(Rinteln) Die Rintelner Fußgängerzone feierte ihren 20. Geburtstag mit einem großen Festprogramm am Samstag.
Schlag auf Schlag wechselten sich die Programmpunkte in der Rintelner Innenstadt ab. Eines der Highlights dürfte sicherlich die „Talkshow“ gewesen sein, in der ehemalige Behördenvertreter und Kommunalpolitiker aus dem Nähkästchen plauderten, aus jeder Zeit, in der Rinteln sein wohl bislang größtes Bauvorhaben in die Tat setzte. Ob es von Vorteil gewesen sei, dass der damalige Innenminister Heiner Bartling in Rinteln, genauer gesagt, Steinbergen gewohnt habe?
Geschadet haben dürfte es nicht in jener Zeit, wo es um Schnelligkeit, Flexibilität und einer guten Zusammenarbeit zwischen den Geschäftsleuten in der Stadt und den Anwohnern ging. Der freie Rinteln-Aktuell-Mitarbeiter und Redakteur des Schaumburger Wochenblatts, Stephan Weichert, moderierte die Talkrunde und förderte so manches interessante Detail zu Tage. So sind die „Wassersitze“ ein Pilotprojekt eines Unternehmens mit großem unterirdischem Wassertank und ausgeklügelter Mechanik und die Anregung für den stilisierten Flusslauf im Norden der Fußgängerzone holten sich die Planer in anderen Städten.
Dass, im übertragenen Sinne, jede Menge Geld in der Rintelner Fußgängerzone vergraben sei, schilderte Peter Koller, Ex-Abteilungsleiter bei den Abwasserbetrieben. Schließlich galt es, die Kanalisation im Untergrund aufs zukünftige Trennsystem (Abwasser und Niederschlagswasser werden getrennt abgeleitet) umzubauen, bevor die Straßenoberfläche bearbeitet werden konnte. Und auch die West-Umgehung als Entlastungsstraße musste fertig werden, ehe in Weserstraße und Klosterstraße die Bagger anrücken konnten.
Die Straßenbeleuchtung wurde sorgfältig geplant und auch für die künftige Weihnachtsbeleuchtung vorbereitet, erklärte „Mister 10.000 Volt“, Klaus Muermann, bei den Stadtwerken Rinteln langjähriger Leiter der Elektroabteilung. Zum Schluss kam indischer Granit als „Bodenbelag“ zum Einsatz, eine Oberfläche, auf der auch heute noch Radfahrer, Fußgänger und der eine oder andere Transporter fahren.
Günther Maack, seinerzeit Ratsmitglied, Anlieger und Geschäftsinhaber in der Weserstraße, durfte als Betroffener nicht über die Fußgängerzone politisch mitentscheiden. In der Talkrunde befürwortete er die Verwandlung der Innenstadt, weg vom Verkehr, hin zur Fußgängerzone. Bis zu 15.000 Fahrzeuge täglich in der Stadt brachten Lärm und Abgase, die Bürgersteige in der Klosterstraße seien schmal gewesen. Das Be- und Entladen von Firmenfahrzeugen gestaltete sich damals zwar einfacher als heute, dennoch habe man etwas gegen den Verkehr unternehmen müssen. Das Problem der Verkehrsführung in Nord-Süd-Richtung sei auch heute nicht vollständig gelöst, so Maack. Auch heute würden noch bis zu 8.000 Fahrzeuge die Brennerstraße jeden Tag passieren. Den Verkehrsweg durch die Stadt wieder zu öffnen, wie immer mal wieder vereinzelte Stimmen fordern, das wäre eine „Katastrophe“, sagte Maack.
Als der Bau der Fußgängerzone diskutiert wurde, kam ein hochrangiger Beamter aus dem Ministerium nach Rinteln und sagte: „Ihr müsst immer einen Schritt schneller als die Politik sein.“ (Rintelns ehemaliger Baudezernent Reinhold Koch)
Der Grundstein für die Fußgängerzone wurde bereits in den 1990er Jahren gelegt, erinnerte Bürgermeisterin Andrea Lange in ihrer Eröffnungsrede: „Damals gebaut, um für das Morgen zu gestalten.“ Als Bestandteil des breit gefächerten Rahmenprogramms konnten die Besucher unter dem Motto „Rinteln erleben“ an einer Planwagenfahrt mit Pferdekutsche teilnehmen, bei Vorführungen der RCV-Fürstengarde und des Budo SV zusehen, bei der „Wiedervereinigung“ der Band Kluwe & Kluwe eigens für diesen Tag zuhören und auch dem neu eröffneten „StadtLaden“ in der Weserstraße 25 einen ersten Besuch abstatten. An Ständen in der Innenstadt informierten Unternehmen über ihre Arbeit und warben um Arbeitskräfte, die VHS stellte ihr neues Herbstprogramm vor und bei der Fleischerei Kuhfuß brutzelten Würstchen und Pommes für den Hunger zwischendurch. Direkt daneben, auf der Bühne zeigte „Schuh-Peters“ die neuesten Modetrends im Rahmen einer Modenschau für die aktuelle Herbstkollektion mit Kleidung, Taschen und Schuhen.
Die Fußgängerzone mit Marktplatz und Kirchplatz sei ein „Lebensraum“ in Zusammenspiel mit Veranstaltungen und Aktionen, den man gut zur Innenstadtbelebung nutzen könne, sagte der erste Pro-Rinteln-Vorsitzende Thomas Gieselmann. Die Schönheit der Innenstadt werde ihm oft von auswärtigen Kunden bestätigt. Rinteln ohne Fußgängerzone könne er sich heute jedenfalls nicht mehr vorstellen, so Gieselmann. Eine Einschätzung, die augenscheinlich wohl ganz viele Besucher ebenfalls teilen dürften. (vu)