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Klärwerk Rinteln: Diskussion um Deicherhöhung für 1,1 Millionen Euro / Finanzierung über höhere Abwassergebühren?

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(Rinteln) Wieviel Hochwasserschutz braucht das Klärwerk und wieviel Vorsorge über das aktuelle Maß hinaus ist nötig? Über diese Fragen wurde jetzt im Betriebsausschuss für den Abwasserbetrieb der Stadt Rinteln („Abwasserausschuss“) eifrig diskutiert. Worum ging es dabei genau?

Die Abwasserbetriebe planen, den rund 1000 Meter langen Ringdeich um das Gelände, auf dem sich das Klärwerk und die AWS-Annahmestelle befinden, zu erhöhen (wir berichteten). Zwar ist das Gelände im Fall eines „Jahrhunderthochwassers“, fachlich „HQ100“ genannt, sicher. Die jetzige Deichhöhe wurde 1965 beim Bau der Anlage bestimmt und basiert auf dem Hochwasserpegel von 1946. Doch wie die Abwasserbetriebe anmerken, stammen die zugrunde liegenden Daten des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserschutz, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) aus dem Jahr 2012, entsprächen also nicht aktuellen Erkenntnissen zu Starkregenereignissen und Hochwassergefährdungen. Daher seien „Sicherheitszuschläge“ beim Hochwasserschutz zu berücksichtigen. Weiterhin gehe es um Umweltschutz- und Haftungsfragen. Auch würden bei einer Überflutung der Anlage Maschinen zerstört, was einen großen finanziellen Schaden zur Folge hätte.

Wie die technische Leiterin, Grit Seemann, im Ausschuss erklärte, würde die Erhöhung des Deiches rund 1,1 Millionen Euro kosten. 200.000 Euro davon ließen sich einsparen: Beim geplanten Bau eines Regenrückhaltebeckens in der Waldkaterallee im Jahr 2024 und in der Kurt-Schumacher-Straße im Jahr 2025 könnte man insgesamt rund 7.500 Kubikmeter Erdboden vor dort direkt an den Deich um die Kläranlage fahren, anstatt ihn per LKW auf einer Bodendeponie zu entsorgen.

Wie bereits berichtet, haben die „Rintelner Interessen“ zuvor per Antrag den Verzicht auf die Deich-Erhöhung gefordert. RI-Fraktionsvorsitzender Prof. Dr. Gert Armin Neuhäuser argumentierte im Ausschuss, nach gegenwärtiger Rechtslage sei das „HQ100“-Szenario abgedeckt. Man erwarte zwar neue Daten, doch es sei nicht klar, wann diese geliefert würden und auf Grundlage eines Merkblatts, das der Landkreis herausgegeben habe, wolle die Stadt jetzt vorsorglich tätig werden, fasste Neuhäuser zusammen und wies darauf hin, dass es bei Ereignissen jenseits eines Jahrhunderthochwassers keine Haftungsansprüche gegenüber Kommunen und ihren Anlagen gäbe: „Das ist eine falsche Tatsachengrundlage, auf der wir entscheiden.“ Kritik übte er auch an dem Vergleich Rintelns mit dem Ahrtal und der dortigen Überflutungskatastrophe, sowie an der Angabe in der Beschlussvorlage, es ergäben sich keine Auswirkungen auf den städtischen Haushalt. Dem sei zwar so, bezahlen müssten es aber dennoch die Bürger und zwar über erhöhte Abwassergebühren. Seiner Analyse des Wasserhaushaltsrechts zufolge würde die Absicherung von „HQ100“ zum gegenwärtigen Stand ausreichen um das Risiko abzudecken, unterstrich Neuhäuser auf wiederholte Nachfrage von Abwasserbetriebe-Geschäftsführer Ulrich Karl. „Besser geht natürlich immer“, so der RI-Fraktionschef, „ich tue mich aber sehr schwer dabei, Beschlüsse zu fassen, die so massive Auswirkungen auf die Abwassergebühren haben.“

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Das Rintelner Klärwerk liegt in einem Hochwassergebiet und wird durch einen Deich vor Überflutung geschützt. Jetzt gibt es Pläne, den Deich zu erhöhen. Das Vorhaben stößt jedoch bei einigen Fraktionen aufgrund seiner Kosten auf Kritik. (Archivfoto)

Karin Dennhardt-Walter (Grüne) und Karl Lange (SPD) plädierten hingegen für eine Erhöhung, während Anthony-Robert Lee (Freie Wähler) wiederholt anmahnte, ein Ereignis wie im Ahrtal könne in Rinteln nicht stattfinden und kritisierte den Vergleich: „Das ist völlig unmöglich.“ Bei dem in der Präsentation gezeigten Foto vom Hochwasser aus 2011 hätten noch 60 Zentimeter bis zur Deichoberkante gefehlt („da muss noch eine ganze Menge Wasser kommen“). Bürgermeisterin Andrea Lange versuchte, die Diskussion zu beruhigen und plädierte dafür, sich nicht emotional leiten zu lassen. „Ich habe noch kein durchschlagendes Argument dafür gehört, dass man in der jetzigen Situation verbleibt. Alles was man macht, kostet Geld“, so die Verwaltungschefin, die daran erinnerte dass sich Kommunen schließlich mit Krisenplänen beschäftigen würden.

Neuhäusers Argument, man befasse sich aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit mit der Haushaltsführung des Abwasserbetriebs und müsse im Nachhinein die Abwassergebühren für Bürger in einer Zeit erhöhen, die durch Inflation und industrielle Abwanderung geprägt sei, konnte sich nicht durchsetzen. Da der RI-Fraktionsvorsitzende im Abwasserausschuss über ein Grundmandat verfügt und nicht abstimmungsberechtigt ist, votierte letztlich nur Anthony-Robert Lee gegen die Erhöhung. Der Rest stimmte dafür.

Ähnlich wie bei einem Hochwasserereignis dürfte sich die Flutwelle an Diskussionen zu diesem Thema weiter aufbauen. Als nächstes wird die Deich-Erhöhung am 29. August im Finanzausschuss beraten, dann am 30. August im Verwaltungsausschuss und am 31. August final im Rat der Stadt Rinteln. (vu)

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