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Kadosch trifft Isabel

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Isabel ist 76 Jahre alt und herrscht über ihre Finca im kleinen Bergdorf Estellenc, verteilt auf 14 Terrassen, 36 Schafe, 40 Kaninchen, 50-60 Tauben (genau weiß sie das nicht, da die Tauben ständig brüten und der Habicht öfter einmal zuschlägt), 3 Katzen und in den Wasserbassins einige Karpfen und Hunderte von Goldfischen zum Sauberhalten.

Die Finca ist ziemlich verwahrlost, weil sie, die nie verheiratet war – malasuerte! (Schlechtes Glück)) und ihr „kleiner“ Bruder Juan (68) die schwere Arbeit nicht mehr machen können, und die Wohnung in der Ciutat (Palma de Mallorca), schon von den Eltern übernommen, soll schließlich auch gepflegt sein.

Warum sie denn nicht verkauft? Daraufhin holt Isabel einen Briefumschlag aus dem Haus mit dem Hochzeitsfoto ihrer Eltern und erzählt unter Tränen eine rührselige Geschichte vom Vater, der Schwammtaucher vor Kuba war und immer erst nach 8 Monaten bis eineinhalb Jahren zurückkam. Von der Mutter, die ihm 4 Kinder gebar und großzog (die 100 %-Quote war Anfang des Jahrhunderts auf der Insel selbst unter den Begüterten eine Seltenheit). Juan lebt nun bei ihr, arbeitet in der Stadt und auf der Finca. Er ist im Gegensatz zu Isabel misstrauisch und wortkarg. Seit ihm seine Frau mit den 4 Kindern mit einem anderen fortlief, kann Juan keine andere Frau mehr lieben. Auch er will das Land, das sich seine Eltern so mühsam erwarben, nicht verlassen.

Erträge bringt die Finca nicht mehr. Johannisbrot will niemand mehr haben, der Transport zu den Fabriken ist zu teuer und so stapeln sich die prall gefüllten Säcke mit den schwarzen Algarrobas wie ein Zaun die ohnehin schon sehr schmale Auffahrt entlang.

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(Foto: privat)

Weil Isabel die Kaninchen und Schafe viel mit den süßen Schoten füttert, kaufen ihr die Dorfbewohner gern die Tiere ab, ein unbedeutendes aber notwendiges Zusatzeinkommen. Rechnet man allerdings die mühsame Arbeit des Großziehens der Tiere, dann lohnt es sich kaum.

Heute noch kann Isabel nicht verstehen, dass ihr Vater so früh mit 62 Jahren hat sterben müssen. Juan leidet, ebenso wie der Vater, an einem Prostataleiden, die moderne Medizin verlängert ihm aber den trotzigen Kampf gegen die schleichende Verwilderung der Finca.

Ihrer beider Mutter, Doña Beata Isabel, starb im Alter von 85 Jahren, von geistiger Helligkeit noch, aber körperlich schon seit zwei Jahren stark verfallen und pflegebedürftig. Sie muss eine liebevoll strenge Frau gewesen sein, erinnern sich beide.

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Auf die Frage, wie es ihr denn gefalle, dass ihr ruhiges Dorf nun mehr und mehr von Touristen bevölkert wird, antwortet Isabel gelassen: „Schließlich haben diese Menschen ja auch für den Urlaub gearbeitet und kommen nun in das liebliche Tal, um es als Garten zu genießen.“ Die vielen Schweißtropfen bei Errichtung und Bewirtschaftung der Terrassen werden von den Touristen dabei vergessen und das findet Isabel ganz natürlich. In den Ferien will kein Mensch an Arbeit denken!

Damit steht sie mit Ihrer Toleranz ganz im Gegensatz zu Mateo, dem Lohn-Landarbeiter, der hier den reichen Fremden die Fincas auf Vordermann hält. Mateo verteufelt die, für die er die Fincas in Ordnung hält, weil sie die Landwirtschaft vernachlässigen, die jahrhundertealten Wasserleitungen verkommen lassen. Sie sind für ihn dumm, weil sie nur die Terrassen und die pittoresken Bauernhäuser kaufen können, aber nicht das Geheimnis der Bewässerung mit minimalem Verdunstungsfaktor. Niemals würde er diesen Estranjeros (Fremde), diesen Capitalistas, diesen Gabazotes (Quadratschädeln) zu nahe kommen wollen.

Da sitzen wir nun vor dem Haus von Isabel und Juan, nein natürlich muß es hier in Spanien heißen: Juan und Isabel, blicken auf das Tal, das nahe Meer und erwarten die Nacht, und diese erdverbundene alte Dame bringt uns mit ihrer Toleranz ohne erhobenen Zeigefinger zum vertiefenden Nachdenken.

Wir wollen sie wieder besuchen und verabschieden uns – reich beschenkt mit Orangen, Mandeln, Gewürzen und Blumen – mit Ehrfurcht vor „Doña Isabel“.

So erlebte ich vor über dreißig Jahren einen Tag auf Mallorca.

Wehmütig grüßt Euch
Euer Kadosch

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