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Haushalt 2016 bringt den Rat zum Brodeln

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Eigentlich sollte es „nur“ eine Haushaltsdebatte werden, doch es uferte schnell aus und wurde emotional. Wo die Ratsmitglieder in der vorletzten Sitzung zum Thema „WLAN in Rinteln“ nicht mit Wortgefechten sparten, verschossen sie ihre verbale Munition in der jüngsten Ratssitzung bei der Diskussion über die Verabschiedung des Haushaltsplans 2016.

Stadtkämmerer Jörg Schmieding legte in seiner Rede die Zahlen auf den Tisch. Das Rechnungsjahr 2014 schloss mit einem positiven Jahresergebnis in Höhe von 250.000 Euro. Die Schulden stiegen um 2,4 Millionen auf 19,8 Millionen Euro. Eine einmalige Gewerbesteuernachzahlung sowie höhere Schlüsselzuweisungen des Landes Niedersachsen ermöglichten im Jahr 2015 die Schuldentilgung von fast 2 Millionen Euro statt der geplanten 400.000 Euro. Für die Haushaltsjahre 2016 bis 2019 sei ein ausgeglichener Haushalt vorgesehen.

Der Haushaltsplan für 2016 weist ein Volumen von 41,2 Millionen Euro aus. Das geplante Jahresergebnis beträgt 897.200 Euro, was auf Einsparmaßnahmen durch die Verwaltung, Rückführung des Gebäudemanagements von der GVS zurück ins Rathaus, die Erhöhung der Realsteuerhebesätze um jeweils 20 Punkte und die derzeit gute, gesamtwirtschaftliche Lage zurückgeführt. Die verminderten Einnahmen aus Schlüsselzuweisungen des Landes Niedersachsen aufgrund der Mehreinnahmen an Steuern 2015 kommen erst 2017 zum Tragen.

Für 2016 sind 5,2 Millionen Euro an Investitionen geplant. Über 1,1 Millionen davon fließen in den Brandschutz, etwa zum Neubau der Feuerwehrgerätehäuser in Krankenhagen und Schaumburg, Digitalfunk und Fahrzeuge für die Feuerwehren. Es folgen Zuschüsse in Höhe von 250.000 Euro für das VTR Sport- und Gesundheitszentrum und an 88.000 Euro an den SV Engern für den Ausbau des Sportheims, den Straßenbau (1,6 Millionen Euro für den Vollausbau der Krönerstraße, Schraderstraße und Ostpreußenweg. Dorferneuerungsmaßnahmen Dahlienstraße, Westendorfer Straße und den Radweg am Kloster Möllenbeck), 100.000 Euro für den zweiten Waldkindergarten, 135.000 Euro für den Breitbandausbau in den Ortsteilen und 479.000 Euro für Investition in Maschinen und Betriebsausstattung des Bauhofs.

Finanziert werden die Investitionen durch Zahlungsüberschüsse aus Rückstellungen und Abschreibungen (2,18 Millionen), Beiträge und Zuschüsse Dritter (ca. 870.000) und einer Kreditaufnahme von 2,6 Millionen Euro. Für die Schuldentilgung sind 2017 450.000 Euro, 2018 500.000 Euro und 2019 550.000 Euro eingeplant.

02 rintelnaktuell ratssitzung politik verwaltung
Astrid Teigeler-Tegtmeier (SPD).

Astrid Teigeler-Tegtmeier eröffnete die Debatte, in dem Sie daran appellierte, in 2016 alle Kräfte zu mobilisieren um den Investitionsberg abzubauen, da 2017 ja weniger Geld vom Land Niedersachsen zu erwarten sei. Mit sechs eingebrachten Anträgen stehe die SPD-Ratsfraktion an der Spitze der Antragstellungen, so werde der Gestaltungswille für die Stadt mehr als deutlich. Sie betonte, die „illusionären Überlegungen der CDU“ bezüglich eines Neubaus der Kita Steinbergen hätten mit 1,5 Millionen Euro zu Buche geschlagen, während die von der SPD favorisierte Lösung eines Anbaus die Kasse mit nur 334.000 Euro belaste. Auch in puncto Bahnhofstoiletten, wo sich aufgrund des desaströsen Zustands schon etliche Bürger „in die Büsche“ schlagen mussten, erging der Antrag seitens der SPD, so Teigeler-Tegtmeier, der CDU und WGS sei dieses Thema nur eine Absage, respektive Enthaltung wert. Ob Bewegungspark, Abschaltung des Park- und Informationsleitsystems, Ergänzung des ÖPNV auf den Dörfern, Teigeler-Tegtmeier nutzte die Gelegenheit auf die Aktivitäten der SPD zu verweisen – und fragte in Richtung der CDU und WGS, ob es für diese angesichts von lediglich zwei gestellten Anträgen „überhaupt Dinge gibt, die Sie angehen wollen?“. Durch deren regelmäßige Verweigerung zur Zustimmung der Haushalte, könnten sie sich auch nicht im Anschluss als die „großen Sparkommissare“ hinstellen. Sie sei gespannt, wie die CDU und WGS die Welt oder die Stadt retten wollten.

