(Rinteln) Die Satzung zur Durchführung von Bürgerentscheiden, in der Ratssitzung Ende Juni nach heftiger Diskussion um die Grundwerte der Demokratie beschlossen, ist nun Geschichte. Darin sollte die Anzahl der Wahllokale in Rinteln auf elf festgelegt werden, statt wie bei den Kommunalwahlen üblicherweise auf 27. Unter anderem von Dr. Gert Armin Neuhäuser (Fraktionsvorsitzender der WGS) kam daraufhin starke Kritik und der „Wink mit dem Zaunpfahl“ auf mögliche juristische Konsequenzen. Bürgermeister Thomas Priemer legte schließlich gegen die Satzung Einspruch ein, um einem möglichen Rechtsstreit zuvor zu kommen und so eine weitere Verzögerung in Sachen Brückentorsaal zu verhindern.
Wie zu erwarten war, ging dieser Tagesordnungspunkt auf der jüngsten Sonder-Ratssitzung nicht „geräuschlos“ über die Bühne. Neuhäuser kritisierte den ursprünglichen Beschluss, der seiner Ansicht nach „objektiv rechtswidrig“ sei und ging hart mit einzelnen Ratsmitgliedern ins Gericht. Kritik gab es vorneweg für die Verwaltung. Es gebe keine zwei „gegenläufigen rechtlichen Sichtweisen“, zwischen denen man sich entscheiden müsse, es gebe kein Argument, das die Stadt Rinteln für die ursprünglich verabschiedete Satzung anführen könne. Dass die SPD damals der Satzung zustimmte, brachte Neuhäuser in Rage: „Je weniger im Kopf drin ist, desto leichter fällt das Nicken“. Regelrecht auf die Palme brachte den WGS-Fraktionsvorsitzenden die Aussage Teigeler-Tegtmeiers, der Verwaltung in Sachen Beschlussvorlage „vertraut zu haben“: Wenn man keine Ahnung habe, müsse man sich einarbeiten, so Neuhäuser. In Richtung der Grünen teilte Neuhäuser ebenfalls aus, da sie seiner Ansicht nach den kommunalen Bürgerentscheid erschweren wollten, sich aber landesweit für mehr Bürgerwillen einsetzten: „In der olympischen Disziplin Doppelmoral hätten die Grünen die ersten drei Medaillenplätze sicher.“ Auch in Richtung seines Parteikollegen Heinrich Sasse, der ebenfalls für die Satzung gestimmt hatte, und die Frage in den Raum stellte, ob darüber schon höchstrichterlich entschieden worden sei, teilte Neuhäuser aus: „Unfug!“. Die Bedeutung einer Verkehrsampel sei auch nicht höchstrichterlich entschieden, sie stehe im Gesetz. Teigeler-Tegtmeier ließ die Verbalattacke nicht auf sich sitzen und konterte damit, sie sei Neuhäusers „aufgeblasenes juristisches Gebahren“ leid. Sie sei Krankenschwester und könne den Gesundheitszustand einzelner Leute bewerten, nicht jedoch juristische Zustände.
Dr. Joachim von Meien (CDU) verdeutlichte anhand von Zahlen, wie hoch die Hürden für einen erfolgreichen Bürgerentscheid seien. Bei der letzten Kommunalwahl lag die Wahlbeteiligung bei 50 Prozent. Man benötige für den Bürgerbescheid 20 Prozent Ja-Stimmen, dies seien insgesamt über 4.000 Bürger, die zustimmen müssten. Diese Hürden wären durch die geplante Satzung noch weiter erhöht worden.
Für Sasse glichen die Debatten im Rat in dieser Ratsperiode „Hahnenkämpfen“ und persönliche Streitigkeit seien „vorgezogener Bürgermeisterwahlkampf“. Das Wahlkampfthema für Neuhäuser, so Sasse, laute „bitte keine Stadthalle vor meiner Haustür“. Die Aufgabe des Rates sei, Sacharbeit zu leisten. In den zurückliegenden 2,5 Jahren habe man „schlicht gar nichts geschafft, das ist eine Katastrophe“.
Der Ratsvorsitzende Matthias Wehrung musste regelnd eingreifen und mahnte die Mitglieder zu Besonnenheit. Uta Fahrenkamp (Grüne) bescheinigte dem Rat, die Diskussionskultur sei „unerträglich“ und stellte richtig, dass Hahnenkämpfe männlich seien. Letztlich mahnte Sasse zur konstruktiven Sacharbeit und Zusammenarbeit mit Bürgermeister Priemer, in Stadthagen und Bückeburg gebe es solche Kämpfe im Rat nicht. Anthony-Robert Lee (CDU), 2018 für Thorsten Frühmark in den Rat nachgerückt und in den sozialen Medien aktiv, mahnte an, der Rat solle sich endlich zusammenraufen. Es gehe immer nur noch um das einzige Thema Brückentor: „Die Leute haben es satt, sie wollen Bewegung sehen.“
Am Ende fiel es – wie erwartet – einstimmig aus: Es wird keine Satzung erlassen. Somit gelten die Regularien wie bei der letzten Kommunalwahl: Die Rintelner stimmen in 27 Wahllokalen über die Zukunft des Brückentorsaals ab, gewählt wird am 10. November 2019.