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Stationäre Lüftungsanlagen in Rintelner Grundschulen: Förderung für alle Standorte wohl nicht erreichbar

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(Rinteln) Eine verzwickte Situation: Der Bund fördert den Einbau von Lüftungsanlagen („stationären raumlufttechnischen Anlagen“) in Schulen. Städte und Gemeinden starten die Planungsarbeit, doch bereits jetzt steht fest: Das Vorhaben ist für viele Kommunen in dem eng gesteckten Zeitrahmen sehr wahrscheinlich überhaupt nicht durchführbar.

Für die städtischen Grundschulen übernahm das Planungsbüro Sposato aus Hessisch Oldendorf die Begehung aller Standorte. Die gute Nachricht zuerst: In allen Grundschulen lassen sich grundsätzlich Lüftungsanlagen einbauen. Es gibt zwei Arten: Dezentrale Anlagen (Aufstellung pro Raum, einfachere Montage, günstiger, jede Anlage einzeln regelbar, Lärmquelle in der Klasse) und Zentrale Anlagen (an einem Standort im Gebäude untergebracht, Lärmquelle nur in Technikraum, geringerer Energieverbrauch, allerdings hoher Einbauaufwand mit großen Baumaßnahmen in den Gebäuden, langes Luftkanalsystem erforderlich).

Die Kosten inklusive Planung: Für alle sechs Grundschulstandorte werden bei dezentralem Anlagenbau laut Kalkulation 1,76 Millionen Euro fällig. Sechs zentrale Anlagen kosten rund eine Million Euro mehr, also 2,76 Millionen. Doch die eigentlichen Baumaßnahmen sind darin noch nicht enthalten. Für Durchbrüche von Mauern, Decken, Brandschutzgutachten und Elektroarbeiten und würden also noch weitere Kosten anfallen. Wie hoch diese sind, kann derzeit noch niemand genau sagen. Denkbar wäre allerdings auch ein Mix aus zentralen und dezentralen Anlagenteilen, das sei aber Sache einer Detailplanung, sollte es zur Umsetzung kommen. Und da liegt der sprichwörtliche Hase im Pfeffer begraben.

Die Stadtverwaltung hat nämlich eine Förderzusage für alle Grundschulstandorte erhalten. 645.000 Euro sind im außerplanmäßig Haushalt für die Ingenieurleistungen bereits eingestellt. Die Maßnahmen müssen allerdings bis Ende Juni 2022 abgeschlossen sein. Zwar ist eine einmalige Verlängerung des Förderzeitraums bis Ende Dezember 2022 möglich, doch bereits jetzt gibt es seitens der Verwaltung Zweifel daran, ob auch dieser Zeitraum ausreicht. Zwar könnten die Anlagen dann gebaut werden, allerdings ohne Förderung und auf eigene Kosten.

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Die vom Ingenieurbüro Sposato vorgeschlagenen Anlagen arbeiten mit Wärmerückgewinnung, Filterung und Heizung. Eine Kühlung ist nicht vorgesehen, lediglich die Möglichkeit einer freien Nachtauskühlung könne eingeplant werden. Laut Unterlagen werde in einem durchschnittlichen Klassenraum eine Luftmenge von ca. 800 m³ pro Stunde benötigt um die nötigen Randbedingungen zu erfüllen. Bei einer Kühlung müsste der erforderliche Luftstrom stark vergrößert werden, beispielsweise auf ca. 2400 m³ pro Stunde, abhängig von der tatsächlichen Kühllast des Raumes. Sposato empfiehlt daher, eine Überhitzung der Räume durch außenliegenden Sonnenschutz, Begrünen von Dächern, Pflanzen von Bäumen und begrünten Laubengängen vor den Fassaden zu verhindern.

Der Beobachter wundert sich angesichts des offensichtlich zu knappen Zeitfensters über die dennoch vorangetriebenen Planungen. Der städtische Baudezernent Stefan Eggert-Edeler bezeichnete den Zeitplan auf der jüngsten Bauausschusssitzung dann auch als „sportlich“. Zumal es bei den erforderlichen Vergabeverfahren Fristen zu berücksichtigen gebe. Vor- und Nachteile der Anlagentypen müssten verglichen, bautechnische Entscheidungen berücksichtigt werden. Hinzu käme die hohe Auslastung auf Seiten der Bauplaner, deren Auftragsbücher – das ist hinlänglich bekannt – randvoll sind.

