In seinen beiden jüngsten Vorstandssitzungen hat sich der Vorstand der FDP Rinteln intensiv mit den Finanzen der Stadt beschäftigt. Dabei hat die Höhe des finanziellen Risikos eine Hochschule in Rinteln zu betreiben ebenso eine Rolle gespielt wie der Gesamt-Schuldenstand der Stadt, einschließlich der Nebenhaushalte in den Beteiligungen (Stadtwerke etc.)
Dazu Heiner Schülke, Vorsitzender der FDP Rinteln: „Aufgrund einer Ausarbeitung unserer Finanzexpertin, Frau Stephanie Ballhorn, nehmen wir zur Kenntnis, dass der Gesamtschuldenstand der Stadt einschließlich der Nebenhaushalte schon zum Ende 2015 bei über 74 Millionen Euro lag. Dabei entfielen auf den Kernhaushalt der Stadt mehr als 16,6 Millionen Euro Schulden und auf die drei Beteiligungen zu den Stadtwerken weitere 57,5 Millionen. Dabei sind die möglichen Schulden und Verpflichtungen aus allen weiteren Beteiligungen der Stadtwerke noch unberücksichtigt geblieben. Für das Geschäftsjahr 2016 liegen für die Stadtwerke und anderen Beteiligungen noch keine veröffentlichten Zahlen vor. Wir wissen nur, dass sich die Schulden der Stadt im Kernhaushalt bis Ende vorigen Jahres auf rund 18,2 Millionen Euro erhöht haben, und aktuell sind es 19,2 Millionen Euro. Für das laufende Jahr sind weitere Schuldenerhöhungen beschlossen. Von einer namhaften Schuldentilgung bei den Beteiligungen ist nichts bekannt. So werden wir insgesamt in diesem Jahr wohl die 80-Millionen-Grenze überschreiten. Zudem ist im Haushaltsplan der Stadt ein Anstieg der Investitionskredite auf 26 Millionen Euro vorgesehen. Dabei sind die Nebenhaushalte noch unberücksichtigt. Die FDP Rinteln hält das für ein rotes Signal. Die Finanzlage ist viel schlimmer als derzeit bekannt.“
An mehreren Stellen des Haushaltes der Stadt und der Stadtwerke herrschten Intransparenz und unverständliche Entwicklungen, heißt es von Seiten der FDP.
Dazu Stephanie Ballhorn, Mitglied im Vorstand der FDP Rinteln: „Ein umfassender Überblick über die finanzielle Leistungsfähigkeit der Stadt und der ihr verbundenen Unternehmen fehlt. Die gesetzliche Verpflichtung gemäß Niedersächsischem Kommunalverfassungsgesetz, die Auswirkungen von Beteiligungen auf den Kernhaushalt transparent darzustellen, wird verfehlt. So wird behauptet, dass die Beteiligung an der Gemeinnützigen Verwaltungs- und Siedlungs- GmbH (GVS) keine Auswirkungen auf den Kernhaushalt habe. Jedoch wurden Liquiditätshilfen in Höhe von über 3,2 Millionen Euro gewährt. Und es fehlt auch die Absicherung von Darlehen der Stadtwerke Rinteln durch Bürgschaften von mehr als 1,5 Millionen Euro. Sinnvoll wäre auch ein transparenterer Umgang mit dem Bürgerdarlehen von über 1,75 Millionen Euro, der Solarpark-Rinteln-Deckbergen GmbH & Co, KG, die zu 100% wiederum den Stadtwerken gehören. Hier wünschen wir uns mehr Transparenz. Angesichts der Höhe der Schulden insgesamt ist eine umfängliche Information notwendig.“
Unklar, so FDP Rinteln, seien auch die Entwicklungen im Personalkostenbereich, die zumindest der Erklärung bedürfen. So sind bei den Stadtwerken, Abwasserbetrieb und der GVS die Personalstellen insgesamt allein von 2013 bis 2015 um 8,6% gestiegen. Die Personalkosten jedoch um 16,2%.
„Aus Sicht der Liberalen bedarf es einer viel engeren Begleitung des Haushaltsvollzuges der Stadt durch die Gremien“, so Schülke, „der Haushaltsausschuss tagt viel zu selten. Er sollte eine neue Funktion einnehmen, damit er seinem Namen verdient. Wir verlangen, dass er in die Lage versetzt wird, den Haushaltsvollzug transparent zu begleiten. Dazu erinnern wir an die unselige Diskussion (um das Wort Affäre zu vermeiden) zu den Kosten des Feuerwehrhauses Krankenhagen. Wir erinnern auch daran, dass der Bürgermeister dazu eine Statistik vorgelegt hat, wonach in den vergangenen Jahren Haushaltsansätze unterschritten wurden. Was uns dabei besorgt macht, ist dass es Unter- und Überschreitungen im hohen zweistelligen Prozentbereich gab. Aus unserer Sicht ist das schlechte Planung. Die Stadträte müssen sich jedoch darauf verlassen können, dass die vorgelegten Daten realistisch sind. Aus diesem Grund begrüßen und unterstützen wir unseren Ratsherrn, Dr. Ralf Kirstan ausdrücklich in seinem Verlangen, dass die finanziellen Risiken der Stadt durch die neue Hochschule in Rinteln überschaubar bleiben. Auch hierzu ist die Vorlage, aufgrund der entschieden wurde, unseres Erachtens viel zu optimistisch. Nur in der ganz optimistischen Prognose von Einnahmen und Ausgaben könnte bis 2021 ein Gewinn von rund 1.000 Euro erzielt werden. Bereits in der mittleren Prognose ergibt sich ein Zuschussbedarf von über 85.000 Euro. Zu glauben, die Haftung der Stadt sei auf das Stammkapital begrenzt und auf das Darlehen, ist irrig.“
Die FDP Rinteln wird zur finanziellen Lage der Stadt und der Nebenhaushalte einen Liberalen BürgerDialog durchführen. Er findet am 16.8.2017 um 19.00 Uhr im Hotel Stadt Kassel in der Klosterstraße statt. Alle interessierten Bürgerinnen und Bürger sind herzlich eingeladen.
