(Rinteln) Die Corona-Zeit hat Rintelns größtem Sportverein arg zugesetzt. Die Mitgliederzahlen sind geschrumpft wie eine Kugel Eis in der Sommersonne. Und doch ist man bei der Vereinigten Turnerschaft Rinteln (VTR) zuversichtlich.
Es waren beeindruckende Zahlen, die Karl-Heinz Frühmark vom VTR-Vorstand auf der Jahreshauptversammlung am Mittwochabend präsentierte. 686 Kinder und Jugendliche zählte der Verein im Jahr 2019, vor den Lockdowns und Einschränkungen. Dann, im Jahr 2023, waren es nur noch 461. Noch dramatischer das Bild bei den Erwachsenen: Von 1.241 (in 2019) pulverisierte sich die Zahl der Beitragszahler auf nur noch 758 im Jahr 2023. Über 76.000 Euro Verluste durch fehlende Mitgliedsbeiträge zehren an den Bilanzen. Doch es ist Licht am Ende des Tunnels sichtbar.

Während der Kern-Verein im vergangenen Berichtsjahr mit 253 Eintritten und 275 Austritten eine branchenüblich starke Fluktuation mit Minustendenz zu verkraften hatte, durfte man sich beim Weser-Fit-Rinteln über 67 neue Unterschriften freuen und hatte 48 Austritte zu verschmerzen. Neben der Pandemie dürften auch die Erhöhungen der Mitgliedsbeiträge ihren Teil dazu beigetragen haben. Insgesamt kommt die VTR aktuell auf 1496 Mitglieder, was immer noch ein deutlicher Schwund gegenüber den einst „fast 2.000“ ist. Mit mehr Öffentlichkeitsarbeit, mehr Fotos, neuen Angeboten und mehr Werbung soll die „Aufholjagd“ beginnen.
Ausbaufähig ist auch das Interesse aus den eigenen Reihen, wie ein weiterer Blick auf die nüchternen Zahlen belegt: Lediglich 42 Mitglieder waren zur Mitgliederversammlung anwesend. Bei einem Teil davon handelte es sich um Menschen, die aufgrund langjähriger Zugehörigkeit mit einer Urkunde geehrt wurden; ein Großteil der Honorierungen fand in Abwesenheit statt. Vielleicht verdeutlicht das auch die Problematik, mit der nicht nur Vereine wie die VTR zu kämpfen haben: In einer sich stark verändernden Gesellschaft wird es immer schwerer, Leute fürs Ehrenamt zu gewinnen. Vereinszugehörigkeiten von 40, 50 oder gar 60 Jahren werden in Zukunft wohl immer seltener, so der Tenor. Gleichzeitig könnte die VTR ein viel größeres Turnangebot für Kinder vorhalten, doch es fehlt an Übungsleitern, so berichtete es Ulrike Böer aus dem Spartenresort. Dabei, so Karl-Heinz Frühmark, habe man die Honorare „nach oben“ angepasst.

