Es ist ein Szenario, das leider viel zu oft vorkommt: Trotz geschlossener Halbschranken oder Haltesignale überqueren Autofahrer Bahngleise und werden dabei von Zügen erfasst. Bei der richtigen Portion Glück an Bord endet so ein Unfall mit (schwer) verletzten Menschen. Unter Umständen kann es auch Tote geben. Um sich auf ein Ereignis wie dieses vorzubereiten, bedarf es Übung. Jeder Handgriff muss sitzen. So organisierten die Feuerwehren Engern, Rinteln, Ahe, Steinbergen, Deckbergen, Westendorf, Schaumburg und Uchtdorf, Rettungsdienst und DRK sowie Notfallseelsorger des Landkreises am vergangenen Freitag eine Alarmübung unter möglichst realistischen Bedingungen.
Zu diesem Zweck wurde durch das Abschleppunternehmen RATZ ein Autowrack auf die Bahngleise in Engern befördert. Davor hielt ein Zug der Nordwest-Bahn. Wie Organisator und Ideengeber Thomas Reese, Ortsbrandmeister der Feuerwehr Engern, berichtet, habe der Zug in dieser Übung nach dem Verlassen des Rintelner Bahnhofs und Fahrt in Richtung Hessisch Oldendorf den PKW am Bahnübergang Rehre/Sandfeld erfasst. Trotz sofort eingeleiteter Notbremsung kommt der Zug erst rund 200 Meter weiter zum Stehen und schiebt den Wagen die ganze Zeit vor sich her. Von den 20 Fahrgästen sind zehn realistisch geschminkt und übernehmen die Rolle der Verletzten. Bei dieser Zahl spricht man von einem „MANV“ (Massenanfall von Verletzten). Die Auto-Insassen sind ebenfalls schwer verletzt und entsprechend geschminkt. Dann setzt der Lokführer einen Notruf ab.
Aufgrund der Lage vor Ort werden drei Einsatzabschnitte gebildet. Der Abschnitt „Zug“ öffnet selbigen, kümmert sich um die Insassen und evakuiert die Menschen. Währenddessen versorgt der Einsatzabschnitt „PKW vor Zug“ die beiden verletzten Insassen im Auto, stabilisiert das Wrack, betreut und befreit die Personen aus ihrer Lage. Da sich auslaufende Betriebsstoffe entzünden könnten, muss während der Einsatzdauer der Brandschutz sichergestellt werden. Parallel dazu baut das Deutsche Rote Kreuz einen Verletztensammelplatz auf, den Transport übernimmt die Feuerwehr. Um die schrecklichen Bilder besser verarbeitet zu bekommen, bieten Notfallseelsorger Unterstützung an.
Am Ende sind alle zufrieden. Nach Einsatzende haben die Rettungskräfte Gewissheit, wie sie mit so einer Situation besser umgehen können. Eigene Grenzen können besser erfahren werden, Handgriffe besser koordiniert. Dass es sich hierbei um alles andere als ein realitätsfremdes Szenario handelt, beweist ein Fall aus Bönen (Kreis Unna). Am gleichen Abend wurde dort ein Auto an einem Bahnübergang von einem ICE erfasst. Wie der WDR berichtet, vermutet man seitens der Polizei, dass der Fahrer die Bahnschranke umfahren haben könnte. Am Steuer des PKW saß ein 79-jähriger Mann – er kam dabei ums Leben.