(Rinteln) Montagmorgen in der Rintelner Fußgängerzone. Es ist zwischen 7 und 8 Uhr, die Innenstadt wird an diesem ungewöhnlich milden Vormittag wie gewohnt von Radlern und E-Scooter-Fahrern auf dem Weg zur Schule genutzt.
Während die Fahrradfahrer mit Muskelkraft (und teilweise Elektro-Unterstützung) vorwärts kommen, surren die E-Scooter ganz ohne körperliche Betätigung über das Innenstadtpflaster. Das Problem: In einer Fußgängerzone dürfen E-Scooter nicht fahren (es sei denn, dies ist ausdrücklich erlaubt), das gilt auch ohne gesondertes Schild. Das fehlt in Rinteln zwar, es ist aber nur noch eine Formsache, dass der Rat abschließend am Donnerstag dieser Woche darüber entscheidet.
Am heutigen Montag erleben viele der E-Scooter-Piloten jedoch eine Überraschung. Hinter dem Kinderkarussell versteckt, steht ein Fahrzeug der Zentralen Polizeidienststelle Hannover (ZPD), an diesem Morgen mit drei Polizeibeamten besetzt. Sie kontrollieren, ob E-Scooter geschoben werden oder verbotenerweise durch die Innenstadt fahren. Sie haben ebenfalls ein Auge auf Radfahrer, die nicht im „Schritttempo“ unterwegs sind, wie es auf den großen Stelen an den Eingängen zur Fußgängerzone geschrieben steht.
Allerdings geht es bei der Aktion zunächst um Aufklärung als um den harten Hammer des Gesetzes. Die Polizisten halten an und weisen auf die bestehende Regelung hin. Als Alternative bleibt, den E-Scooter zu schieben oder auf eine der umliegenden Straßen auszuweichen. Ganz überwiegend sind es, wie zu erwarten, schulpflichtige Kinder, die in den Fokus der Beamten geraten. 15 Euro Verwarnungsgeld kostet das normalerweise, zahlbar direkt vor Ort in bar oder mit Karte. Tatsächlich besteht Ermessensspielraum bei der Verwarnung. Oft bleibt es bei einer mündlichen Ermahnung, es kommt aber ganz auf die Reaktion des Ertappten an. Der Bedarf an Aufklärung scheint jedenfalls groß zu sein. In der ersten halben Stunde haben die Beamten bereits elf E-Scooter-Fahrer erwischt, die unerlaubt durch die Fußgängerzone fahren.
Insgesamt sind am 25. November in der Zeit von 7 bis 9:30 Uhr und von 13:30 bis 16:00 Uhr 22 Fahrrad- und E-Scooter-Fahrer kontrolliert. Das gab die Polizeikommissarin Janet Rehburg, zuständig für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg, auf Anfrage von Rinteln-Aktuell.de bekannt.
„Es wurden überwiegend erzieherische Gespräche geführt und mündliche Verwarnungen ausgesprochen, da der Präventivgedanke bei dieser Aktion im Vordergrund stand“, so die Pressesprecherin.
Stadtrat hat das letzte Wort: Wird ein E-Scooter-Verbotsschild aufgestellt?
In seiner letzten Sitzung des Jahres wird der Rat am 28. November das letzte Wort in Sachen E-Scooter-Verbotsschilder sprechen. Angesichts der bisherigen Abstimmungen ist damit zu rechnen, dass an den Eingängen der Innenstadt künftig ein Schild stehen wird, dass deutlich auf das – bereits bestehende – Fahrverbot für die Mini-Roller mit Elektromotor hinweist. Im Bauausschuss und auch im Ortsrat wurde ebenfalls über Einschränkungen für Radfahrer diskutiert. Während der Ortsrat am 28.10. gegen ein zeitweises Fahrverbot für Radler stimmte, beantragte Jens Maack (WGS) im Bauausschuss, den Antrag gar nur aufs Thema E-Scooter zu beschränken, so dass über ein Radfahrverbot von 11:00 – 18:30 Uhr – wie beantragt – gar nicht mehr abgestimmt wurde.