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04 rintelnaktuell ratssitzung politik verwaltung
„Alles schon mal dagewesen“: Stehend zeigten Friedrich-Wilhelm Rauch, Kay Steding, Veit Rauch (alle CDU), der SPD ihr Konzept „Rinteln 2030“ von 2006.

Veit Rauch (CDU) erinnerte daran, dass Rinteln seit Jahren keine positive Entwicklung aufzuzeigen habe. Der Überschuss im Ergebnishaushalt sei erfreulich, bezahlt hätten dies jedoch die Bürger durch die Erhöhung der Gewerbesteuer und Grundsteuer. Die niedrige Zinsentwicklung sei ein Segen, doch bei einem Anstieg sei die Rechnung Makulatur. Allein bei drei Prozent Zinsen sei mit Mehrkosten von 600.000 Euro zu rechnen. Das zurückliegende Jahr nannte das Jahr der Glanzleistungen. Zuerst habe die SPD versucht, mit einem rechtswidrigen Ratsbeschluss zur Einstellung eines neuen, ersten Stadtrats „Kohle zu verblasen“, dann folgte die Diskussion über das WLAN, wobei die Verwaltung erst abwarten wollte dass schnelles Internet in allen Ortsteilen verfügbar sei, so Rauch: „Selbst im hochverschuldeten Berlin gibt es 650 WLAN-Hotspots.“ Dann folgte ein Hinweis auf das nach Ansicht der CDU verstaubte Programm „Rinteln 2030“ der SPD, das die CDU bereits vor fast 10 Jahren vorgestellt hatte. Er bezeichnete das Programm als „unrealistische Fantastereien“ und „nicht finanzierbar“. „Eine schwarze Null“, müsse in Rinteln ganz oben stehen. Den Haushaltsentwurf, so Rauch, wolle man ablehnen.

08 rintelnaktuell ratssitzung politik verwaltung
Gert Armin Neuhäuser (stehend, WGS) verärgert Ursula Helmhold (Grüne), die darauf vorübergehend den Ratskellersaal verlässt.

Gert Armin Neuhäuser (WGS) verglich die Situation mit dem Tritt in einen Hundehaufen, bei dem man denkt, die Schuhe hätten eine neue Farbe bekommen. Der Abbau des Investitionsbergs erfolge auf Kosten neuer Schulden. Auch zweifelte er an, dass man sich in zehn Jahren noch an dem Bewegungspark erfreuen werde. Nach eigenen Angaben zeigte er sich entsetzt über die Mentalität, die bei der SPD herrsche: „Die Beschlussvorlage kann noch so bekloppt sein, sie stammt von der Verwaltung also stimmen wir zu.“ Neuhäuser führte an, der Schuldenstand habe sich von rund 10 Millionen Euro im Jahr 2011 auf fast 20 Millionen Euro in 2014 nahezu verdoppelt. Bis 2019 liege man bei mindestens 27 Millionen Euro Schulden. „Bei der derzeitigen Tilgung“, so Neuhäuser, „dauert es 50 Jahre bis die Schulden abgebaut sind.“ Zwei nachfolgende Generationen seien mit Zins und Tilgung belastet. „Ich prophezeie, das dicke Ende dieser Finanzpolitik kommt nach der Wahl. Jetzt vor der Wahl wird es abgestritten.“, sagte er. In Richtung des Platzes des abwesenden Zlatko Stevic sagte er, hier habe jemand Rückgrat bei der Abstimmung zur Wahlbeamtenstelle bewiesen, leider könne er ihm nicht persönlich danken. Er merkte an, die 35.000 Euro zur Sanierung der Bahnhofstoiletten stecke man in ein fremdes Haus. 500 Euro Pacht plus 120 Euro Reinigungskosten zahle man pro Monat. Horden von am Bahnhof ankommenden Menschen, die ihr Bedürfnis in der dortigen Toilette verrichten müssten, erkenne er nicht. Die Investition hielt er für „grotesk“ und sagte, das einzige was diese Stadt noch retten könne, seien die Bürger die die jetzigen Vertreter nicht wählen würden. Die Investition ins Bahnhofsklo beantragte er, aus dem Haushalt zu streichen.

