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Nach dem Aus fürs ALDI-Lager in Rinteln: Das sagen Bürgermeisterin Andrea Lange und Vertreter der Politik

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(Rinteln) Der Bericht über die geplante Schließung des ALDI-Regionallagers in Rinteln hat zum Wochenende für eine große Diskussionswelle in Rinteln gesorgt.

Ob im Stadtgespräch oder im digitalen Raum – kaum jemand, der nicht davon gehört hat, dass der Discounter sein Lager im Industriegebiet Süd ab Jahresende dichtmachen wird. Dem Vernehmen nach sollen rund 200 Menschen am Logistik- und Verwaltungsstandort am „Stumpfen Turm“ arbeiten. Genaue Zahlen nannte der Konzern nicht. Schnell wurde ein Zusammenhang zwischen der jüngst beschlossenen Gewerbesteuererhöhung und dem „ALDI-Aus“ hergestellt, doch hat es damit wirklich etwas zu tun? Und was sagt die Rintelner Politik dazu?

Lange: „Rinteln wurde vor vollendete Tatsachen gestellt“

Da die hiesige Presse über das Wochenende einen Fragenkatalog an die Verwaltung gestellt hatte, äußerte sich Bürgermeisterin Andrea Lange jetzt bei einer spontan einberufenen Pressekonferenz. Sie selbst habe durch den Geschäftsführer der ALDI-Regionalgesellschaft Rinteln, Andreas Westerkofort, am Freitag den 2. Februar, davon erfahren. Die unternehmerische Entscheidung sei am Tag zuvor in der Konzernzentrale in Essen gefallen und den Mitarbeitern in Rinteln am Freitag mitgeteilt worden. Lange gibt an, geschockt von der ALDI-Ankündigung gewesen zu sein und informierte noch am selben Nachmittag die Fraktionsspitzen: „Wir als Stadt hatten keinerlei Einflussmöglichkeiten und sind vor vollendete Tatsachen gestellt worden.“ Eine vorherige Kontaktaufnahme durch ALDI habe es nicht gegeben, erklärte die Bürgermeisterin. Das hätte man sich gewünscht, um gemeinsame Lösungen zu entwickeln. Die Schließung bedeute einen bitteren Einschnitt für die Arbeitnehmer, der Verlust von Arbeitsplätzen sei ein „schwerer Schlag“ für die Menschen und für die Stadt Rinteln. Man arbeite derzeit an einem Termin für ein Gespräch zwischen Geschäftsführung und Stadtverwaltung, so Lange. Nach dieser Ankündigung müsse man mit dem Eigentümer des Gebäudes, also ALDI, sprechen um möglichst zum 1. Januar 2025 eine Perspektive zur Nachnutzung für den Standort zu entwickeln: „Wir hoffen, dass wir noch in dieser Woche in Gespräche einsteigen können.“

Große Lager übernehmen: Laut ALDI ist „Optimierung“ der Grund für die Schließung

Der Geschäftsführer des Logistikstandortes Rinteln habe noch während des Telefongesprächs erklärt, dass es nicht an mangelnden Grundstücksflächen gelegen habe. Maßgeblich solle die Absicht von ALDI zur Optimierung der Logistikstandorte mit sehr großen Kapazitäten sein. Spekulationen, die Gewerbesteuererhöhung habe Einfluss auf die Entscheidung des Konzerns gehabt, erteilte Lange eine Absage: „Diesen Zusammenhang sehe ich hier nicht. Unternehmen in der Größe von ALDI optimieren und gehen ihre Standortstruktur in einer anderen Planung an, wir haben ja erst vor wenigen Wochen im Dezember über den Haushalt entschieden.“ Auch habe der Geschäftsführer am Telefon bestätigt, dass es rein um die Standortoptimierung mit großen Kapazitäten und hochmoderner Technik, wie in Paderborn oder beim Neubau eines Lagers bei Lehrte, gehe. Dort entsteht laut Medienberichten ein umstrittenes Logistikzentrum auf einer Fläche von 17 Hektar, das Ende des Jahres in Betrieb gehen soll.

