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Steigendes Ärztealter, mangelnde Arbeitsplatz-Attraktivität: Wie soll die medizinische Versorgung gesichert werden?

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Bei Rintelns erstem Ärzte Dialog trafen sich 16 Mediziner zusammen mit Bürgermeister Thomas Priemer und der Demografiebeauftragten Linda Ruppel und Vertretern der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) zum Austausch.

Derzeit gibt es im gesamten Rinteln 18 praktizierende Hausärzte, sowie 28 Fachärzte/Psychotherapeuten. Ihre Alterstruktur sieht wie folgt aus: Nur fünf Prozent von ihnen ist unter 55 Jahre alt, 67 Prozent zwischen 55 und 60 Jahren und gut 28 Prozent (also fast ein Drittel von ihnen) ist über 60 Jahre alt. Bei den Fachärzten ist die Verteilung anders. 36 Prozent sind unter 55, 32 Prozent im Alter von 55 bis 60 und auch hier über ein Drittel, nämlich 32 Prozent, über 60.

Das Problem: Innerhalb der nächsten fünf Jahre verabschieden sich viele Mediziner in den Ruhestand. Nachwuchs ist nicht in Sicht, zumindest nicht in ausreichender Menge. Derzeit liegt laut Angaben der KVN das Durchschnittsalter der Hausärzte bei 55 Jahren. Fachärzte und Psychotherapeuten kommen auf durchschnittlich 53 Jahre.

Sollte der Trend anhalten und keine Nachfolge für Ärzte im Ruhestand gefunden werden können, würde sich nach einer Prognose bis zum Jahr 2025 die Zahl der praktizierenden Hausärzte im Jahr 2020 auf 13 reduzieren, im Jahr 2025 bliebe gar nur einer übrig.

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Die Altersstruktur der Hausärzte in Rinteln. (Quelle: Stadt Rinteln)

Obwohl die Anzahl der Medizinstudenten bundesweit stabil geblieben ist, zieht es viele Absolventen nach ihrem Studium in die freie Wirtschaft. So wechselten Anfang der 80er Jahre noch rund 90% der Medizinstudenten in die Patientenversorgung, mittlerweile hat sich die Zahl deutlich nach unten bewegt. Doch warum ist das so? Bessere Bezahlung in der freien Wirtschaft, bessere Arbeitsbedingungen, eine bessere „Work-Life-Balance“ – das vernünftige Verhältnis von Arbeit und Freizeit ist vielen jungen Menschen wichtiger als vielleicht der letzte Euro auf dem Gehaltsscheck, der am Ende durch den Verlust an Lebensqualität aufgezehrt wird. Die Arbeit in Einzelpraxen mit vielen Patienten und unflexiblen Arbeitszeiten ist für viele junge Mediziner unattraktiv. Statt eine Einzelpraxis mit ständiger Rufbereitschaft zu führen, wünschen viele ein angestelltes Arbeitsverhältnis in Teilzeit, eingemietet in einer Gemeinschaftspraxis mit Kollegen.

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Daher wird es schwierig, geschlossene Praxen, wie in Steinbergen, Krankenhagen und Engern, wieder neu zu besetzen. Gerade für viele ältere Menschen auf den Dörfern ein Problem, denn wer nicht über ein Auto verfügt oder Familienangehörige und Freunde, muss sich mit den Busverbindungen in die Stadt zufriedengeben. Und auch für die noch verbliebenen Ärzte stellt der Medizinerschwund ein Problem dar. Mehr Hausbesuche durch immer mehr ältere Menschen und die Umverteilung der Patienten auf weniger Ärzte, also eine steigende Belastung pro Mediziner in der Summe.

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Entwicklung der Altersstruktur. (Quelle: Stadt Rinteln)

Rinteln braucht für junge Mediziner attraktive Arbeitsplätze, die Wege der Patienten zum Arzt müssen erleichtert werden. Fahrdienste, entsprechend finanziert und in den Praxisalltag eingebunden, wären eine Möglichkeit für letzteres Problem. Eine weitere wäre die sogenannte „VERAH“, eine „Versorgungsassistentin“ in einer hausärztlichen Praxis, die Nachfolgerin der Gemeindeschwester, wenn man so will. Die VERAH ist auf eine Initiative des Deutschen Hausärzteverbandes entstanden; speziell aus- und fortgebildete Arzthelferinnen könnten Hausbesuche bei Patienten machen und sich dort um ärztliche Routinearbeiten wie die Blutdruckmessung und Blutabnahme zu kümmern.

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Altersstruktur der Fachärzte. (Quelle: Stadt Rinteln)

Voraussetzungen wären auch hier eine Trägerschaft und eine gesicherte Finanzierung. VERAH ist aber keine Rintelner Lösung für ein Rintelner Problem. Der bevorstehende Ärzteschwund bedroht die Gesundheitsversorgung im gesamten Bundesgebiet.

Um die Attraktivität der Arbeitsplätze in Rinteln zu steigern, soll versucht werden, jungen Studenten den mehrwöchigen Aufenthalt in den Arztpraxen im Rahmen der Ausbildung interessant zu gestalten. Mit Stipendien und persönlicher Ansprache, beispielsweise auf Veranstaltungen der Kassenärztlichen Vereinigung sollen junge Mediziner aktiv geworben werden.

Rintelns erster Ärzte-Dialog ist ein erster Schritt, um dem Rückgang an Haus- und Fachärzten zu begegnen und gemeinsam mit Medizinern und der Verwaltung nach Lösungen zu suchen. Der Anfang ist gemacht, weitere Treffen werden folgen müssen – damit das Szenario der ärztlichen Unterversorgung hoffentlich nie eintritt.

 

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