(Rinteln) Neben der Bewältigung des Einsatzes am vergangenen Mittwoch in der Rintelner Fußgängerzone, bei dem ein 23-Jähriger mit seinem Auto gegen das „Family Land“-Gebäude prallte und gegen einen Fahrradständer geschleudert wurde (wir berichteten), mussten sich die Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr auch noch mit Gaffern auseinandersetzen.
Während der Rettungsaktion, bei der Notfallsanitäter und Feuerwehrleute den schwer verletzten Fahrer aus dem Autowrack befreiten, bauten weitere Einsatzkräfte einen Sichtschutz gegen Schaulustige auf. Grund dafür gab es genug, wie an der Einsatzstelle mehr als einmal deutlich wurde: Schaulustige rings um die Unfallstelle zückten ihre Smartphones mehr oder weniger offensichtlich, fotografierten und filmten im Hoch- und Querformat das Geschehen im nördlichen Bereich der Rintelner Fußgängerzone.
Mehrere Male sind auch die vor Ort anwesenden Pressevertreter unfreiwillig Zeugen geworden, wie sich reninente Gaffer Wortgefechte mit den Rettungskräften lieferten. Manch einer radelte gar eine Extrarunde durch Scherben und Plastiksplitter, nur um einen Blick auf den Einsatz zu erhaschen. Dabei gibt es auch ohne Schaulustige am Einsatzort mehr als genug zu tun: Bei der Rettung von Menschenleben zählt jede Sekunde. Darüber hinaus müssen Zeugen befragt und die Rettungsmaßnahmen koordiniert werden. Besonders, wenn sich eine Unfallsituation unübersichtlich darstellt, bedeutet das puren Stress für alle Beteiligten. Das letzte, was man da noch gebrauchen kann, sind uneinsichtige Filmer.
Ortsbrandmeister Thomas Blaue, der an jenem Abend den Einsatz leitete, fehlen fast die Worte: „Es ist unglaublich, wie sich diese Menschen am Leiden anderer ergötzen.“ Blaue stellte selbst einen Schaulustigen zur Rede und forderte ihn auf, die gemachten Handyfotos zu löschen: „Dann kriegt man auch noch einen frechen Spruch zurück, man solle sich gefälligst nicht so anstellen.“

Dabei ist Gaffen kein Kavaliersdelikt und keinesfalls nur respektlos. Das Behindern von Einsatzkräften bei der Arbeit, das Fotografieren und Filmen von Unfallopfern und damit das Verletzen der Persönlichkeitsrechte stellt eine Straftat dar und kann mit empfindlichen Geldbußen oder sogar Gefängnis bestraft werden. Vorausgesetzt, man bekommt die Täter zu fassen. „Das wiederum ist der Polizei als Gefahrenabwehrbehörde vorbehalten“, weiß Blaue, „wir können diese Personen nur ansprechen.“ In der Praxis kommt es bei Situationen wie jener am 1. Juli in Rinteln daher oft dazu, dass die Gaffer einfach verschwinden können.
Schaulustigen scheint angesichts der Möglichkeiten, jeden Moment sofort mit ihrem Smartphone festhalten und teilen zu können, auch das Gefühl dafür zu fehlen, dass sie moralische und strafrechtliche Grenzen überschreiten. So kehrte ein Gaffer, nachdem er mit seinem Fahrrad bereits einmal von Einsatzkräften der Unfallstelle verwiesen wurde, erneut zurück. Diesmal zu Fuß. Sein „Argument“: „Wieso? Da stehen doch auch andere Leute herum“.
Ein Kurzfilm, unter anderem produziert in Zusammenarbeit mit der Feuerwehr Osnabrück, der Sparkasse und der Blickfänger Filmproduktion, soll auf die Problematik aufmerksam machen. Das Video landete 2018 einen YouTube-Hit. Darin wird ein fiktionales Geschehen präsentiert, in dem sich eine Gruppe von Schaulustigen an einer Unfallstelle fotografiert und die Aufnahmen über diverse Netzwerke teilt. Der Schockmoment am Ende ist garantiert.
Video: Sei kein Gaffer
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