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Große Demo auf dem Rintelner Marktplatz: Kundgebung für Demokratie und Menschlichkeit, gegen Rechtsextremismus

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(Rinteln) Der Kirchenkreis Grafschaft Schaumburg hatte für Samstag zu einer Kundgebung für Demokratie und Menschlichkeit aufgerufen.

Mehrere hundert Menschen füllten bei strahlendem Sonnenschein den Rintelner Marktplatz und nahmen teil. Medienberichten zufolge ist von über 500 Teilnehmern die Rede. Sie applaudierten lautstark, als Pastor Dr. Dirk Gniesmer befand, „die schweigende Mehrheit wird laut“. Man müsse sich für eine Gesellschaftsform starkmachen, in der alle mitgenommen werden und die gleichen Chancen haben und das Zusammenleben mitgestalten, unabhängig von ethnischer Zugehörigkeit, Alter, Geschlecht, Sexualität, Religion, Behinderung oder Weltanschauung, forderte Gniesmer. Nur so könne Deutschland ein Land der Chancen für alle sein.

Man wolle ein deutliches Zeichen für Demokratie setzen und gegen Rechts- und Linksextremismus. Natürlich sei die Zuwanderung eine Herausforderung, es gebe unter vielen Migranten sehr problematische Verhaltensweisen, er höre berechtigte Kritik, die im Sorgen bereite, sagte Gniesmer. Etwa zu importiertem Extremismus und Antisemitismus. Neben der Kritik gebe es auch viele Menschen, die ein Leben in Würde und Frieden suchen: „Es gibt nicht nur schwarz-weiß.“

Pastor Dr. Dirk Gniesmer.

„Zuwanderung ist Herausforderung“

„Integration ist nur oberflächlich erfolgt, Gesetze die unser Zusammenleben regeln sollen, sind nicht gut genug durchgesetzt worden.“ Man müsse diese Probleme ernst nehmen und angehen, denn „ungelöst treiben sie die Menschen zu den Extremisten. Wenn schon über 20 Prozent AfD wählen wollen, ist das ein Alarmzeichen. Es heißt aber auch, drei Viertel wollen das nicht.“ Er regte öffentliche Podiumsdiskussionen an, um mit Vertretern aus Politik, Religionsgemeinschaften und Zugewanderten gemeinsam Lösungen zu schaffen und so Rechtspopulisten „den Wind aus den Segeln nehmen zu können“. Man müsse die Begegnungsmöglichkeiten ausbauen und einander kennenlernen, regte Gniesmer an. Wenn sich nur jeder Zehnte sich in einer Partei oder einem Verein engagieren würde, dann wäre man viel weiter. Damit der „German Dream“, in Anlehnung an den „American Dream“, leben könne, brauche es jeden einzelnen.

Superintendent Christian Schefe startete die Demo

Menschen verschiedener Berufe, politischer Ansichten und Religionszugehörigkeiten stünden auf gemeinsam auf dem Marktplatz, so Superintendent Christian Schefe. Eins hätten alle gemeinsam: „Wir stehen hier für unsere demokratische Ordnung und ein menschliches Miteinander.“ Jede Form von Extremismus und Menschenfeindlichkeit werde abgelehnt, unterstrich Schefe. Es brauche Toleranz, andere demokratische Meinungen zu ertragen. Jeder habe das Recht, gegen Entscheidungen friedlich zu demonstrieren oder bei Abstimmungen für andere Mehrheiten zu werben. Jedoch gebe es kein Recht, Politiker für ihre Entscheidungen zu diffamieren oder deren Leib und Leben zu bedrohen, sagte Schefe einleitend.

Superintendent Christian Schefe.

Lange: „Demokratie ist kein Automatismus“

Rinteln stehe für Vielfalt, hier leben Menschen verschiedener Nationalitäten friedlich zusammen, „das macht unsere Stadt aus“, sagte Bürgermeisterin Andrea Lange, „wir akzeptieren nicht, dass Bürger, Familien und Kinder Angst davor haben müssen, von hier vertrieben zu werden.“ Doch die Demokratie sei nicht einfach garantiert und durch einen historischen Automatismus in den Schoß gelegt und die Bedrohung demokratischer Prinzipien werde nicht einfach von allein weggehen. Am 23. Mai 1949 wurde in Bonn das Grundgesetz verkündet und somit die Gründung der Bundesrepublik Deutschland. Die Grundrechte seien ein kostbares Gut und nicht nur ein Stück Literatur, man stehe für ein friedliches, respektvolles Miteinander und entschieden gegen Ausgrenzung und Hetze, so Lange.

