(Rinteln) Die politische Landschaft in der Weserstadt hat sich an Karfreitag verändert. Die Ratsmitglieder Prof. Dr. Gert Armin Neuhäuser, Dr. Ralf Kirstan, Björn Rinne (allesamt WGS-Mitglieder), sowie Antje Rinne (fraktionslos) haben Bürgermeister Thomas Priemer die Gründung einer neuen Fraktion in einem Schreiben mitgeteilt. Der Name: „RI – Rintelner Interessen“. Damit schrumpft die WGS-Fraktion um die Hälfte der Mitglieder. In der Wählergemeinschaft verbleiben Heinrich Sasse senior, Heinrich Sasse junior, Jens Maack und Markus Schwenk.
„Unüberbrückbare Differenzen“
Neuhäuser, der sein Amt als WGS-Fraktionsvorsitzender aufgrund der Bürgermeisterkandidatur seiner Frau Doris Neuhäuser derzeit ruhen lässt, gibt auf Nachfrage „unüberbrückbare, persönliche und kommunikative Differenzen, die auch nach mehrstündigen Gesprächen nicht ausräumbar waren“ als Grund für die Abspaltung an.
„Sachlichkeit, Partnerschaftlichkeit und gegenseitiger Respekt“
Antje Rinne freut sich eigenen Angaben zufolge „sehr auf die Arbeit in der Fraktion RI, da ich absolut sicher bin, dass wir uns mit den Belangen der Rintelner BürgerInnen mit Sachlichkeit, Partnerschaftlichkeit und gegenseitigem Respekt sowohl intern als auch mit den anderen Fraktionen auseinandersetzen werden.“
„Der Bruch ist tief gewesen“
Nicht zuletzt beim kontrovers diskutierten Thema Brückentorkomplex hätten sich intern Lager gebildet, erklärt Björn Rinne in einer kurzen Stellungnahme die Beweggründe für seinen Weggang: „Der Bruch ist tief gewesen. Meine Beweggründe in der WGS waren die Prinzipien der gemeinsamen politischen Haltung bei gleichzeitiger Meinungsfreiheit. Das ist unter der jetzigen Fraktionsführung meiner Meinung nach nicht möglich. Wenn einer meint, alles bestimmen zu müssen, ohne die anderen ins Boot zu holen, ist das keine Zusammenarbeit mehr.“
„Sanktionsandrohungen“
Kirstan, der vor fast genau einem Jahr von der FDP zur WGS wechselte, sagte, er habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht und geht mit der Wählergemeinschaft hart ins Gericht. Es habe seiner Wahrnehmung nach „unter dem neuen Fraktionsvorsitzenden ein ausgeprägtes Denken in Freund-Feind-Schemata gegeben, wonach jede vermittelnde und um Kompromisse bemühte Position schon als Gegnerschaft wahrgenommen wurde“. Auch wohlmeinende persönliche Gespräche hätten daran nichts ändern können, so Kirstan. Eine Wählergemeinschaft sei aber seiner Auffassung nach eine Gemeinschaft, die ihre Ideen und innovative Kraft aus dem unabhängigen Denken ihrer einzelnen Mitglieder gewinne. Problematisch werde es Kirstan zufolge immer dann, wenn Tendenzen sich abzeichneten, die ein solches eher freigeistig geprägtes System durch hierarchische Strukturen zu ersetzen versuchten, in denen es nur darum gehe, die Ideen des Vorsitzenden zu beklatschen und sich dessen Wollen bei politischen Sachfragen unter Sanktionsandrohungen zu fügen. In einem solchen Gutsherren-System, das im Einzelmitglied nicht mehr einen innovativen Ideengeber sieht, sondern einen zur Gefolgschaft verpflichteten Vasallen, wolle er, so Kirstan, nicht mitwirken. Das kenne er „zu Genüge“ aus seiner politischen Tätigkeit bei der FDP. Insofern empfinde er seine Teilnahme an der Ausgründung der „RI“ als befreienden Schritt.
WGS will Fahrplan einhalten
Wir baten Heinrich Sasse (WGS) um eine Stellungnahme. Hier seine Antwort: „Die WGS Rinteln hat nach ihrer Satzung ´das Ziel, das Wohl der Einwohner*innen der Stadt Rinteln zu fördern´ und zwar unabhängig und überparteilich. Das ist unser Markenzeichen. Dazu hat die WGS ihren Fahrplan und der wird eingehalten; auch ohne Dr. Neuhäuser und Gefolge! Herr Dr. Neuhäuser hatte verlangt, dass die WGS-Fraktion die Bürgermeister-Kandidatin der CDU, nämlich seine Ehefrau Doris Neuhäuser bei der Wahl unterstützt. Das hat die WGS-Fraktion mehrheitlich abgelehnt durch ihre Fraktionsmitglieder Markus Schwenk, Heinrich C.V. Sasse, Jens Maack und mich. Die WGS wird keinen Wahlkampf machen für eine CDU-Kandidatin oder einen „Schatten-Bürgermeister“ und ihre Unabhängigkeit und Überparteilichkeit bewahren.“
„Zu viele Platzhirsche“
Astrid Teigeler-Tegtmeier, SPD-Fraktionsvorsitzende, gab auf Nachfrage ebenfalls ein Statement ab: „Wählergemeinschaften sind ja eigentlich Interessenvertretungen ohne die übliche Parteibindung. Wenn allerdings zu viele Platzhirsche aufeinandertreffen, kann über kurz oder lang nur eine Aufspaltung dabei herauskommen“.
„Verantwortungsvoll mit Mandat umgehen“
CDU-Fraktionschef Veit Rauch erklärte: „Das Mandat ist frei vom Wähler vergeben. Jeder sollte verantwortungsvoll damit umgehen zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger von Rinteln. Deshalb sollten Entscheidungen verlässlich sein. Auch in der CDU Fraktion wird lebhaft diskutiert und um die beste Lösung gerungen. Am Ende zählen tragfähige Lösungen nah am Bürger. Dafür steht die CDU. Andere Gruppierungen müssen ihr tun selbst verantworten.“
Durch die Neugründung der Fraktion „RI – Rintelner Interessen“ müssen jetzt Ausschüsse und Gremien umgebildet und neu besetzt werden. Der Tagesordnungspunkt wird daher auf die nächste Ratssitzung am 15. April genommen. Darüber informierte Bürgermeister Thomas Priemer die Fraktionsspitzen bereits.