatte sein Erlebnis mit Gott und kam zu dem Punkt an dem Gott sein Leben ändern würde, doch: „Ich muss es selbst in Bewegung setzen.“

Große Passagen aus seinem Werk „Vom Saulus zum Paulus“ las der an dem Abend aus Regensburg angereiste, geläuterte Pastor dabei nicht vor. Er erzählte weite Teile seines Lebens frei nach, schilderte seine Erlebnisse und versuchte den Gästen zu vermitteln, was da eigentlich mit ihm passiert war. Seine damalige Freundin war der einzige Grund, warum Kneifel im Knast nicht Selbstmord begangen hat. Sie gab ihm Kraft, war eine Bezugsperson für die es sich zu leben lohnte.

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Die junge Liebe – sie hatten sich erst kurz vor seiner Tat kennen gelernt – zerbrach während der Haftzeit, doch das Gefühl, weiterleben zu wollen, blieb. So fragten die Zuschauer dann auch nach, ob es nicht auch einen Ausstieg aus der Neonazi-Szene hätte geben könnten – ohne die Tat und den Weg ins Gefängnis. Kneifel bejahte, das wäre sicher passiert wenn er seine damalige Freundin früher kennengelernt hätte: „Aber ein Stück weit war es einfach Gottes Fügung.“

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