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„5 Minuten für 6 Millionen“: Rintelner Schüler gedenken der Holocaust-Opfer

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(Rinteln) Schüler des 10. Jahrgangs am Gymnasium Ernestinums nahmen jetzt anlässlich des internationalen Gedenktages an die Opfer des Holocaust an der Gedenkveranstaltung „5 Minuten für 6 Millionen“ teil.

Zusammen mit verschiedenen Lehrkräften machten sich die Schüler von verschiedenen Punkten der Stadt, an denen „Stolpersteine“ verlegt sind, auf den Weg zum Kollegienplatz. Die Gruppen starteten in der Hafenstraße und Weserstraße (Familie Arensberg, Familie Levy), in der Dauestraße (Familie Brill), der Bäckerstraße (Gedenktafel der Synagoge, Familie Lehmann, Familie Heinemann), sowie der Ritterstraße (Familie Kleeberg), Am Markt (Familie Leser) und dem Glasbläserbrunnen (als Gedenken an die Bücherverbrennung).

Die Stolpersteine erinnern an die jüdischen Bürger Rintelns, die während der Zeit des Nationalsozialismus entführt und ermordet wurden und rufen deren Namen ins Gedächtnis. Damit sie allen in Erinnerung gerufen werden, verlasen die Schüler eine kurze Biografie der Opfer.

So auch bei strömendem Regen zum Abschluss vor der ehemaligen IGS am Kollegienplatz. Hier gedachten die Teilnehmer Julius Sundheimer und Leo Schönfeld. Julius Sundheimer wurde 1895 in Frankfurt am Main geboten. Im Alter von 19 bis 24 Jahren nahm er am Ersten Weltkrieg teil. Nach dem Studium erhielt er seine erste Anstellung an einer Oberschule in Frankfurt. Am 1. Oktober 1931 nahm er eine verbeamtete Stelle am Gymnasium in Rinteln an und unterrichtete Rintelner Schüler in den Fächern Mathematik und Physik. In Rinteln lernte er Käthe Stamfort aus der Seetorstraße 4 kennen, die er später heiratete. Nach ihrer Machtübernahme beschlossen die Nationalsozialisten, dass kein Jude mehr deutsche Schüler unterrichten sollte. Julius Sundheimer wurde im Alter von 36 Jahren in den Zwangsruhestand versetzt. Die Familie Sundheimer zog nach Herrlingen, um sich dort auf die Auswanderung vorzubereiten. 1937 wurde Sohn Hans geboren. Der Plan der Auswanderung ließ sich nicht in die Tat umsetzen. Am 15.12.1941 stiegen sie in einen Zug, der sie ins Ghetto Riga transportierte. Der Sohn Hans war zu diesem Zeitpunkt vier Jahre alt. Die Familie Sundheimer hat die Shoah nicht überlebt.

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Leo Schönfeld war im Jahr 1913 der Abiturient mit dem besten Notendurchschnitt und wurde durch ein Geschenk des Kaisers geehrt. Er studierte Jura und arbeitete als Anwalt für eine Bank in Hannover. 1942 wurde er nach ins Ghetto Theresienstadt deportiert und 1944 ins Vernichtungslager Auschwitz verschleppt. Leo Schönfeld hat die Shoah nicht überlebt.

„Wir brauchen die Demokratie. Aber derzeit braucht die Demokratie vor allem uns.“
(Bürgermeisterin Lange mit einem Zitat des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier)

Bürgermeisterin Andrea Lange dankte den Teilnehmern in ihrer Rede für die Gedenkfeier gegen das Vergessen. „Wir alle sind glücklicherweise weit entfernt von einer Diktatur und in Frieden aufgewachsen“, so Lange. Wie grausam und menschenverachtend eine Diktatur mit Menschenleben umgehen könne, habe man zum Glück nicht erfahren müssen. „Aber es ist passiert“, so Lange, man müsse wachsam bleiben, damit sich solche schrecklichen Dinge niemals wiederholen.

Bürgermeisterin Andrea Lange (re.) rief dazu auf, aus der Vergangenheit zu lernen und die Zukunft zu schützen. Links: Thomas Weissbarth, Fachobmann Geschichte am Gymnasium Ernestinum Rinteln.

Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee die Überlebenden des Konzentrationslagers Auschwitz. Auschwitz stehe für die Verbrechen der Nationalsozialisten, der 27. Januar erinnere an die Befreiung. Wenn es gelinge, dass Menschen in ihrem Alltag nur für fünf Minuten über diese Ereignisse nachdenken, sei schon viel erreicht, so Lange: „Die Verbrechen aus der Vergangenheit, sowie rassistische, extremistische und antisemitische Verbrechen unserer Zeit mahnen uns, wie wichtig es ist, dass jeder einzelne sich für Frieden und Mitmenschlichkeit einsetzt und sich mit Entschlossenheit und Mut Rassismus, Hass, Antisemitismus und Diskriminierung entgegenstellt.“ Der Gedenktag veranlasse zum Nachdenken und dazu, mit Freunden und Bekannten über die Geschichte zu sprechen. „Gegen jegliches Unrecht eingreifen, nicht schweigen, hinschauen, Menschlichkeit und Demokratie verteidigen“, das – so Lange – hätten Holocaust-Überlebende beim Besuch an Schulen den Schülern geraten.

Im Hinblick auf den schrecklichen Krieg in der europäischen Nachbarschaft und die Geschehnisse hierzulande werde klar, dass Demokratie nicht selbstverständlich sei. Lange dankte allen Mitbürgern, die sich mit ihrem ehrenamtlichen, sozialen und gesellschaftlichen Engagement für ein friedliches und tolerantes Miteinander einsetzen. Mit dem Gedenken am 27. Januar erweise man den Opfern des Nationalsozialismus und deren Angehörigen Mitgefühl und Respekt: „Lernen wir aus der Vergangenheit und schützen wir unsere Zukunft“.

 

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