Keine Auskunft über Verlust an Gewerbesteuer

Mit Blick auf das Steuergeheimnis dürfe man natürlich nicht die Summe an Gewerbesteuern nennen, die der Stadt Rinteln künftig fehlen werden, erklärte Stadtkämmerer Jörg Schmiedig. Doch „jeder Euro tut weh“, Gewerbesteuern sind eine wichtige Einnahmequelle für die Kommunen. Von 1000 Euro, die ein Unternehmen an Gewerbesteuern zahlt, bleiben rund 210 Euro in der Stadtkasse, rechnete Schmieding grob vor, also rund ein Fünftel.

Das ALDI-Regionallager in Rinteln schließt zum Jahresende. Die Filialen sind davon nicht betroffen.

CDU: „Debakel für Rinteln“

Um eine Stellungnahme gebeten, äußerten sich auch Vertreter der Rintelner Ratsfraktionen zu dem ALDI-Thema. „Ein Debakel für Rinteln“ nennt CDU-Fraktionschef Veit Rauch die Entscheidung, stellt ebenfalls klar, „ob und in wie fern eine Intervention seitens der Bürgermeisterin oder der Politik möglicherweise die Entscheidung beeinflusst hätte ist reine Spekulation.“ Fakt sei, es werde ein gehöriger „Batzen Gewerbesteuer“ fehlen, genau wie die vermutlich wegfallenden Arbeitsplätze und die Kaufkraft für die Region. Unternehmen würden sich genau ansehen, was an steuerlichen Belastungen auf sie zukäme, so Rauch weiter, daher sollte man noch einmal über das Thema Erhöhung der Gewerbesteuer sprechen: „Das hat in der Vergangenheit einen Einfluss auf kaufmännische Entscheidungen gehabt und wird es auch in Zukunft haben. Zumal Rinteln nun einmal verkehrlich nicht erste Wahl ist. Deshalb muss man eigentlich anders attraktiv bleiben.“

Entscheidungen hätten bei Unternehmen nur strategischen und kaufmännischen Charakter und nicht, „ob eine Kommune ein Hallenbad oder einen Kindergarten neu bauen kann“, so Rauch. Jetzt sei das erste berühmte „Kind in den Brunnen“ gefallen. Hoffentlich folgten keine weiteren, so die der Fraktionsvorsitzende der Gruppe CDU/FDP/Freie Wähler weiter. Er forderte: „Sofort in die Akquise gehen, um dieses Desaster in Form von möglicherweise anderen ansiedlungswilligen Unternehmen wieder halbwegs in die richtige Richtung zu lenken.“

Allerdings sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gerade auch „auf Grund einer desolaten Bundespolitik alles andere als rosig“, so Rauch, der in Richtung Opposition abzielt: „Die Mehrheit im Rat in Form von Rot/Grün sollte diesen Warnschuss dann hoffentlich auch verstanden haben, dass ein ´Weiter so´ beim Ausgeben von Geld und keinerlei Zugeständnissen beim Einsparen komplett an der Realität vorbei ist.“

Grüne: Spekulationen über Zusammenhang mit Gewerbesteuererhöhung sind unseriös

Auch Uta Fahrenkamp (Grüne) befindet, „die Nachricht über die Schließung des Zentrallagers kam ziemlich überraschend und trifft die Stadt Rinteln in Bezug auf die Gewerbesteuereinnahmen spürbar. Von solchen Standortoptimierungen, wie aus der Unternehmensleitung Aldi Nord zu vernehmen ist, sind noch einige andere Logistikstrukturen betroffen.“

Spekulationen über die Gewerbesteuererhöhungen als Grund für die Schließung des Standortes nennt sie „unseriös, weil marktbeherrschende Unternehmen wie Aldi ihre Firmenstrategien wie Standortoptimierungen langfristig anlegen. Die Bedingungen an unserem Standort hier in Rinteln sind offensichtlich nicht ausschlaggebend für die Schließung, sondern ausschließlich wirtschaftliche  Firmenstrategien, die im Sinne der Gewinnoptimierung Schließungen beinhalten.“

Leider bedeute dies auch höchstwahrscheinlich einen Verlust an Arbeitsplätzen – in welcher Höhe bleibe abzuwarten. Man könne nur hoffen, dass für die betroffenen Mitarbeiter sozialverträgliche firmeninterne Lösungen zur Weiterbeschäftigung angeboten und somit Kündigungen vermieden werden.

