(Rinteln) Von Preissteigerungen kann derzeit wohl jeder ein Lied singen, der anbaut, umbaut oder neu baut. Eine regelrechte Kostenexplosion kommt jedoch auf die Stadt Rinteln zu, die bekanntermaßen das ehemalige IGS-Gebäude an der Klosterstraße nach Auszug der Schule weiternutzen möchte.
Im November 2020 stellte der Bauausschuss ein Konzept dafür vor, was mit dem Leerstand im Herzen Rintelns passieren soll. Bürger konnten in Workshops ihre Ideen einbringen. Unter dem Dach des „Medien- und Begegnungszentrums Alte Universität“ sollen die Stadtbücherei, die Academia, die Kreisjugendmusikschule, das Mehrgenerationenhaus und örtliche Vereine einziehen. Ehemals in der Stadt verstreute Einrichtungen, künftig an einem zentralen Ort gebündelt, so der Plan (wir berichteten). Kostenschätzung damals: Rund 4,5 Millionen Euro. Etwa 2 Millionen davon sollten aus Fördermitteln des Bundes bezahlt werden. Sollte die Förderung abgelehnt werden, müssten die Maßnahmen allerdings nochmal neu in den politischen Gremien diskutiert werden – dafür setzte sich die WGS, damals noch mit Prof. Dr. Gert-Armin Neuhäuser, ein.
Unterlagen, die Rinteln-Aktuell.de vorliegen, zeigen nun: Die einstige Schätzung liegt von der heutigen Realität meilenweit entfernt. Inzwischen (Stand Mai 2022) geht man von einer Summe von mindestens 8,5 Millionen Euro für den Umbau der ehemaligen IGS aus. Die Außenanlagen dürften noch einmal eine Million Euro kosten.
9,5 Millionen Euro dürfte der Umbau nach aktuellen Berechnungen kosten – mindestens
Die Schätzung aus dem Jahr 2020 ging von notwendigen Maßnahmen aus, die eine möglichst schnelle Nachnutzung ermöglichen sollten. Inzwischen sind auch die Themen CO2-Einsparung, Energieeinspeisung, Solaranlagen und aktuelle Anforderungen an Gebäudetechnik, Klimaschutz und Ausstattung in die Kalkulation eingeflossen.
Hinzu kommt: In der angrenzenden Turnhalle wurde ein Schaden entdeckt, der durch Feuchtigkeit entstanden ist. Ein Deckenbalken ist durchgebrochen und musste abgestützt werden, Regenwasser dringt durchs Flachdach, die Lichtkuppeln sind undicht. 105.000 Euro an Sanierungskosten fürs Dach kommen im Haushalt 2023 auf die Stadtkasse zu. Hinter vorgehaltener Hand zweifeln mit der Sache vertraute Insider, ob diese riesigen Kosten angesichts von Inflation, frei drehenden Teuerungsraten am Bau und einer drohenden Energiekrise ungeahnten Ausmaßes für den städtischen Haushalt überhaupt noch tragbar sind.
Doch wie kam es überhaupt zu dieser Konstellation? Im Juni 2016 beschloss der Rat einstimmig einen „Deal“ mit dem Landkreis Schaumburg: Die Stadt übernimmt zum 1.1.2017 das sanierungsbedürftige Hallenbad vom Landkreis, dafür soll es einen Zuschuss von 2,3 Millionen Euro für den Umbau geben. Im Gegenzug entfällt der erhöhte Anteil an der Kreisumlage, die von der Stadt an den Landkreis zu zahlen ist. Weiterhin baut der Landkreis die neue IGS an der Burgfeldsweide und verkauft die Grundstücke der Ex-Schule an der Klosterstraße für den Preis von einem symbolischen Euro an die Stadt Rinteln.
Was anfangs harmonisch klang, verselbstständigte sich auf der Kostenseite zuletzt durch die Auswirkungen der Corona-Krise mit ihren Lockdowns und weltweit aufgetretenen Problemen, sowie jüngst durch den Ukraine-Krieg. So galoppierten die veranschlagten Sanierungskosten fürs Hallenbad von einst 4,6 Millionen Euro auf inzwischen das Dreifache der Summe. Jetzt schießen auch noch die Kosten für die geplante IGS-Nachnutzung durch die Decke und verdoppeln sich beinahe. Bei alldem ist zu berücksichtigen, dass „Bauen im Bestand“ naturgemäß immer Überraschungen birgt und weitere Preissteigerungen nicht auszuschließen sind.
Aufgrund der gestiegenen Energiekosten rechnet auch die Verwaltung den Unterlagen zufolge allein dafür mit „Steigerungen im siebenstelligen Bereich“. Bei steigenden Ausgaben, gestiegenen Kreditzinsen und zu erwartenden, sinkenden Einnahmen wird man auch in der Weserstadt mit „spitzem Bleistift“ rechnen müssen, was Investitionen in den kommenden Jahren betrifft. Daher haben Bauausschuss und Verwaltungsausschuss empfohlen, die Rintelner Grundschulen zu sanieren um so laufende Kosten beim Betrieb senken zu können (wir berichteten). Berücksichtigt man die Empfehlung, in den folgenden Jahren möglichst nicht mehr als 3 Millionen Euro netto pro Jahr zu investieren, bleibt kaum noch Platz für weitere Ausgaben. Ob man angesichts dieser unguten Entwicklungen Investoren in Boot holen möchte, die weitere Entwicklung abwartet oder nur die Mindestmaßnahmen umsetzt, wird der nichtöffentliche Verwaltungsausschuss beraten müssen.
Möglich wäre auch eine ganz andere Variante: Die Stadt verzichtet ganz auf den Ankauf des Gebäudekomplexes und der Grundstücke. Laut unseren Informationen sind die nötigen Verträge nämlich noch nicht unterschrieben, obwohl die Stadt sich seit April diesen Jahres um die Gebäude kümmert.
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