(Rinteln) Plangemäß drehte „Weser erleben“ zum Abschied eine letzte Diskussionsrude durch den Stadtrat. Das ambitionierte Projekt zur Aufwertung des Alten Hafens, das letztlich immer mehr Federn lassen musste und dennoch zu teuer für eine Umsetzung geworden war, wurde nun auch vom obersten Stadtgremium offiziell zu Grabe getragen. Nicht ohne den abschließenden Dank von Bürgermeisterin Lange („Weser erleben kann meine Unterstützung nicht mehr erhalten“) an die Bürger für ihre vielen Ideen, Anregungen, Vorschläge und das investierte Herzblut zu dem Thema.
Doch so ganz loslassen mochte man nicht auf jeder Seite des Sitzungssaals, so hängte man sich bei der CDU noch einmal rein, um wenigstens eine Minimallösung in Form eines Rundweges zu erreichen. Später tauschte CDU-Mann Matthias Wehrung diesen Vorschlag gegen eine Bepflanzung mit sechs Blauglockenbäumen im Wert von 9.500 Euro. Er hielt eine flammende Rede über die Vorzüge des schnell wachsenden Baumes mit blauen Blüten, seine Eignung als „Klimabaum“ und der düngenden Eigenschaft seiner Blätter. Zudem, so Wehrung, binde die „Paulownia“ innerhalb von 20 Jahren 64-mal so viel CO2 wie eine deutsche Eiche. Einwände gegen diese invasive Baumart, die ursprünglich aus China stammt, gab es aus Reihen der SPD und Grünen. Und in der Tat gibt es auf einschlägigen Internetseiten die Empfehlung, diese Sorte besser nicht in öffentlichen Grünräumen anzupflanzen, da sie sich schnell ausbreitet und die Eindämmung recht aufwendig ist.
Heinrich Sasse (WGS) betrieb etwas Ursachenforschung am gescheiterten „Weser erleben“-Projekt. Bereits zu Beginn der Planungen hätte das beauftragte Ingenieurbüro nach der Bedarfsermittlung den Schlamm am Alten Hafen und das Problem mit der Entsorgung ansprechen müssen, „dann wären wir heute nicht dort, wo wir jetzt sind.“ Mit Blick nach vorn argumentierte er dafür, die Auswahl für mögliche neue Bäume an der Weserpromenade weniger emotional anzugehen, da man Bäume ohnehin nicht in der Trockenperiode anpflanzen dürfe.
Prof. Dr. Gert Armin Neuhäuser (RI) nutzte die Gelegenheit, um einmal mehr auf seine Abneigung gegenüber den sogenannten „Kastenlinden“ an der Weserpromenade zum Ausdruck zu bringen („bescheuert“). Diese heißen übrigens so, weil die Lindenbäume jedes Jahr auf eine viereckige Würfelform zurechtgestutzt werden. Die Summe von rund 10.000 Euro für neue Bäume sei eine „Bagatelle“, demnach weder vom Rat noch vom Verwaltungsausschuss zustimmungspflichtig, „also macht es bitte“. Dem hatte auch Carsten Ruhnau von der SPD nichts mehr entgegenzusetzen und schloss sich kurz und knapp an.
Zum Schluss stand der ursprüngliche Antrag zur Abstimmung sowie weitergehende Ergänzungsanträge, die in der Fülle von Einzelheiten für einen kurzen Moment durcheinander gerieten. Doch Ratsvorsitzender Gerald Sümenicht (SPD) brachte das Votum wieder auf Kurs und ließ die Ratsmitglieder entscheiden. „Weser erleben“ wurde – wie erwartet – eingestellt. Ob die bisher entstandenen Planungskosten in Höhe von 126.000 Euro zumindest anteilig durch Fördermittel bezahlt werden, muss geprüft werden.
Wehrungs Blauglockenbäume fanden ebenfalls keine Mehrheit, dafür entschied sich der Rat mehrheitlich für den aufpolierten WGS-Vorschlag, die Verwaltung solle eine Begrünungsmöglichkeit an der Weserpromenade und am Alten Hafen bis zu einer Höhe von 15.000 Euro prüfen. (vu)