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SPD: „Entscheidung ist mehr als bedauerlich“

„Es ist mehr als bedauerlich, dass diese Entscheidung von ALDI getroffen wurde“, konstatiert Astrid Teigeler-Tegtmeier, Fraktionschefin der SPD, „vor allem, seit bekannt ist, dass die Stadt Rinteln diesbezüglich vor vollendete Tatsachen gestellt wurde, und sogar schon die Mitarbeiter vom Zentralllager in Kenntnis gesetzt worden waren.“ Zentrale Entscheidungen wie diese in Essen getroffene, würden sicherlich Großbetriebe wie ALDI kennzeichnen. Allerdings könnte man mehr erwarten, insbesondere wenn viele Jahre im gegenseitigen Einvernehmen gearbeitet worden ist“, so Teigeler-Tegtmeier. Jetzt schon über zukünftige Möglichkeiten der Nachnutzung zu sprechen, sei ihrer Ansicht nach verfrüht. Die Wirtschaftsförderung der Stadt Rinteln werde sicherlich nicht untätig sein.

Falls nun die politische Gegenseite auf die Idee kommen sollte, dass das mit der Erhöhung der Gewerbesteuer in Rinteln in Zusammenhang stehen könnte, sei das unwahrscheinlich, so die Fraktionschefin: „Sechs Wochen nach dem entsprechenden Beschluss in der Ratssitzung der Stadt Rinteln wird eine solch weitreichende Entscheidung eines Konzerns sicherlich nicht deshalb getroffen werden. Außerdem ist der Hebesatz der Gewerbesteuer in Lehrte, wo sich das Zentrallager Sievershausen befindet) bei 480 und damit auch 2024 noch 35 Basispunkte höher als in Rinteln.“

Freie Wähler: „In der Verwaltung auf maximal 100 Stellen runter“

Anthony Robert Lee (Freie Wähler) verweist auf die Haushaltsdebatte im Rat: „Wie ich schon häufiger gesagt habe, müssen wir für alle Eventualitäten gewappnet sein. Wir sehen nun, dass ein großer Steuerzahler dieser Stadt wegbricht. Hartinger gibt seine komplette Logistiksparte ab. Es werden sicherlich weitere Steuerzahler wegbrechen. Der einzige, der zur Kasse gebeten wird, ist der Bürger und der Unternehmer. Die Ankündigung der Bürgermeisterin eventuell drei Stellen einzusparen, ist einfach gelinde gesagt ein Witz. Wir müssen in der Verwaltung auf maximal 100 Stellen runter. Nur so werden wir es schaffen, mit den uns zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln die nötigen Leistungen dieser Stadt zu tragen.“

(Nachtrag, 9.2.2024) Ein Unternehmenssprecher von riha WeserGold dementiert Lees Zitat in Bezug auf die Logistiksparte:

„Die riha WeserGold Getränke GmbH & Co. KG hat im Rahmen ihrer Strukturanpassung und der neuen Strategieausrichtung ihre Logistikstruktur und -auslastung durch eine unabhängige Beratung bewerten lassen.

Das Ergebnis der Analyse: Mit einer Ausbalancierung des Verhältnisses zwischen eigenen Fahrten und fremden Speditionsleistungen lässt sich die Auslastung erhöhen und somit die Effizienz der Flotte verbessern. Vor dem Hintergrund einer Optimierung der Prozesse, besonders aber mit Blick auf die Nachhaltigkeit, wird die riha WeserGold Getränke GmbH & Co. KG die eigene Flotte nicht weiter aufbauen, sondern sozialverträglich ohne betriebsbedingte Kündigungen leicht verkleinern.“

„Die riha WeserGold Getränke GmbH & Co. KG wird ihren eigenen LKW-Fuhrpark behalten“, so CEO Andreas Reimer.