06 rintelnaktuell ratssitzung politik verwaltung
Ursula Helmhold (Grüne).

Ursula Helmhold (Grüne) bezeichnete Neuhäuser als „Wahrsager“ und sagte, aus Richtung der CDU und WGS würde man doch nur „olle Kamellen“ hören. Rinteln müsse nicht gerettet werden, die Bürger lebten gerne in dieser Stadt. Sie nannte Neuhäuser den „Vater“ des jetzt abzuschaltenden Parkleitsystems, das nach langer Abstimmungsphase doch noch eingeführt wurde. Helmhold kritisierte Neuhäusers Meldung auf der Bürgerversammlung in der Steuerakademie und seine Nachfrage, ob die Rintelner Polizei denn ausreichend besetzt sei, dies sei „unter aller Kanone“ gewesen. Matthias Wehrung (CDU) habe dem noch „die Krone aufgesetzt“, als er Artikel aus dem Focus vorlas, welche Vorfälle und Straftaten es alle in Asylunterkünften gegeben habe. „Verantwortliche Politik schürt keine Ängste, sondern informiert und gibt Hilfestellung“, sagte sie.

07 rintelnaktuell ratssitzung politik verwaltung
Heinrich Sasse (WGS) bezeichnete Helmhold als „Mutter des Millionengrabes“.

Heinrich Sasse (WGS) sagte, Helmholds Reden werden mit zunehmender Ratszugehörigkeit zu Predigten. Sie habe nicht den Mut, mit „dagegen“ zustimmen und sei die „Mutter des Millionengrabes“. Das Wahljahr stünde bevor, mit der Folge dass von den vom Bürgermeister angekündigten Einsparungen nichts mehr zu hören sei, „dafür 2017 umso mehr“. Durch die erst 2017 sinkenden Schlüsselzuweisungen des Landes Niedersachsen, wolle man die Stadt im Kommunalwahljahr 2016 schonen. Teigeler-Tegtmeiers Aufzählung der Anträge konterte er, lieber stelle man keinen Antrag und spare aktiv Geld ein, als zehn Anträge zu stellen und das Geld „rauszuhauen“. Sasse führte aus, man habe die Einstellung eines teueren, ersten Stadtrates verhindert und stattdessen einen hochqualifizierten Juristen gewonnen, die eingesparte Geldsumme liege nicht zwischen einem und 100 Euro, sondern über 470.000 Euro.

 

Karl Lange (SPD) mahnte alle dazu, sich an die eigene Nase zu fassen. Man könne sich streiten und fetzen, aber nicht persönlich beleidigen. Heiner Bartling (SPD) wechselte kurzzeitig vom Platz des Vorsitzenden in die Sitzreihen der Ratsherren (seinen Platz übernahm vorübergehend Christoph Ochs) und hakte, nachdem alte Debatten wieder aufgegriffen wurden, bei dem von der Opposition verbreiteten Begriff des „rechtswidrigen Ratsbeschlusses“ ein. Auch Ratsherr Stevic habe sich von der These beeindrucken lassen, der Ratsbeschluss sei rechtswidrig. Auch Neuhäusers „inquisitorische“ Frage, so Bartling, ob Schröder die Kandidatin auf seine Nachfolge gekannt habe, habe den weiteren Anschein erweckt, hier sei „etwas geschoben“ worden. Ausserdem, so Bartling, habe Neuhäuser Schröder seinerzeit ebenso gekannt, wie er es Schröder jetzt vorgeworfen habe. Darauf entgegnete Neuhäuser, dass Bartling seine beste Zeit hinter sich habe und nicht den Mut habe , „sich von Edathy zu distanzieren“.

Allen Wortgefechten und verbalen Scharmützeln zum Trotz, das Ergebnis war frühzeitig absehbar: SPD und Grüne stimmten für den Haushalt, CDU und WGS dagegen. Somit ist der Haushalt 2016 verabschiedet und beschlossen. Inklusive Bahnhofstoiletten.

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