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Bürgermeisterin Andrea Lange am Mikrofon.

Umdenken und friedliches Zusammenleben

„Antisemitismus ist Faschismus“, sagte Salih Alinak, Vorsitzender der Rintelner türkisch-muslimischen Gemeinde, „das sehen wir als Muslime ganz genauso“. Islamophobie sei jedoch ebenfalls faschistisch, ergänzte er. Es sei nicht richtig, immer von „islamischem Terror“ zu sprechen, man müsse die Hamas als Terror-Organisation bezeichnen. Er berichtete davon, dass er vor über 40 Jahren nach Deutschland gekommen sei und als Diplom-Ingenieur Atomkraftwerke in Sachen IT betreut habe. Als Beispiel, wie die AfD Stimmen erhalte, ging er auf das Thema Abschaltung der deutschen Atomkraftwerke ein. „Deutsche Wertarbeit“, leider geschlossen.

Salih Alinak rief zu Einigkeit auf.

Dafür gab es vereinzelt Pfiffe und Buhrufe aus dem Publikum. Einige staunten über die Reaktionen – stand doch die Veranstaltung unter dem Motto „Toleranz“. Nun müsse man Atomstrom aus Nachbarländern importieren und teuer bezahlen, so Alinak. Dadurch seien die Menschen unzufriedener. Die Volksparteien müssten umdenken, um gemeinsam etwas dagegen zu unternehmen, damit man friedlich zusammenleben könne. Man müsse gemeinsam an einem Stang ziehen, damit es – in Anlehnung an ein bekanntes Zitat von Donald Trump – heißen könne „Germany first“.

„Niemand kann sich aussuchen, wo er geboren wird“

Man könne sich nicht aussuchen, wo und welchen Umständen man geboren wurde, befand Christel Struckmann als Vorsitzende des TSV Krankenhagen, „darum hat niemand das Recht, sich über andere Menschen zu erheben oder sie zu verfolgen, vertreiben oder zu quälen. Es gibt keinen Grund, auf die eigene Herkunft stolz zu sein, denn wir haben nicht bestimmt, wo wir geboren werden“. Man könne stolz auf die Leistung der eigenen Mannschaft sein, „denn zu der gehört Yusuf genauso wie Detlef oder Milton“, so Struckmann. Man genieße Meinungs- und Religionsfreiheit, dürfe wählen, diese demokratischen Werte gelte es zu schützen. In unserer Gesellschaft gebe es keinen Platz für jegliche Form der Unterdrückung. In den per Satzung neutralen Sportvereinen werden Werte wie Fairness, Teamwork und Respekt vorgelebt und Menschen verbunden, ergänzte sie im Rahmen ihrer Rede, „lasst uns gemeinsam gegen Rechtsextremismus aufstehen“.

„Klare Kante“

Alexander Kaps von der Gewerkschaft ver.di befand, es brauche jetzt eine starke gesellschaftliche Gegenbewegung. Jeder einzelne müsse sich – ob privat oder auf der Arbeit – den Feinden der Demokratie stellen und „klare Kante“ zeigen: „Wir sind der Verfassungsschutz. Nie wieder ist jetzt“. Viele Menschen würden in schwierigen Beschäftigungsverhältnissen stehen, jedoch sei ein Leben an der Armutsgrenze kein Grund, rechts zu wählen, so Kaps.

„Klare Kante zeigen“ forderte Alexander Kaps von der Gewerkschaft ver.di.

Die Gesellschaft müsse den Menschen etwas anbieten. Wenn immer mehr Menschen in die Armut abrutschen und nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teilnehmen, werde das Problem des Rechtspopulismus nicht zu lösen sein, sagte der Gewerkschaftsvertreter zum Finale der Kundgebung, die nach rund einstündiger Dauer zu Ende ging. (vu)

Galerie: Demo für Toleranz und Menschlichkeit, gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus

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