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Die ungeliebte Ortsumgehung: Infoabend im Kloster Möllenbeck

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Ortsumgehungen lassen niemanden kalt. Mancherorts werden sie lautstark gefordert und Bürgerinitiativen setzen alles in Bewegung, damit sie umgesetzt werden (zum Beispiel in Steinbergen). An anderer Stelle „rutscht“ so eine Umgehung in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) – doch so richtig begeistert sind die Betroffenen von den Plänen nicht. So eine Situation gibt es jetzt in Möllenbeck.

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Das Sommerrefektorium im Kloster Möllenbeck füllte sich zusehends, es mussten sogar noch zusätzliche Stühle bereitgestellt werden.

Als der Entwurf zum BVWP der Öffentlichkeit präsentiert wurde, schien es ein voller Erfolg für Schaumburg zu werden. Nicht nur dass die Ortsumgehungen Steinbergen aufgenommen wurden und die viel diskutierte Güterbahntrasse durchs Weserbergland rausflog, auch eine Ortsumgehung für Möllenbeck schaffte es in den Plan. Das war im März diesen Jahres (wir berichteten). Da die Gerüchteküche brodelte und es an Informationen der Möllenbecker Bevölkerung mangelte, rief der neu gewählte Ortsrat einen Infoabend im Sommerrefektorium auf den Plan. Als Gäste begrüßte Ortsbürgermeister Thorsten Frühmark Bundestagsmitglied Maik Beermann, Uta Weiner-Kohl von der Niedersächsischen Straßenbaubehörde und Dr. Joachim Steinbeck von der Stadt Rinteln.

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Von links: Thorsten Frühmark (Ortsbürgermeister Möllenbeck), Uta Weiner-Kohl (Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr), Maik Beermann (Mitglied des Deutschen Bundestags), Dr. Joachim Steinbeck (Stadt Rinteln).

Beermann erklärte zunächst die Sachlage. Der Bundesverkehrswegeplan wird in den nächsten Tagen verabschiedet. Inklusive der Ortsumgehung. Zeit, sie dort herauszunehmen, bleibt keine mehr. Die wäre nach der Entwurfsvorstellung im März gewesen, doch die Frist zur Stellungnahme blieb ungenutzt. Hier bestand grundsätzlicher Klärungsbedarf. Offenbar hatte sich die Aufnahme der Ortsumgehung der B238 in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans nicht herumgesprochen, trotz Berichterstattung in Zeitungen und Internet. Doch, so Beermann, eine Aufnahme in den vordringlichen Bedarf bedeute nicht automatisch auch, dass die Umgehung auch sofort gebaut würde: „Ohne Zustimmung und Bereitschaft der Bürger vor Ort hat die ausführende Behörde keine Freude am Bau.“

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1,8 Kilometer, die für Gesprächsbedarf sorgten: Die eingezeichnete Linienführung der Ortsumgehung Möllenbeck war äußerst umstritten.

Aber wieso schaffte es die Ortsumgehung unbemerkt in den BVWP? Und warum stößt sie auf so große Ablehnung bei den Möllenbeckern? Dazu muss man wissen: Eine Ortsumgehung für Möllenbeck ist bereits in den 70er Jahren diskutiert worden. Damals war die Strecke rund 3,3 Kilometer lang und entsprechend teuer. Somit schaffte sie es aufgrund des ungünstigen Kosten-/Nutzen-Faktors nicht, in den vordringlichen Bedarf der Verkehrsplanung eingestuft zu werden, sondern verblieb im weiteren Bedarf. Jetzt ist die Länge der Umfahrung auf 1,8 Kilometer zusammengeschrumpft und mit 7,7 Millionen Euro veranschlagten Baukosten entsprechend günstiger. Doch die in den Plänen eingezeichnete Streckenführung stieß bei den Möllenbeckern auf wenig Gegenliebe. Bei Hessendorf würde die Straße einen Bogen machen, hinter dem Kloster entlang führen, mitten durch den Sportplatz gehen und dort wieder an die B238 anschließen.

Uta Weiner-Kohl versuchte, die teils aufgebrachten Bürger zu beruhigen. So viel sei noch gar nicht geplant, zunächst einmal befinde man sich mit dem Projekt in der Bedarfsplanung und stehe somit ganz am Anfang. Die Linienführung der Umgehung stehe noch gar nicht fest. Trotzdem, so fragten Bürger mit Zwischenrufen immer wieder nach, müsse doch jemand diese Streckenführung so eingezeichnet haben. Schließlich wurde aufgrund dessen ja die Kostenermittlung getätigt, so ganz aus heiterem Himmel könne dies ja nicht gekommen sein.

