„Es wäre traurig, wenn zum Jahresende hier die Lichter ausgingen“, sagt Antares Binder. Der Inhaber von „Delicata Früchte“ in der kleinen Markthalle übt seinen Beruf eigentlich gern aus. Das muss man auch, wenn man wie er vier bis sechs Mal pro Woche um Mitternacht aufsteht, um zum Großmarkt nach Hannover zu fahren. Dort kauft er Obst und Gemüse frisch ein um es nur wenig später seinen Kunden in Rinteln anbieten zu können.
Doch die Belastung ist groß; über 40.000 Kilometer pro Jahr legt der 40-jährige im Auto zurück. Dazu kommt die Arbeit hinter der Bedientheke. Und die Kundenzahl nimmt nicht zu, sondern ab. „2015 war ein super Jahr“, erinnert sich Binder, „doch dieses Jahr mache ich rund 10-15 Prozent weniger Umsätze.“ Auch sind seiner Meinung nach nicht so viele Touristen in der Stadt, wie sonst üblich. Dazu das katastrophale Wetter. Das Geschäft hat er am 2. Januar 2013 von Familie Ortgiese übernommen und damit auch viele Stammkunden. Doch seitdem sind etwa 30 seiner treuen Kunden gestorben. Kunden, die regelmäßigen Umsatz brachten.
Die nachwachsende Generation legt ein anderes Konsumverhalten an den Tag, kauft weniger frisch ein, isst „unterwegs“ oder greift auf Fertigprodukte zurück. Dazu kommen die Discounter, wo die Ware oft schlechter sei, so Binder, dafür aber billiger. Heute werde eben fast alles über den Preis an die Kunden gebracht. „Ich verkaufe auch frisch gepresste Säfte an der Saftbar“, erklärt er fassungslos, „sie glauben gar nicht, was ich mir manchmal von Kunden anhören muss. Dass der O-Saft viel zu teuer sei, im Supermarkt gehe es doch viel günstiger.“ Noch dazu gebe es seit geraumer Zeit einen Anbieter mit einem großen Obst- und Gemüsesortiment auf dem Wochenmarkt. Gewissermaßen Konkurrenz fast vor der Ladentür. Ein Renovierungsstau im Gebäude setzt dem noch die Krone auf: „Da ist seit Jahrzehnten nix passiert.“
Und was ist mit dem bösen Internet, auf das gern geschimpft wird? „Ach was“, sagt Binder, „das ist doch gar nicht das Problem. Wir bieten ebenso einen Bringdienst für unsere Waren an. Ebenso haben wir Mehl, Zucker, Eier, Milch und Butter im Sortiment. Damit man die Waren des täglichen Bedarfs eben auch in der Innenstadt bekommt und nicht erst in weiter entfernte Geschäfte fahren muss.“
Es ist schon kurios: Da wird über die Ansiedlung von Supermärkten in der Innenstadt diskutiert. Die eröffnen aber nicht, weil es keine passende Ladenflächen in notwendiger Größe gibt – doch Grundnahrungsmittel gibt es schon jahrelang mitten in der Stadt zu kaufen. Dazu frisches Obst und Gemüse. „Natürlich können wir die Waren nicht zu Billigpreisen verramschen“, erklärt Binder, „doch dafür ist das eben auch eine ganz andere Qualität.“
Der Kaufmann hofft, dass sich vielleicht auf diesem Weg ein Nachfolger für sein Geschäft und die sieben Mitarbeiter findet. „Er oder sie sollte über die notwendigen Fachkenntnisse der Branche verfügen. Ich würde ihm oder ihr aber auch arbeitsseitig unter die Arme greifen, solange es nötig ist“, ergänzt er, „ich könnte zum Beispiel den Einkauf übernehmen, das bedeutet schon eine ganze Menge.“ Ihm wäre viel daran gelegen, dass die Geschäfte in Rinteln weitergeführt werden. Doch dazu braucht es Veränderung. Und Veränderung braucht Zeit. Zeit, die Antares Binder fehlt. „Ich kann mich einfach nicht zweiteilen“, sagt er mit etwas Wehmut zum Schluss.
Nachtrag: Das ebenfalls in der kleinen Markthalle befindliche Geschäft der Fleischerei Rauch ist hiervon ausdrücklich nicht betroffen und führt seine Geschäfte weiterhin fort.
Infos und Kontakt:
Delicata Früchte
Weserstraße 20
31737 RintelnTel.: 05751/43170
Öffnungszeiten:
Montag – Freitag: 8:00 – 18:00 Uhr
Samstag: 8:00 – 13:00 Uhr