Einvernehmlicher Tenor in beiden Sitzungen: Es müsse mehr kontrolliert werden, ob sich Radfahrer an das Gebot der Schrittgeschwindigkeit halten oder mit überhöhter Geschwindigkeit durch die Fußgängerzone fahren. Allerdings ist „Schrittgeschwindigkeit“ in der Straßenverkehrsordnung nicht mit festen Werten in Stein gemeißelt. Laut dem ADAC ist damit ein Wert zwischen 5 und 15 km/h gemeint, was regelmäßig zu juristischen Auseinandersetzungen vor Gericht führt. Bei fünf Stundenkilometern, das wissen Radfahrer aus eigener Erfahrung, ist man dem Umfallen allerdings näher als der geregelten Fortbewegung. So warfen die Gesetzeshüter bei ihrer aktuellen Kontrollaktion auch eher ein vorsichtiges Auge auf die Zweiradfahrer, hielten vereinzelt an und wiesen auf die geltende Situation hin.
Eine Vorgehensweise, die auch das Ordnungsamt bestätigt. Amtsleiterin Ute Grieger erklärt auf Anfrage, dass bei den Verkehrskontrollen in der Fußgängerzone zunächst „Aufklärung und Bewusstseinsschärfung“ im Vordergrund stünden: „Polizei und Ordnungsdienst werden gemeinsam Kontrollen durchführen und bei festgestellten Verstößen Radfahrende sowie E-Scooter-Fahrende anhalten. Ziel dieser Kontrollen ist, die Einhaltung der Verkehrsregeln und des Rücksichtnahmegebotes (§ 1 Abs. 2 StVO) zu erreichen.“
Wie Grieger weiter ausführt, seien „neben der vorrangig für die Verkehrsüberwachung zuständigen Polizei nach § 44 Abs. 1 StVO auch die Straßenverkehrsbehörden für die Verkehrsüberwachung zuständig“. Die Straßenverkehrsbehörden führen neben der Überwachung des ruhenden Straßenverkehrs (zum Beispiel geparkte Autos – Anm. d. Red.) auch die Überwachung der Einhaltung von zulässigen Höchstgeschwindigkeiten durch.
Allerdings: „Die Verfolgung und Ahndung von festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitungen obliegt dagegen dem Landkreis Schaumburg. Die Stadt Rinteln verfügt über keine eigene Messtechnik. Eine Beschaffung ist nicht geplant, da gemäß Ratsbeschluss dem Landkreis die Überwachung der Einhaltung zulässiger Höchstgeschwindigkeiten im Stadtgebiet von Rinteln gestattet werden soll und eine entsprechende Zweckvereinbarung kurz vor der Genehmigung und Umsetzung steht.“
„Gefahrene Schrittgeschwindigkeit kann weder rechtlich noch technisch überprüft werden“
Weiterhin sei die Polizei zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten befugt, solange sie die Sache nicht an die Verwaltungsbehörde abgegeben hat. Verkehrsteilnehmer darf ausschließlich die Polizei anhalten, das regelt die Straßenverkehrsordnung (§ 36 Abs. 5 StVO). Einen Dämpfer gibt es für alle, die sich Klarheit bei der Bestrafung von „rasenden Radfahrern“ wünschen, wie es oft plakativ in der öffentlichen Diskussion heißt: „In Bezug auf die Überprüfung der gefahrenen Schrittgeschwindigkeit inklusive einer entsprechenden Ahndung gibt es polizeilicherseits weder die rechtlichen noch die technischen Möglichkeiten“.
„Mit einem grundsätzlichen Verbot“, so die Ordnungsamtsleiterin, „hätten laut Polizei alle Betroffenen eine höhere Rechtssicherheit“. Die Kontrollaktionen sollen zukünftig, auch in Kooperation mit dem Ordnungsamt der Stadt Rinteln, fortgeführt werden, heißt es abschließend von Seiten der Polizei. Termine dazu stehen noch nicht fest. Kontrollen sollen ebenfalls im Rahmen der allgemeinen Verkehrsüberwachung, soweit möglich, stattfinden.
(vu)