Die Vereinsaktivitäten sind dabei so bunt wie der Anblick einer Blumenwiese im Frühling, verdeutlichte Böer: Die Weser-Ball Sportfreunde sind auf 20 Teilnehmer angewachsen und frönen inzwischen dem Hallen- und Freiluftsport, unternehmen Fahrradtouren und Brauereibesichtigungen. Stolz kann die VTR auch auf die Nachwuchs-Trampolinerin Emely Schmal sein, die auf dem Weg in die Nationalmannschaft einen Zwischenstopp im Bundeskader einlegt. Mit Irina Schmal und Gerhard Gossen ist ein sehr engagiertes Trainerduo am Start, das den Weg zu Landesmeisterschaften und Deutschen Meisterschaften ebnete.
Erfolge verzeichnet auch die Badminton-Abteilung und die Volleyball-Sparte, letztere mit 44 Mitgliedern und AG´en am Ernestinum und der IGS. Die Leichtathleten nahmen im Vorjahr an zehn Wettkämpfen teil und freuen sich über Amelie Sophie Ruhe als erfolgreichste Teilnehmerin. Stark ist auch die Judo-Abteilung mit 51 Mitgliedern vertreten. Mehrere Abzeichen, Lehrgänge und Zeltlager zeugen zeitgleich mit der hohen Einsatzbereitschaft von Angela und Matthias Voges als Spartenleiter. Breite Zustimmung auch bei der Entwicklung des Volksbank-Laufs. Nach der corona-verschuldeten „Delle“ sorgten 828 offiziell gezählte Teilnehmer für große Zufriedenheit bei der VTR und die Gewissheit „..viele ehrenamtliche Helfer, ohne das THW ginge es gar nicht“.
Ehrungen für langjährige VTR-Mitglieder
13 Mitglieder wurden für 25-jährige Vereinstreue ausgezeichnet: Stefan Bertram, Jörg Freytag, Thalia Gabriel, Dr. Jörg Gleißner, Daniel Rohr, Ansgar Haverkamp, Elke Haverkamp, Christian Leonhard, Jan-Henrik Passin, Dirk Schefski, Henni Wagner, Beate Wittenberg und Alexandra Zerbst.
40 Jahre Mitglied in der VTR ist Jörn Rehling, 50-jähriges Jubiläum feiern Susanne Bodenstedt, Brigitta Berge, Edith Carius, Christopher Euler, Michael Flick, Annegret Hesse und Andrea Schädel und für 60-jährige Mitgliedschaft wurde Hans-Hermann Fritz geehrt.

Werben fürs Ehrenamt: Wie viele andere Vereine würde sich auch die VTR über weitere Neuzugänge im Vorstand freuen
Vor einigen Jahren wurde beschlossen, die immer umfangreichere Vorstandsarbeit auf mehrere Schultern zu verteilen. Insgesamt sechs Resorts sind seitdem verantwortlich. Vermischt mit der eingangs erwähnten Problematik ergeben sich neben der erhofften und gewünschten Entlastung daraus auch ganz neue Schwierigkeiten – es findet sich schlichtweg kein frischer Nachwuchs für die verantwortungsvollen Posten. Ausnahmen bestätigen die Regel: Fürs Ressort „Sportbetrieb“ fand sich mit der 26-jährigen Jacqueline Mattulat ein VTR-„Eigengewächs“ als Nachfolgerin für die kommissarisch tätige Maike Wagenaar.
Letztere leitet auch für die nächsten zwei Jahre nach erfolgter Wiederwahl den Bereich „Weser-Fit-Rinteln“, so wie Bernd Hugo sich erneut zur Wiederwahl fürs Ressort „Interessenvertretungen und Kooperationen“ stellte und einstimmigen Zuspruch erhielt. Und Karl-Heinz Frühmark würde den Posten „Finanzen und Verwaltung“ gern an einen jüngeren Amtsnachfolger abgeben, Einarbeitung inklusive, doch momentan hat das VTR-Urgestein trotz seiner fast 81 Jahre noch zwei Jahre der Amtsverantwortung drangehängt.

Zum Schluss noch ein Abstecher zu den Zahlen: Inklusive Abschreibungen hat die VTR das Jahr 2023 mit einem Minus von rund 39.000 Euro über die Ziellinie gebracht. Der Haushaltsplan für 2024 sieht laut Finanzchef Frühmark „eine schwarze Null am Ufer“ vor. Dass es gelingen mag, daran ließ auch Bürgermeisterin Andrea Lange keinen Zweifel. Sport vereine die Menschen, man pflege einen konstruktiven und engen Austausch mit den Vereinen, so auch der VTR. Bester Beweis dafür dürfte der neue Sportpark an der Burgfeldsweide sein, der vor seiner Umsetzung steht. Doch auch hier drängt die Zeit. Spätestens Ende 2025 muss dieser nicht nur fertig, sondern auch abgerechnet sein. Die Hoffnung ist bei allen groß, dass es klappt.
(vu)
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