(Rinteln) „Dieser Weg wird kein leichter sein“, sang einst Xavier Naidoo und passender könnte die Schlagzeile auch im Fall des Rintelner Brückentorkomplexes nicht lauten. Nachdem Miteigentümer Christian Schneidewind zunächst Rintelner Ratsmitglieder durch den leerstehenden Gebäudeteil führte, gewährte er jetzt auch Rinteln-Aktuell.de einen Blick hinter die Kulissen des Baus, der seit langem die Schlagzeilen in der Weserstadt beherrscht.
Am 1. Juli 1975 wurde das Gebäude gebaut. Aus dem gleichen Jahr stammt auch die Teilungserklärung mit der Gemeinschaftsordnung von Hotel, Saal und Restaurant. Sie hat bis heute Bestand, sollte laut Schneidewind aber für den Fall, dass sich die Eigentumsverhältnisse nicht ändern, überarbeitet werden. Die Erklärung regelt gegenseitige Rechte und Pflichten zwischen Alleineigentümern und der Eigentümergemeinschaft. Hierzu schlägt Schneidewind eine Erstellung von Bestandsplänen, eine Bestandsaufnahme der im Haus vorhandenen Haus- und Sicherheitstechnik in die Pläne, sowie einen Rückbau der nicht mehr benötigen Technik und anschließender Dokumentation in den Bestandsplänen vor. Die Kosten müssten nach vorheriger Einigung unter den Eigentümern aufgeteilt werden. Um diese Arbeiten durchführen zu können, müssten Architekten und Planer beauftragt werden. Hier lauert das nächste Problem. Aufgrund der hohen Auslastung im Bauwesen kann es Monate dauern, bis diese anfangen könnten.
Von 1986 bis 1988 war die Stadt Rinteln Mieter des Saals, hat diesen dann zum 1. Januar 1988 zusammen mit dem Restaurant gekauft. Das Problem dabei: Der Brückentorkomplex ist als eine Einheit errichtet. Idealerweise für einen Besitzer. Die Heizungsanlage befindet sich auf einer Seite des Gebäudes, andere Haustechnik wie zentrale Stromversorgung und Lüftungssteuerung auf der anderen. Fängt man mittendrin an, den Saal umzubauen, werden wichtige Versorgungsleitungen gekappt. Nach der Besichtigungstour durch die Leerräume, wo einst der „Coop“-Supermarkt untergebracht war und die Pläne für eine „Galerie Brückentor“ umgesetzt werden sollten, stellt sich der Betrachter die Frage, ob es angesichts der Verstrickungen von Rohren, Leitungen und Besitzverhältnissen überhaupt eine schnelle Lösung mit einer aufs nötigste beschränkten Sanierung, wie sie bislang unter anderem vom Bürgerbegehren gefordert wurde, geben kann.
Die vielfach in der Politik diskutierte, angeblich schlechte Bausubstanz, lässt sich hingegen – zumindest auf den ersten Blick – nicht bestätigen. Auch das angebliche Problem, dass Hochwasser den Gebäudefundamenten zugesetzt haben soll, sieht Schneidewind nicht. Sein Vater, Bauherr und Bauingenieur habe demnach „sehr solide“ gebaut. Die Bodenplatte und die Fundamentwände zur Weser hin seien aus wasserundurchlässigem Beton, vor den Zugängen gebe es Hochwasser-Schotten und abgekapselte Bereiche. Der Bau scheint durch die Rasterbauweise so solide und massiv, dass Gedankenspiele zu einer Entfernung des Gebäude-Mittelteils ebenfalls nicht ohne weiteres umsetzbar sind. CDU-Ratsherr Kay Steding hatte wiederholt für die Variante geworben, den ungenutzten „Coop-Riegel“ abzureißen und so einen Zugang zur Weser zu schaffen. Dabei handelt es sich aber in Teilen um tragende Wände und statisch wichtige Gebäudeteile, wird nach der Besichtigung mit Schneidewind klar. Ein Teilabriss ist zwar nicht unmöglich, aber mit enormem Aufwand verbunden.
Und auch in Sachen Brandschutz gibt es in den übrigen Gebäudeteilen wie Hotel und Woolworth offenbar weniger Probleme, als befürchtet. Klar blieben kleinere Reparaturen und Investionen nicht aus, doch die Abschnitte würden regelmäßig gewartet und somit habe sich auch kein Reparaturstau ansammeln können, war bei der Begehung zu erfahren.
Bleiben zum Abschluss vier Möglichkeiten, wie es künftig mit dem Komplex weitergehen könnte. Variante 1 sieht vor, dass die Stadt und die Gebrüder Schneidewind das Gebäude gemeinsam verkaufen. Bei gleichbleibenden Eigentumsverhältnissen (Variante 2) schlägt Schneidewind eine Überarbeitung der Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung vor. In der Variante 3 kauft die Stadt Rinteln die Gebäudeanteil der Gebrüder Schneidewind und wird somit alleiniger Eigentümer, kann somit schalten und walten, wie sie möchte. Bliebe noch Variante 4: Die Gebrüder Schneidewind kaufen von der Stadt Rinteln deren Anteil am Saal und Restaurant sowie zusätzliche Flächen ums Gebäude. Hierzu müssten Regelungen aus dem Zusatzvertrag von 1968 und 1988 aufgehoben werden und die neuen Eigentümer könnten mit dem Objekt eigene Ziele verfolgen. Zumindest in der Theorie. Kommt es nach dem Bürgerbegehren zu einem Bürgerentscheid und stimmt die erforderliche Anzahl wahlberechtigter Rintelner für eine Sanierung des Saals im Besitz der Stadt, scheiden einige der Varianten aus.
Den vom Investor Norbert Dittel ursprünglich verfolgten Plänen hätte Schneidewind Positives abgewinnen können, wie er sagt. Dessen Variante hätte er durchaus als „Bereicherung“ empfunden, erklärt Schneidewind und das Eingangstor zur Altstadt hätte seiner Meinung nach zu einer Belebung des Standorts und des Einzelhandels führen können. Vor rund zwei Jahren wurde ein erstes Modell des „neuen“ Brückentorkomplexes der Öffentlichkeit vorgestellt: KLICK. Wer die Berichterstattung aufmerksam verfolgt, weiß, dass diese Möglichkeit seit April 2018 vom Tisch ist. Investor Norbert Dittel hat sich aus dem Projekt zurückgezogen. Seitdem wird das Thema heftig diskutiert, der Saal ist seit Ende Februar diesen Jahres aufgrund von Brandschutzmängeln nicht mehr für Veranstaltungen zur Verfügung. Der Rest ist allen bekannt. Die Zukunft ist allerdings ungewiss.