(Rinteln) Seit fast sechs Jahren existiert das Projekt „Wellenreiter“ des Kinderschutzbundes Rinteln und hat sich längst als feste Anlaufstelle für psychisch belastete Familien etabliert.
Nach mehreren erfolgreichen Durchläufen für das psychoedukative Gruppenangebot in den vergangenen fünf Projektjahren startet nun im April die nächste psychoedukative Gruppe, in der sich bis Ende August im ein- bis zweiwöchigen Rhythmus Kinder von 6 Jahren bis ins Teenageralter treffen. Ihre Eltern stärken in begleitender Elternarbeit im Einzel- und Grup- penkontext ihre Erziehungskompetenz unter der Bedingung ihrer psychischen Belastung.
Bis Ende April können noch Kinder und Jugendliche zur psychoedukativen Gruppe hinzukommen. Interessierte Eltern können sich mit der Projektleiterin Sarah Stief unter der Telefonnummer 01520 4868 711 in Verbindung setzen.
„Psychoedukation ist ein Kernthema in unserer Arbeit“, erläutert Stief. „Nicht nur die Eltern, die von psychischen Erkrankungen oder Belastungen betroffen sind, müssen lernen, ihr eigenes Verhalten zu reflektieren und zu verstehen, sondern auch ihre Kinder.“ Kinder, die in instabilen familiären Systemen aufwachsen, würden häufig besonders sensible Antennen oder an die Belastungssituation angepasste Verhaltensstrategien und -muster entwickeln, so Stief weiter.
Deshalb sei es wichtig, Gesprächsräume zu öffnen, in denen Eltern und Kinder Gefühle und Belastungen benennen können.
Das psychoedukative Gruppenangebot zielt genau darauf ab: Kinder und Jugendliche lernen in einem kleinen und eng durch Fachkräfte begleiteten Gruppenrahmen, die unterschiedlichen Krankheitsbilder psychischer Erkrankungen zu verstehen. Dieses Verständnis ermöglicht es ihnen, über die familiäre Situation ins Gespräch zu kommen und ihre eigenen, häufig ambivalenten Gefühle in Bezug auf das belastete Elternteil zu akzeptieren. Gemeinsam entwickeln die Kinder und Jugendlichen Strategien, elterliches Verhalten einzuordnen und die eigenen Reaktionen darauf zu verstehen. Die Teilnehmenden können eigene Ressourcen entdecken und Strategien zum Umgang mit den eigenen Gefühlen in Bezug auf Belastungen entwickeln.
Begleitend zu den etwa zweistündigen Treffen der teilnehmenden Kinder findet intensive Elternarbeit statt. „Im Projekt Wellenreiter arbeiten wir systemisch – das heißt, immer mit den Kindern und Jugendlichen und ihrem sozialen Umfeld“, berichtet die Wellenreiter-Fachkraft. Im Rahmen der psychoedukativen Gruppe bedeute das, dass die Eltern der teilnehmenden Kinder sich in Einzel- und Gruppensettings ebenfalls in einem sicheren Rahmen damit auseinandersetzen würden, wie die Erkrankung sich auf das familiäre System auswirkt. „Es geht darum, elterliches Handeln zu reflektieren, um davon ausgehend kindliche Verhaltensmuster zu kontextualisieren und Veränderungen im familiären System zu erreichen.“
Der Bedarf nach spezifischen Angeboten für psychisch belastete Familien ist anhaltend hoch. Um diesem Bedarf zu begegnen sei eine auskömmliche Finanzierung dringend notwendig, erläutert Projektmitarbeiter Albrecht Schäffer. Die Kombination aus der langfristig angelegten Projektfinanzierung durch den Landkreis Schaumburg seit 2023 und die erneute großzügige Förderung durch die Postcode-Lotterie leiste einen wichtigen Beitrag, um mit dem Projekt „Wellenreiter“ zu einer vielfältigen Unterstützungslandschaft beizutragen. „Darüber hinaus wird das Projekt aber nach wie vor auch durch Spendengelder finanziert“, so Schäffer. Hervorzuheben seien hier die Spenden aus der NDR-Aktion „Hand in Hand für den Norden“, die Ende 2022 in Kooperation mit dem niedersächsischen Landesverband des Kinderschutzbundes eingeworben werden konnten. Er erklärt: „Diese vielfältige finanzielle Unterstützung stellt sicher, dass psychisch erkrankte Eltern und ihre Kinder auch langfristig die niedrigschwelligen Beratungs- und Gruppenangebote im Projekt „Wellenreiter“ in Anspruch nehmen können“. (pr)