(Rinteln) Ein Blick hinter die Kulissen der Rintelner Messe – so wie man ihn während des Messetrubels niemals bekommen könnte. So lässt sich das rund zweistündige Ereignis beschreiben, an dem eine Gruppe Interessierter am Freitagvormittag teilgenommen hat.
Dabei gab es spannende Einblicke und Hintergründe zu den teils millionenschweren Konstruktionen zu erfahren. So berichtete Schaustellersprecher Marlon Klaasen beispielsweise davon, dass man in der Branche bereits vor vielen Jahren angefangen habe, die Beleuchtung der Fahrgeschäfte auf stromsparende LED-Technik umzurüsten.

Klaasen, der mit dem „Jump Street“ (Spitzname „Scheibenwischer“) eins der Geschäfte auf der Rintelner Messe betreibt, fährt von Frühjahr bis Herbst Messen und Jahrmärkte an. Dabei ist Flexibilität und Logistik das A und O. Sein Fahrgeschäft ist praktisch konstruiert, lässt sich hydraulisch zusammenlegen und passt auf einen LKW-Anhänger.


Das minimiert den Aufwand beim Personal und Transport. „50 Prozent der Brücken in Deutschland ist marode“, weiß Klaasen, „und Sondergenehmigungen für Schwertransporte sind enorm bürokratisch und teuer“. Daher seien viele Fahrgeschäfte inzwischen nicht mehr so groß, breit und ausladend geplant. Hersteller wie das Unternehmen KVG aus den Niederlanden haben sich darauf eingestellt.

Der Musik-Express von Tino Noack gehört zur Rintelner Messe wie das Wasser zur Weser. Seit 45 Jahren gibt es das Karussell bereits, doch so alt ist eigentlich kein einzelnes Teil mehr daran. Alles durchgetauscht, alles renoviert. Geänderte Normen und Vorschriften tun ihr übriges. Auch das Personal werde nicht jünger und kräftiger, merkt Noack an. Also kommen leichte und feste Materialien zum Einsatz. So konnte das Gewicht der Bodenplatten eines jeden einzelnen Wagens auf 15 Kilogramm halbiert werden. Dennoch benötigen drei bis vier Leute rund anderthalb Tage zum Aufbau. Hier ist noch alles Handarbeit. Der Abbau geht schneller vonstatten, wie Noack auf Anfrage erklärt. Zum Einen muss die Stadt möglichst zügig wieder geräumt werden. Weiterhin zieht man beispielsweise Splinte leichter aus einer Verbindung heraus, als sie einzusetzen – nur ein Beispiel von vielen.

Zweifelsfrei und im wahrsten Wortsinn ein „Highlight ist der „Fighter“ am nördlichen Kirchplatz. Das 42 Meter hohe Fahrgeschäft ist zum zweiten Mal in Rinteln dabei, dieses Mal mit neuem Besitzer. Acht Fahrgäste können in den beiden Gondeln Platz nehmen und werden mit „4G“ und 125 km/h durch die Luft gewirbelt. Ein stabiler Magen empfiehlt sich von selbst und die obligatorische Messebratwurst sollte lieber verschoben werden.

Das Problem gibt es beim „Twister“ nicht. Das Drehkarussell mit Gondeln und 45-Grad-Anstellwinkel genießt in der Szene Kultstatus. Im Jahr 1966 erbaut wird es heute von älteren Fahrgästen genutzt, die es bereits als Kind geliebt haben. Doch auch für den Twister heißt es nach der Rintelner Messe: Ab zur Spezialfirma, die Anpassung an neueste Sicherheitsvorschriften steht bevor. Im Übrigen würden für Karussells auf deutschen Jahrmärkten die strengsten Normen weltweit gelten, erklärt Schaustellersprecher Klaasen. Bei jedem neuen Aufbau, also in der Regel jede Woche, greife die örtliche Bauabnahme. Jährlich müssen die Fahrgeschäfte zum TÜV und alle sechs Jahre steht eine Sonderprüfung ins Haus. Da werden unter anderem Schweißnähte mit einem speziellen Verfahren auf ihre Festigkeit überprüft.
Aus aktuellem Anlass kam auch das Thema Energiekosten zur Sprache. Der „Scheibenwischer“ verbraucht rund 150 Kilowatt am Tag, der „Musik-Express“ das Doppelte. Und dennoch sei ein Abstellen der „Freizeitbranche“ zwecks Energieeinsparungen aus Sicht des deutschen Schaustellerverbandes kontraproduktiv, wie Klaasen einhakt. Demnach hätten Berechnungen ergeben, dass ein Besucher des Bremer Freimarktes während eines dreistündigen Aufenthaltes ungefähr 0,53 kW verbraucht. Bliebe der Besucher zuhause sitzen, als „Stubenhocker“ mit TV-Konsum, Kaffeemaschine und Nutzung der Küche, würde sich der Energiebedarf fast verdoppeln.