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Joachim Steinbeck als Vertreter der Stadtverwaltung war überrascht, dass die Bürger nicht besser informiert wurden und versprach für die Zukunft eine bessere Kommunikation. Er erklärte, die Stadt Rinteln hatte im Jahr 2011 Gespräche mit dem Landkreis geführt. Dabei ging es im regionalen Raumordnungsplan um die Verbesserung des lippischen Wirtschaftsraums an die Autobahn A2. Thorsten Frühmark sagte, hier würde ja generell unterstellt, dass der Ort eine Umgehung überhaupt wolle. Über Straßenbeleuchtung könnte man zwar entscheiden, aber nicht, wenn es um eine Ortsumgehung gehe. Zudem, so Frühmark, habe man immer wieder versucht eine Ampelanlage auf Höhe der Tankstelle zu beantragen. Dies sei immer mit dem Argument abgelehnt worden, es gebe kein genügend hohes Verkehrsaufkommen. Gleichzeitig liege ihm eine Stellungnahme der Stadtverwaltung vor, in der behauptet wird, rund 70 Prozent des Verkehrs der durch Steinbergen fließt, falle auch in Möllenbeck an. Das müsse man erst einmal sacken lassen.

Verschiedene Sorgen und Ängste machten sich breit. Was würde mit der Lärmbelästigung? Wie kämen die Landwirte auf die andere Seite der Bundesstraße? Einwohner aus Hessendorf fürchteten, bei einer gemeinsamen Zuwegung und einem Abzweig zur Umgehung enteignet zu werden. Immer wieder bemühten sich Weiner-Kohl und Beermann zu erklären, die eingezeichnete Route sei alles andere als beschlossen, sondern lediglich eine Möglichkeit, wie sie verlaufen könnte. Allein der zu bewältigende Höhenunterschied, so Beermann, sei auf der Länge der Strecke jedoch kaum zu realisieren.

Freie Sicht auf Lärmschutzwand statt Kloster Möllenbeck?

Der ehemalige Pastor Roland Trompeter meldete sich zu Wort. Er wähnte sich zunächst im falschen Film, weil hier zunächst so getan wurde, die Diskussion um die Umgehung sei etwas Neues. „Schon 1970 sind wir als Kirche nach unserer Meinung gefragt worden“, sagte er. „Jedes Jahr“, so Trompeter, „geht ein Riss durchs gesamte Kloster. Das liegt daran, dass es zum Teil auf sumpfigen und zum Teil auf festem Untergrund steht. Immer wieder wird der Riss geflickt und jedes Mal kommt er wieder. Wenn diese Straße dort gebaut wird, verändert sich das Grundwasser mit Folgen für das Kloster und die Statik. Ich habe immer gesagt, wenn das Kloster zur Seite kippt, müsst Ihr das bezahlen!“ Ausserdem, ergänzte er, habe man das Kloster für Touristen geöffnet und einen Radweg errichtet. Wo jetzt freie Sicht aufs Kloster herrsche, hätten Touristen in Zukunft wohl freie Sicht auf eine Straße auf einem Deich, Stelzen oder eine Lärmschutzwand, gab er zu bedenken. Als er mit dem Landesamt für Denkmalschutz darüber gesprochen habe, war man dort über die Pläne entsetzt und fragte sogleich nach: „Habt Ihr da nicht irgendwo eine seltene Kröten-Art?“

Mahnende Worte steuerte auch Rintelns Ehrenbürgermeister und Möllenbecker Urgestein Karl-Heinz Buchholz aus dem Publikum bei. Die Ortsumgehung werde schon seit 15 Jahren diskutiert und man solle die Situation ruhig erst einmal so hinnehmen und dann Meinungsaustausch betreiben. Auch andere Bürger meldeten sich zu Wort. Die Stimmung schwankte. Mal gab es Befürchtungen, angesichts des steigenden Verkehrs sollte man sich nicht der Möglichkeit zum Bau einer Umgehung verschließen. Dann wiederum herrschte Skepsis ob der Folgen für das Dorf durch dessen Zweiteilung.

Was blieb, war ein Gefühl der Ratlosigkeit. So grundsätzlich verkehrt ist der Gedanke an eine Ortsumgehung wohl nicht. Mit der am Schreibtisch eingezeichneten Trassenführung war bei den Möllenbeckern aber kein Blumentopf zu gewinnen. Und ohne konkreten Auftrag durch das Land Niedersachsen, beruhigte Weiner-Kohl, würde man auch nicht weiter an dem Projekt arbeiten. Zumal die Planung durchaus, so sie denn mal in Angriff genommen würde, 10 bis 15 Jahre dauern könne. Sollte man jetzt also auf die Bremse treten und das Projekt hinauszögern, solange es geht? Zumindest eine Möglichkeit bietet sich noch: Wie Beermann erklärte, würden Projekte aus dem Bundesverkehrswegeplan alle fünf Jahre einer Überprüfung unterzogen. Wenn sich herausstelle, dass das Kosten/Nutzen-Verhältnis unter den Faktor 1 falle, (was bei einer veränderten Streckenführung und höheren Kosten ja möglich sei, aktuell liegt es bei 4,5; zum Vergleich liegt die Umgehung der B83 in Steinbergen bei einem Faktor von über 10, eine Umsetzung ist also viel wahrscheinlicher), dann sei das Thema ohnehin erledigt. Auf eine spontane Abstimmung, wer überhaupt eine Ortsumgehung für Möllenbeck wolle, verzichtete Frühmark an dem Abend. Langfristig wird das Thema sowohl den Ortsrat als auch die Bürger in Möllenbeck beschäftigen. Der Ausgang ist nach wie vor ungewiss, Gesprächsbedarf herrscht mehr denn je.

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