Auch Giuseppe Sposato gab zu bedenken: Durch den Ansturm aller Gemeinden auf Fördermittel und Planungsbüros würden auch die Lieferzeiten bei den Herstellern steigen. Diese betragen bereits jetzt, je nach Anlagentyp, bis zu 15 Wochen. Bei den einzelnen Ausschussmitgliedern gab es Nachfragebedarf. So merkte Kay Steding (CDU) an, dass das Aussehen von historischen Schulgebäuden angesichts von Luftansaugungen und Rohrleitungen leiden würde, dennoch müsse man „zügig“ planen und prüfen, was umzusetzen sei. Solche Anlagen sollten künftig in alle Schulen und Kitas eingebaut werden, da sie kurzfristig im Kampf gegen Corona nützlich seien, langfristig jedoch für eine bessere Luftqualität sorgen würden.

Björn Rinne (RI) erinnerte an den Faktor Nachhaltigkeit der Lüftungsanlagen, die auch nach Corona zum Einsatz kämen. Ingenieur Sposato mahnte, zwar könnten Fenster aufgrund der Anlagen geschlossen bleiben, doch die Motoren würden eben trotzdem mit Strom betrieben und so wiederum Kosten verursachen. Auch müsse man sich Gedanken machen, welche Folgen es für die Eigenschaften der Gebäude habe, wenn man Durchbrüche von beispielsweise 80 x 30 Zentimetern in Decken und Mauern schaffe. Volker Posnien (SPD) interessierte sich für das Thema Lärm. Hier gelte es, die Auslegung zu beachten, erklärte Sposato. Bei einer Zentraleinheit in einem gekapselten Raum könne man mit Schalldämpfern arbeiten. Lässt man dezentrale Anlagen in den einzelnen Klassen mit hochdrehendem Motor arbeiten, produziere das natürlich auch mehr Geräusche. Dieser Anlagentyp könne dafür aber von den Lehrkräften, beispielsweise in Pausen, individuell hochgeregelt werden. Das sei bei zentralen Anlagentypen nicht möglich.

Und so bleibt es weiterhin ein Rätsel, wie man die „Quadratur des Kreises“ lösen will. Mobile Lüftungsgeräte, das hat die lang andauernde Diskussion auch im Rat gezeigt, haben bislang nicht ausreichend überzeugen können und werden von Schulleitungen im Testbetrieb als „zu laut“ bemängelt. Stationäre Lüftungsanlagen werden zwar gefördert, deren Planung und Einbau erweist sich aufgrund der enormen Auslastung der Baubranche aber als langwierig und innerhalb der Förderzeiträume als nahezu unmöglich. Denkbar ist auch, dass die Anlagen zunächst in einige Schulen eingebaut werden, in andere erst später. Bis dahin kommt weiterhin die „20, 5, 20“-Regel für Stoßlüften in Klassenräumen zum Einsatz. Schüler und Lehrer frieren auch im zweiten Corona-Jahr im Herbst und Winter während des Unterrichts. Dieses Problem besteht deutschlandweit und kann natürlich nicht vom Rat der Stadt Rinteln gelöst werden. Allein die Frage nach dem „was nun?“ für die Rintelner Grundschulen dürfte aber eine Mammutaufgabe für den nächste Legislaturperiode werden.

 

Der Einbau einer zentralen Lüftungsanlage in alle sechs Rintelner Grundschulstandorte würde laut Kostenermittlung mindestens 2,76 Millionen Euro (plus Bauleistungen) betragen. Bei 80 Prozent Förderung müsste die Stadt Rinteln demnach einen Eigenanteil von mindestens 551.200 Euro bezahlen.

Dezentrale Lüftungsanlagen an allen Grundschulstandorten in Rinteln würden mindestens 1,76 Millionen Euro kosten. Der Eigenanteil der Stadt Rinteln würde abzüglich einer Förderung von 80 Prozent 353.860 Euro betragen.

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