Reaktion auf die Kritik seitens der Stadt
Auf die Kritik seitens der FDP reagieren Stadtkämmerer Jörg Schmieding und der Geschäftsführer des Unternehmensverbundes, Jürgen Peterson, mit einer Stellungnahme:
„In einem Zeitungsbericht erklärt der FDP-Stadtverband Rinteln, dass der Schuldenstand der Stadt Rinteln und seiner Unternehmen wesentlich höher sei als angegeben. In dem Bericht werden die Schulden gegenüber den Kreditinstituten seitens des FDP-Stadtverbandes zum Ende des Jahres 2015 auf rund 74 Mio. € beziffert.
In einem Presseartikel vom 23.11.2016 erläuterten Bürgermeister Thomas Priemer und der Geschäftsführer des Unternehmensverbundes, Jürgen Peterson, dass sich der Gesamtschuldenstand der Stadt und seinen Betrieben zum 31.12.2015 auf 66 Mio. Euro beläuft.
Die Differenz in Höhe von 8 Mio. Euro ist darin begründet, dass der FDP-Stadtverband bei der Ermittlung des Schuldenstandes lediglich die in der Passivseite der Bilanzen ausgewiesene Bilanzposition Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten als Grundlage für seine Berechnungen genommen hat. Dabei übersieht der FDP-Stadtverband, dass für die Gesamtbeurteilung jedoch auch einige auf den Aktivseiten der Bilanzen ausgewiesene Positionen berücksichtigt werden müssen.
Danach bestanden zum 31.12.2015 Guthaben bei Kreditinstituten in Höhe von 5,9 Mio. Euro. Weitere 2,2 Mio. Euro wurden als Darlehen der Stadtwerke Rinteln GmbH an ihre Beteiligungen (Stadtwerke Lippe-Weser Service GmbH und die Stadtwerkenergie Ostwestfalen-Lippe GmbH) bilanziert.
Unter Berücksichtigung dieser Positionen ergibt sich dann ein Schuldenstand zum 31.12.2015 in Höhe von 65,9 Mio. Euro. Im Jahr 2016 konnten im Unternehmensverbund weitere Schulden abgebaut werden, so dass sich zum 31.12.2016 die Schulden um 1,1 Mio. Euro auf 64,8 Mio. Euro reduzierten.
Die Stadt Rinteln sieht die im November 2016 getätigten Aussagen zum Schuldenstand als richtig an.
Zu den Bürgschaften weist die Stadt Rinteln darauf hin, dass diese jährlich in den Jahresabschlüssen der Stadt Rinteln aufgeführt werden. Sie betrugen zuletzt 8,3 Mio. Euro. In Anspruch wurden diese noch nie genommen. Dies ist auch in Zukunft nicht zu erwarten.
Bei dem Solarpark Rinteln-Deckbergen handelt es sich um ein geschlossenes Ertragsmodell in Form einer GmbH & Co. KG, das sich auf seine Gesamtlaufzeit gesehen selber trägt. Die Gesellschaft dient allein dem Zweck, Anlagen mit regenerativen Energien, in diesem Fall eine Photovoltaikanlage, unter Einbeziehung der Rintelner Bürgerinnen und Bürger zu bauen und zu finanzieren. Die von den Bürgerinnen und Bürgern gewährten Darlehen in Höhe von rd. 1,75 Mio. € werden mit 2,75 bzw. 3,0% verzinst.
Die Bürgerdarlehen werden nicht von der Stadtwerke Rinteln GmbH, sondern vom Solarpark selbst aus den dort erwirtschafteten Erträgen verzinst und getilgt.
Die im Bericht erwähnten an die GVS von der Stadt Rinteln gewährten Liquiditätshilfen sind innerhalb des städtischen Unternehmensverbundes vom Abwasserbetrieb der Stadt Rinteln gewährt worden.
Die Stadt Rinteln gewährt der GVS jährlich eine Kapitalzuweisung in Höhe von 95.000 €. Damit soll die Gesellschaft in die Lage versetzt werden, gemäß ihrem Gesellschaftszweck Aufgaben wahrzunehmen, die den Bereich der Stadt Rinteln zuzuordnen sind.
Die Stadt Rinteln weist den Vorwurf entschieden zurück, dass falsche Zahlen an die Öffentlichkeit kommuniziert wurden.
Weiterhin wird darauf aufmerksam gemacht, dass das kommunale Haushaltsrecht nicht mit den Handels- und Steuergesetzen, die für private Firmen gelten, vergleichbar ist. Diese Unterschiede wurden bereits Mitgliedern des FDP-Stadtverbandes Ende des Jahres 2016 erläutert.
Falls weiterer Gesprächs- und Informationsbedarf besteht, stehen die Stadt Rinteln und ihre Unternehmen jederzeit zur Verfügung.“ (pr)