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Windkraft und Seeadler: Ein Gutachten, zwei Sichtweisen

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Kürzlich wurde dem Landkreis Schaumburg das Gutachten zur naturschutzfachlichen Bewertung des Seeadlervorkommens anlässlich der im Wesertal geplanten Windkraftanlagen vorgelegt. Es kommt zu der Einschätzung, dass das Risiko für den Seeadler zu vernachlässigen sei. „Uns liegt dieses Gutachten mittlerweile ebenfalls vor und wir kommen zu einer ganz anderen Einschätzung“, so Diplom-Biologe Thomas Brandt von der NABU-Gruppe Rinteln.

Das methodische Vorgehen sei durchaus nachvollziehbar, auch die Bewegungsprofile der Seeadler entsprächen der Einschätzung der Rintelner Naturschützer, die daran anschließende Schlussfolgerung könne man jedoch kaum nachvollziehen: Im Gutachten steht, dass die Seeadler laut Bewegungsprofil 0,8 Prozent der am Tag zurückgelegten Wegstrecke im unmittelbaren Nahbereich der geplanten Windkraftanlagen zurücklegen.

„Dies hört sich zunächst nicht viel an, wenn man dies jedoch hochrechnet auf 365 Tage im Jahr, ist das tödliche Kollisionsrisiko gegeben“, so Brandt. Ein plastisches Beispiel führt der NABU an: Geht man davon aus, dass auf einem täglich zurückzulegenden Weg von 10 Kilometern auf 80 Metern Wegstrecke ein hohes Risiko besteht, tödlich zu verunglücken, würde man ebenfalls von einem signifikanten Risiko sprechen – warum man in diesem Fall seitens des Gutachters zu einer völlig anderen Einschätzung kommt, bleibe ein Rätsel.

Seeadler-NABU-Bernhard-Volmer
Der Seeadler im Flug. (Foto: NABU/Bernhard Volmer)

Es sei laut NABU kaum nachvollziehbar, dieses Risiko nicht angemessen zu berücksichtigen, wie im vorliegenden Gutachten getan, zumal die Gutachter selbst davon sprächen, dass das Verunglücken eines Individuums des Seeadlerbrutpaares im Wesertal de facto zum Erlöschen der lokalen Population führen würde. „Dies allein muss ausreichen, die Errichtung von Windkraftanlagen in diesem Bereich ernsthaft zu überdenken“, so Dr. Nick Büscher, Vorsitzender der NABU-Gruppe Rinteln. Kaum nachvollziehbar sei es, dass im Rahmen der Abwägung nicht berücksichtigt wird, dass Seeadler durchaus die landwirtschaftlichen Flächen insbesondere in den Wintermonaten zur Nahrungssuche nutzen und sich dadurch das Kollisionsrisiko drastisch erhöhen kann.

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„Alle Akteure – hierzu zählt der Investor Planet Energy genauso wie der Landkreis Schaumburg als Genehmigungsbehörde – sind aufgefordert, die artenschutzfachlichen Argumente zu berücksichtigen“, heißt es von Seiten des NABU. Es sei allein aufgrund der mittlerweile landesweiten Bedeutung des Naturschutzgebietes „Auenlandschaft Hohenrode“ für den Brut- und Rastvogelschutz geboten, durchaus die Einstellung des Projektes in Erwägung zu ziehen.

„Es kann nicht sein, dass die legitimen Ziele der Energiewende gegen die berechtigten Interessen des Naturschutzes in diesem Fall ausgespielt werden“, so Brandt und Büscher einhellig. Der Landkreis habe nun die große Verantwortung, sachgerecht abzuwägen und keine vorschnelle Entscheidung zu fällen. Aus Sicht des NABU hat sich die naturschutzfachliche Wertigkeit in Hohenrode erfreulicherweise derart erhöht, dass eine mögliche Genehmigung neu bedacht werden muss.

Seitens Planet Energy erreichte uns eine Stellungnahme von Geschäftsführer Sönke Tangermann (gleichzeitig Vorstand der Greenpeace Energy eG) zu der Berichterstattung in einer Tageszeitung. Die Ergebnisse des von Planet energy beauftragten Seeadler-Gutachtens für den geplanten Windpark-Standort Rinteln seien offensichtlich in der Berichterstattung missverständlich interpretiert worden, schreibt Tangermann. Das Gutachten stelle fest, dass die Seeadler den Schwerpunkt ihrer Aktivitäten in deutlicher Entfernung zu den von Planet energy geplanten Windenergieanlagen hätten. Anders als in der Berichterstattung wiedergegeben, legten die Seeadler nicht 0,8 Prozent ihrer Flugstrecken in einem ‚Risikobereich‘ in unmittelbarer Nähe zur geplanten Windkraftanlage zurück, sondern in einem 500 Meter großen Pufferradius um die Anlagen.

„Als ein Tochterunternehmen der Energie-Genossenschaft Greenpeace Energy, die von der Umweltschutzorganisation Greenpeace Deutschland ins Leben gerufen wurde, sind wir strengsten Kriterien verpflichtet und sehen den Natur- und Umweltschutz als unsere vordringlichste Aufgabe. Genau aus diesem Grund haben wir das betroffene Gebiet von unabhängigen Gutachtern über mehrere Jahre untersuchen lassen“, so Tangermann weiter, „Planet energy befindet sich aktuell im Gespräch mit den lokalen Vertretern des Naturschutzbundes Deutschland (NABU), um das aktuelle Seeadler-Gutachten zu diskutieren und etwaig entstandene Missverständnisse aufzuklären. Planet energy geht es in keinem Fall darum, die Interessen des Naturschutzes gegen die Ziele der Energiewende auszuspielen. Stattdessen nehmen wir eine genaue Abwägung beider Kriterien vor. Das bedeutet aber auch: Für ein Gelingen der Energiewende ist der Bau neuer Windkraftanlagen unabdingbar, wo immer dies unter ökologischen Kriterien vertretbar ist.“

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