WGS: „Stadtrat soll kreativ zusammenarbeiten“

„Für den Abzug von ALDI in Rinteln kann man niemand als schuldig erklären“, so das Fazit von Heinrich Sasse, Fraktionsvorsitzender der WGS. Es sei ein Trend der Zeit und betriebswirtschaftlich auch völlig nachvollziehbar, den Standort einer kleinen Regionalgesellschaft zu schließen und personell und logistisch an einen großen Standort anzubinden und von dort zu insgesamt und unter dem Strich und auf längere Sicht betrachtet kostengünstiger zu betreiben.

„Aus diesem Grund ist das keine überraschende Entwicklung für jemand, der die schon seit einigen Jahren laufende Entwicklung der Standortkonzentration in Großkonzernen beobachtet“, so Sasse weiter. Für Rinteln sei wichtig, dass der gesamte Stadtrat aufgerufen sein sollte für eine Nachnutzung kreativ zusammenzuarbeiten „mit unseren heimischen Unternehmen und die Stadtverwaltung bei der Werbung um Standortnachfolgeunternehmen zu unterstützen“. In den vergangenen Jahren sei „durch einige öffentliche Aktionen der gute Ruf von Rinteln als wirtschafts- und investorenfreundlicher Standort von einigen heimischen Akteuren stark in Zweifel gezogen und teilweise auch beschädigt“ worden. Sasse weiter: „Leider wurde in dieser Richtung in der vergangenen Jahren auch von Teilen des Stadtrates zum Schaden für Rinteln öffentlich viel Porzellan zertrümmert. Da gibt es viel gutzumachen und es ist jetzt allerhöchste Zeit zu zeigen, dass der Stadtrat wieder kooperativ und zukunftsgewandt allein zum Wohle für Rinteln miteinander und besonders auch mit der Verwaltung zusammenarbeitet und auf persönliche oder politische wahlkampfähnliche Selbstdarstellung zukünftig verzichtet.“

Abschließend fügt Sasse hinzu: „Aus meiner beruflichen Erfahrung als erfahrener Experte für kündigungsschutzrechtliche Situationen, wie sie hier zu erwarten sind, liegt es mir ganz besonders am Herzen, an dieser Stelle die dringende Hoffnung zum Ausdruck zu bringen, dass der Rintelner ALDI Betriebsrat jetzt alle Möglichkeiten ausschöpft, um anstehende Kündigungen zu verhindern und bei den unvermeidlich verloren gehenden Arbeitsplätze für die betroffenen Mitarbeiter so viel wie möglich soziale und finanzielle Leistungen herauszuholen und sich nicht den Kündigungsvorstellungen von ALDI willfährig zu unterwerfen.“

Rintelner Interessen: „Rinteln wird weiter an Attraktivität als Wirtschaftsstandort verlieren“

Fraktionsvorsitzender Prof. Gert Armin Neuhäuser (Rintelner Interessen) zur aktuellen Entwicklung: „Die ohnehin dramatische Finanzsituation der Stadt Rinteln wird durch den Weggang das ALDI-Zentrallagers und damit eines großen Gewerbesteuerzahlers weiter verschärft. Wir haben auf den Verzicht auf Großvorhaben und eine konservative Personalpolitik gedrängt, aber kein Gehör gefunden. Stattdessen wurde an der Steuerschraube gedreht. Rinteln wird weiter an Attraktivität als Wirtschaftsstandort verlieren, und die Bürgerinnen und Bürger müssen dann die Kosten für eine ideologisch geprägte Politik tragen. „Das“, so Neuhäuser weiter, „ist auf Bundesebene mit der verfehlten Wirtschaftspolitik der Ampel nicht anders als hier auf städtischer Ebene mit SPD und Grünen“.

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