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Kadosch und die Redlichkeit

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Ein jeder hat das Recht, sich von unredlichen Informanten in die Irre führen zu lassen, das gilt ganz besonders für Journalisten und Historiker. Sie sind immer nur so gut wie ihre Quellen.

In beiden Fällen ist es aber so, dass sich oberflächliche Recherchen zu völliger Falschinformation auswirken können, wie erst kürzlich geschehen bei der Berichterstattung über die Hundehalter und die Angler an den Sassenbergschen Teichen in Rinteln in unserer Lokalzeitung.

Wir Leser wollen keine schmächtige Begrifflichkeit, unscharfe Ränder wie auch intellektuelle Blässe, lyrische Entrücktheit so wenig wie ideologische Erhitzung, illusionären Rausch wie naive pragmatische Gartenlaube, geschweige denn Bildungsprotzerei oder gängige Halbwahrheiten, vielmehr wirklichkeitsnahe, engagierte, phrasenfreie, in ihrer Diktion sowie in ihrer Präzision und Dichte von recherchierter Sorgfalt geprägte, der Würde und dem Respekt des morgendlichen Leserschaft angemessene Arbeit. Bei aller Freiheit des Wortes, bei aller Würze, bei aller Sensationslust, bei allem Spaltenfüllzwang, bei aller argumentatorischen Bissigkeit, innere Schlüssigkeit der Argumentation, bei aller Schärfe der Abgrenzung zwischen der spekulativen Deutung und den belegbaren Fakten und bei aller Allgemeinverständlichkeit erwarten wir vor allem intellektuelle Redlichkeit.
Nun will ich die ohnehin angeheizte Atmosphäre nicht noch weiter schüren aber doch einen kleinen Beitrag kann sich der Kadosch als Beteiligter nicht verkneifen.

Meine Großmutter war Jüdin. Meine Großmutter war weise, und wäre sie ein Mann gewesen, dann wäre sie bestimmt ein großer Rebbe geworden. Von weit her kamen Menschen, um sich bei Grußmutter Ratschläge zu holen, ja sie scheute auch nicht, zu den Tarotkarten zu greifen. Doch immer war sie altersmilde; sie brachte noch jeden dazu, sich nach dem Besuch bei ihr positiv denkend mit dem geschilderten Problem auseinanderzusetzen. Ich fragte sie eines Tages nach ihrem Rezept für diese Lebensart und sie antwortete mit einer Geschichte:

Zum weisen Sokrates kam einer gelaufen und war voller Aufregung.

„Höre, Sokrates! Ich muss Dir erzählen, was Dein Freund….“

„Halt ein!“ unterbrach ihn der Weise, „hast Du das, was Du mir sagen willst auch durch drei Siebe gesiebt?“

„Drei Siebe???“ fragt der andere voll Verwunderung, „was soll ich durch drei Siebe sieben?“

„Ja, guter Freund, drei Siebe. Lass uns, bevor Du weitersprichst, sehen, ob das, was Du mir sagen willst, durch die drei Siebe hindurchgeht. DAS ERSTE SIEB IST DIE WAHRHEIT. Hast Du alles, was Du sagen willst, geprüft, ob es die Wahrheit ist?“

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„Nein, ich hörte, dass …“

„Aber sicher hast Du das Gehörte mit dem zweiten Sieb geprüft? DAS ZWEITE SIEB IST DIE GÜTE. Ist das, was Du mir erzählen willst – wenn es schon nicht als wahr erwiesen ist – doch wenigstens gut?“

Zögernd sagt der andere: „Nein, dass nicht, im Gegenteil …!“

„Also“, unterbrach ihn Sokrates in seiner Antwort, „so wollen wir doch auch DAS DRITTE SIEB anwenden und uns fragen, ob und warum es denn WIRKLICH NOTWENDIG ist, mir das zu erzählen, was dich so erregt?“

„Notwendig nun gerade nicht, aber …“

„Also“, lächelte der Weise, „wenn das, was Du mir erzählen willst,
weder wahr,
weder Du es selbst gehört hast,
weder Du es selbst gesehen hast,
weder Du es selbst erlebt hast,
weder gut,
noch notwendig ist,
so lasse es begraben und vergessen sein. Belaste Dich nicht damit!“

Meine Leser sind hoffentlich ähnlich beeindruckt von so viel Redlichkeit. Ach hätten doch selbst ernannte Teichsheriffs und der recherchierende Journalist diese Siebe zur Hand genommen.

Es grüßt Euch und wünscht in diesem Sinne eine gute Voradventszeit

Euer Kadosch

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